Rhun bereute es, sich auf eine neue Wohnung eingelassen zu haben.
Dabei war dies ein ideales Zuhause.
Die Wände waren dick genug, um keine Geräusche zu ihm durchdringen zu lassen. Es war ein ganzes Stockwerk, das er nur für sich alleine beanspruchte. Hier lebten nur Cruoren; alles war sauber und neutral. Schlichte Möbel; einige wenige Schmuckelemente, die nicht zu aufdringlich auf den feinen Tapeten wirkten.Die Einrichtung an sich war makellos — er hatte einen Balkon, auf dem er arbeiten könnte.
Sein Gemach war Büro und Schlafstätte in einem. Nichts würde ihn stören... wäre da nicht dieser Mensch, mit dem er sich den Wohnraum teilte.Ein Angestellter, den er unterhalten musste, nur weil die anderen es von ihm verlangten.
Innerhalb weniger Tage war Rhun aufgestiegen — in einem solchen Ausmaß, dass man ihm einen Haushälter aufzwang.
Es war ein ruhiger Mann mit schlichten Namen. Unauffällig, gehorsam und loyal — wie man sagte. Fähigkeiten zu kämpfen solle er genauso vorweisen können. Und er hatte die gewohnt argwöhnische Art eines Leibwächters an sich.
Doch lebte dieser Mensch mit ihm in einem Haus. Den ganzen Tag verließ er die Wohnung nur dann, wenn Rhun auch nicht anwesend war.
Er lehnte sich im Stuhl zurück, betrachtete, wie der Mann in das Esszimmer huschte und eine frische Schale Obst vor ihn stellte.
Rhun ignorierte die Geste. »Ich brauche nichts«, sagte er schließlich.
»Entschuldigen Sie, Veu«, antwortete der Diener nur neutral. Doch er verließ den Raum nicht; sortierte die Tassen in einen Wandschrank.
»Können Sie mich in Ruhe denken lassen, Herr Merka?«
Ohne eine weitere Reaktion verließ dieser den Raum und Rhun stieß die Luft aus.
Er strich sich über seine Kleidung. Rot. Tiefes Burgunder, das ungewohnte Farbe auf seine Haut zauberte. Das nächste Jahr über dürfte er nur rot tragen; so war es vorgeschrieben.
Vor ihm befanden sich die Aufstellungen der Wachmänner. Ein General hatte diese mit Rhun besprochen und übrig war nur ein Wirrwarr aus Papieren geblieben. Während der Cruor nur an wenigen Stellen einschreiten musste und größtenteils abnickte, war der General selbst unzufrieden damit gewesen, seine Soldaten aufzuteilen.
Es war dennoch kein verdrießliches Gespräch gewesen
Rhun fühlte sich beinahe zu selbstsicher in seiner Arbeit... als würde er schon alles jahrelang tun — in den Ausmaßen, wie Zorn es getan hatte. Die Generäle waren angenehme Menschen. Kompetent, sie wagte sich, ihm zu widersprechen, ihn zu verbessern.
Wäre nur nicht so viel am Tag zu erledigen...
Rhun blickte neben sich auf den Kalender. Zu überfordert zum schlafen würde er in den ersten Tagen sein, hatte man ihn gewarnt.
Auf ihn wartete die folgenden Wochen ein täglicher Besuch von Declan.
Der Cruor hatte sich freiwillig gemeldet, Rhuns Begleitung im ersten Jahr der Amtszeit zu sein. Und so würde es eine lange, innige Beziehung zwischen ihnen werden müssen...
Wie unter FreundenAlleine heute würden sich die beiden miteinander treffen. Es wurde an der Zeit, dass Rhun seinen Assistenten — seinen Nachfolger aussuchte... so, wie er es damals für Zorn gewesen war.
Seinen eigenen Laufburschen zu haben... es war ein beunruhigender Gedanke.Rhuns Blick wanderte weiter, auf die Zeitung neben sich. Ein kleines, dünnes Heft, das dafür konzipiert war, in jede Handtasche hineinzupassen. Auf der Vorderseite jeder Ausgabe befand sich eine Karte von Brus; beschriftet, die Sehenswürdigkeiten hervorgehoben.
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Blut eines Cruors
Fantasy[Wattys 2022 Winner] »Wir sind Kreaturen des Lichtes und doch steckt in uns eine solche Dunkelheit. Willst du wirklich erfahren, was dann erst die Schatten kreieren?« Seitdem die Cruoren die Macht an sich gerissen haben, hat sich die kleine Hafensta...