Kapitel 20;3 - Zeremonie aus Glas

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Die Tür war gänzlich schwarz. Keine Unebenheiten, keine Zierde. Schwärze, als würde man in die Dunkelheit eines leeren Raumes blicken. Keine Struktur, keine unnötigen Gestaltungen.
So neutral, wie Rhun sich beweisen müsste.

Er sah nicht zu Declan zurück, sondern schob sie auf.

Und auch dahinter lag Nichts. Scheinbares Nichts — weitere Unendlichkeit. Unter ihm schimmerten bernsteinfarbene Lichter, die in geringem Abstand vom Boden schwebten und eine Treppe kennzeichneten.

Einige Stufen; nicht mehr als sieben waren es und doch hatte Rhun mit jedem Schritt die Befürchtung, in einen ewigen Abgrund zu treten.

Um ihn herum lag nichts; reine Unendlichkeit. Nur die Lichter, die ihn leiteten, füllten die Leere.

Als die Stufen endeten, landete sein Fuß auf etwas Weichem. Es war von schleimiger Konsistenz; spritzte gegen sein Hosenbein.

Ein Knacken ertönte in der Ferne, dann flimmerte der Raum auf. Ein rötlicher Schimmer legte sich über die Einrichtung... Oder das, was man als Einrichtung zu bezeichnen wagte.

Ein schwarzer Boden und eine Erhebung aus Stein. Licht drang aus der Endlosigkeit.
Direkt aus der Schwelle erhob sich ein Thron — aus dem Fels selbst gehauen, war er das einzige, das Rhuns Aufmerksamkeit auf sich zog.

Seine Uniform wurde durch den Schlick gezogen, traf auf seine Haut. Eine schwarze, zähe Masse, die an allem klebte, was sie berührte. Keine Bewegung verursachte ein Geräusch.

Der Thron  war vom Licht angestrahlt; in einen Schimmer gehüllt, als werde er von Flammen angeleuchtet.
Ein Ort des Blutes.

Noch immer nahm Rhun an, das Wasser auf der Haut zu spüren, in dem er gebadet hatte.
Es war das letzte Mal, dass er sich vor Zorn beweisen müsste.

Er nahm einen tiefen Atemzug, drehte sich um, setzte sich auf den Thron. Er traute sich nicht, die Augen zu öffnen — hatte zu starke Angst vor dem, was folgen könnte.

Doch es geschah nichts.

Es war komplette Stille, in der er saß.

Bewegungslosigkeit, Starre, Schweigen, ohne Emotionen und Gedanken. Auf das, was kam, dürfte er sich nicht einlassen.

Bereit würde er sich wohl nie fühlen. Nun hingegen saß er hier, jeder wartete auf ihn. Lieber würde er gefressen werden, als zu kuschen.

Erst als er die Lider ein weiteres Mal öffnete, bemerkte er, wie die Lichter in der Ferne dunkler wurden und vor ihm leichte Strahlen aufstiegen. Einem Geysir gleich schlängelten sich Flammen nach oben. Der Thron wurde davon gänzlich umrahmt; wie von einem magischen Spruch. Ein Kreis der Macht. Ein majestätisches Leuchten, das alles hinter sich verblassen ließ.
Als sei er so geschützt vor jedem Unheil, erlaubte sich Rhun tief durchzuatmen.

Ein weiteres Mal zischte etwas hinter ihm.

Rhun hielt den Blick starr geradeaus, bewegte sich nicht — selbst, als er spürte, wie etwas an den Ketten seiner Hörner zog. Wie durch einen Windzug wurden sie bewegt. Es war jedoch kein Wind, sondern unregelmäßiger; gelenkter. Es wurde durch eine Macht außerhalb ausgelöst.

An seinem Hinterkopf kitzelte eine Stimme — Worte, die direkt aus seinem Schädel mit ihm sprachen.

Cruor. Nachfolger, der sich hier beweisen will.

Rhun starrte.

Du willst hier zeigen, dass dich nichts erweichen kann. Du willst beweisen, dass du dich immer auf der Seite deiner Kollegen befindest und nicht auf der Seite der Vernunft.

Blut eines CruorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt