Kapitel 24;1 - Schicksal in Ketten

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Ketten klirrten.
Die Zelle lag im Zwielicht und jeder Schatten wirkte wie ein Verräter.

Unter dem Gerichtsgebäude waren die Gefängnisse kleiner, Foltermethoden drastischer und Menschen verzweifelter, als anderswo in Brus.

Von weither klangen Wehklagen. Bestialische Laute hallten zu ihnen heran, das Knallen einer Peitsche untermauerte die Kulisse des Schreckens.

Caden lehnte sich an die kalte Mauer zurück — eine steinerne Stütze ihrer Schuld.
Schuld. Tatsächliche, unwiderrufliche Schuld, die zu spät mit Reue einherging.

Sie hatten einen Wachmann umgebracht. Sie hatten für so viel mehr Unheil gesorgt.
Doch das könnte man ihnen nicht nachweisen... nicht?

Chase Harding bekannte sich als skrupelloser Lügner, doch auch ehrlicher Beschützer. Wenn er sich vor ihre Gruppe stellte — die Schuld auf sich nehmen würde...

Er knallte den Kopf zurück. Steine bohrten sich in seine Haut und er könnte schwören, dass seine Gedanken zusätzlich aufgespießt wurden.

Sein Blick raste zu Kenga, der auf der Pritsche hockte, die sie sich teilen mussten.

Man hatte dem Nachtschwärmer furchtbar zugesetzt. Schwellungen zogen sich über sein Gesicht, Blutergüsse zeichneten sich ab und Blut klebte auf seiner Wange.

Ein Wächter, der einer kriminellen Gruppe angehörte... er war ein ein beispielhafter Fehler — Schandfleck für die Stadtwacht.

»Was denkst du, wartet auf uns?«, fragte Caden.

Kenga verzog den Mund, drückte sich einen Handballen ins Auge. »Alles. Man wird einen Weg finden uns für alles anzuklagen.« Er lächelte bitter »Aber das war klar. Es war mir schon bewusst, dass das irgendwann passieren muss. Ich mach mir nur Sorgen um meine Eltern. Deren Namen hab ich verunreinigt.«

»Deine Eltern können sich im Notfall immer noch von dir lossprechen.«

Kenga stieß ein humorloses Lachen aus.
»Sie mögen zwar adlig sein, aber keine herzlosen Tyrannen. Bevor sie sich von mir lossagen, geben sie lieber ihre Macht auf«

Caden schloss die Augen, dachte an den Moment zurück, als er Kenga das erste Mal gesehen hatte.
Der Nachtschwärmer hatte Blut an der nebligblauen Uniform gehabt, der Ausdruck auf dem jungen Gesicht war von Kummer und Schmerz verzerrt gewesen. Er hatte mitansehen müssen, wie einer seiner Kollegen ein Kind totgetreten hatte. Das Ereignis schien einen bleibenden Schaden hinterlassen zu haben. Er hatte beschlossen, etwas zu tun, um diese Schuld zu bereinigen. Doch anstatt in eine Kathedrale zu gehen, hatte er sich in eine Bar gesetzt und den Namen Chase Harding aufgeschnappt.

Innerhalb einiger harter Jahre hat er sich hochgearbeitet, sodass es sich den ein oder oder anderen unangebrachten Scherz heutzutage leisten durfte.

Doch ihnen war nicht nach Scherzen.

»Soweit wie ich immer gedacht habe«, murmelte Caden. »Standest du deinen Eltern nicht sonderlich nah.«

»Doch«, widersprach Kenga. »Viel Zeit habe ich mit ihren nicht verbracht, aber sie sind meine Eltern. Sie liegen mir eben am Herzen.« Er fuhr über den seidigen Stoff seines Hemdes. »Tja, die werd ich aber jetzt wohl eh nicht wiedersehen.«

»Wir werden ohnehin gefoltert. Ich bezweifle, dass wir dann überhaupt noch jemanden sehen wollen.«

»Meinst du, sie haben schon angefangen, Harding zu befragen?«

»Weiß nicht«, gab Caden zurück. »Ich mach mir eher Sorgen um Dolunay. Die hat schon genug Scheiße hinter sich.«

Er presste bei seinen eigenen Vorstellungen die Augen zusammen. Am liebsten hätte er vor Frust losgebrüllt.

Blut eines CruorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt