Kapitel 5

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Neues Kapitel, woooooop. C:
Hat eine Weile gedauert, aber nun ist's da. 🔮
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Donnerstag.
Die Musikschule wartete am Nachmittag auf mich und ich saß derweil am Vormittag noch in der Schule. Der Matheunterricht war so ziemlich das langweiligste ever.
Als die Schulklingel mich erlöste, ich wusste dass Simon bereits draußen stand um mich weiter zu befördern, ließ ich meine Füße, so schnell sie normal gehen konnten, über die Fliesen der Schule laufen. Bei der Limousine angekommen, schnallte ich mich drinnen fix an und begrüßte Simon mit einem flüchtigen "Hallo".

"Stella, weißt du, du wirst nicht vermeiden können Ardian in dieser Schule anzutreffen.", fing Simon aus dem nichts an zu erzählen, während die Häuser an meinem Fenster vorbei zogen.

Ardian. Hörte sich zumindest besser an als seiner komischer Spitzname.

"Wie kommst du darauf, dass ich das vermeiden will?", fragend sah ich zu ihm rüber, wie er vornehm auf seinem Sitz saß und die Straße nicht aus den Augen ließ.

"Ich merke doch, dass du den Jungen nicht ausstehen kannst. Aber wenn man ihn erstmal besser kennt dann-"

"Ich will ihn garnicht erst 'besser kennen'. Es ist Schande genug, dass jemand wie er in solch einer Schule trainieren darf.", antwortete ich schnippisch.

Ich mochte Ardian nicht, das war kein Geheimnis und das sollte auch keines werden.

"Bis später, Herr Wiefels.", verabschiedete ich mich knapp von Simon, als er vor der Musikschule hielt, und knallte die Autotür gewaltig zu.

Dieses Mal war ich wenigstens pünktlich. Simon fuhr mich nämlich direkt nach der Schule hin. Kein Zwischenstopp bei mir zuhause.

Ich drückte mein Gewicht gegen die große Eingangstür, sie öffnete sich. Dann lief ich zu meinem Klassenraum. Natürlich dies nicht, ohne, wie hätte es auch anders kommen sollen, Ardian in die Quere zu kommen, der sich gerade mit der Frau hinter der Rezeption unterhielt. Die beiden stritten.

"Wenn wir Tänzer eben Lust haben hier nach unserem Unterricht rumzutoben dann machen wir das halt!", keifte Ardian die arme Frau an. Sie wusste anscheinend nicht wirklich welchen Ton er so drauf hatte.

"Und ich sage es ihnen nochmals, Herr Bora-", ach, so hieß er also mit Nachnamen, "die Lehrer und ich haben dieses aufmüpfige Verhalten ihrer Seits, und der der anderen Tänzer, gewaltig satt! Entweder sie benehmen sich in Zukunft, oder sie fliegen alle der Reihe nach von dieser Schule! Zudem sollen die Preise demnächst eh erhöht werden. Die Schule kann besser von gut bezahlten Stunden profitieren, anstatt sie alle dort oben noch länger zu dulden. Dann GAB es mal rebellierende Tanzschüler in diesem Gebäude!", pampte die Frau ihn an.
Ihm verschlug es für einen Moment die Sprache.

"Sie können doch nicht einfach die Tanzschule schließen oder die Kosten erhöhen, wenn unser Lehrer im Krankenhaus liegt und im Koma verweilt. Ich leite momentan diese Truppe und sie ist mir scheisse wichtig, verdammt! Das Tanzen erfüllt jeden von ihnen. Bloß weil sie nicht reich oder besonders vornehm sind, sind sie noch lange nichts schlechteres als der Rest hier!", er klang wütend, enttäuscht. Seine Stimme brach beinahe.
"Das Tanzen ist ihr Leben! Das Tanzen ist mein Leben. Und was ist überhaupt mit den musizierenden Idioten da oben?-", er deutete mit deinem Finger auf die Wanddecke,"- die sind nicht anders als wir Tänzer.", sprach er nun weiter.

"Wir haben die Preise für die Musikanten bereits erhöht. Viele von ihnen haben sich bereits durch das fehlende Geld für die teuren Stunden hier abgemeldet. Für immer. Wir haben dort auch bloß noch reiche Kinder und Teenager aus gutem Elternhaus. Das selbe wird ihnen auch bald geschehen, wenn sie weiterhin hier herum pöbeln nach ihrem Unterricht. Mag sein, dass sie die Gruppe momentan aus schweren Gründen leiten und die anderen Schüler gern haben, aber wir dulden das nicht weiter! Herr Korawich ist im Krankenhaus und kann nichts gegen die Schließung seiner Tanzschule unternehmen und erst recht nichts gegen die Erhöhung der Kosten. Es war sogar das Vorhaben seiner Frau diese Schule dort oben schließen oder teuer werden zu lassen. Also Herr Bora, benehmen oder gehen! Entscheiden Sie sich!", sprach die Frau nun wieder und rückte ihre Brille zurecht.

Was war hier los?

Ein lautes schnaufen von Ardian war zu hören.
"Sie sind Abschaum, das sollte Ihnen mal klar werden. Ihr ganzen Neureichen hier seid das!", rief er wütend, schlug mit seiner Handfläche auf das dunkle Glas des Rezeptionstisches und drehte sich dann um um zu gehen.

Doch als er mich sah, wandte sich sein wütender Gesichtsausdruck in einen geschockten.

"Na ganz toll, da hat die Schnepfe das auch noch alles mitgehört...", murmelte er und rempelte mit seiner Schulter gegen meine, als er an mir vorbei ging.

Stutzig marschierte ich weiter zu meinem Klassenraum. Während des gesamten Unterrichts musste ich an das Gespräch zwischen Ardian und der Frau denken. Immer wieder hallten mir seine und ihre Worte durch den Kopf. Die Tanzschule sollte geschlossen werden oder die Kosten für die Stunden erhöht. Der eigentlich Tanzlehrer lag im Koma und Ardian leitete momentan die Gruppe.

Nach dem der Unterricht um 17:55h beendet war, warteten alle auf das aufkreuzen der Tänzer. Sie warteten alle auf die laute Musik und die Tanzeinlagen. Auf das Gemotze der Lehrer und die Gleichgültigkeit der Tänzer. Doch das alles geschah nicht. Es blieb still. So lange, bis man ihre Füße die Treppen hinunter laufen hörte. Jedoch nicht mit einem Poltern, sondern in einer normalen Lautstärke. Die gesamte Gruppe trug ihre Sporttaschen anständig unter ihren Armen geklemmt oder über dem Boden baumelnd, und lief ruhig und ohne viel zu sagen zum Ausgang der Schule.
Ardian lief als letztes zur Tür. Er sah ein letztes Mal zu mir, zu den Lehrern die mit uns Schülern in der Eingangshalle standen, und warf uns einen abschätzenden Blick zu. Enttäuschung, Traurigkeit und Verletzung lag in seinen grün-blau funkelnden Augen. Seine Kappe, die er trug, zog er sich umso tiefer in sein Gesicht, als er seinen Kopf dann wendete und über die Türschwelle nach draußen trat. Da Simon eh schon auf mich wartete, ging ich Ardian einfach hinterher. Draußen fand ich ihn wieder, wie er mit Simon redete. Beide standen, wie auch schon am Dienstag, vor der Limo und bemerkten mein Ankommen erst überhaupt nicht.

Und ich konnte es nicht glauben, aber Ardian tat mir irgendwie leid. Er lebte für das Tanzen und nun sollte das was ihn glücklich macht, ihm einfach genommen werden. Der Unterricht sollte ihm genommen werden. Der Durst darauf neues zu erlernen, Woche für Woche, sollte ihm genommen werden, wenn sich das Verhalten der gesamten Gruppe nicht änderte. Und ich konnte mir genau vorstellen, wie er ganz außer sich, den anderen davon erzählte und diese das ebenfalls auf keinen Fall wollten, jedoch mussten sie sich ändern. Ihnen blieb keine andere Wahl. Und die Ungewissheit, ob die Schule nicht trotzdem geschlossen werden würde, da keiner von ihnen das Geld für den hohen Stundenpreis aufbringen konnte, blieb.

Wortlos ging ich neben den beiden her und setzte mich ins Auto. Ich spürte ihre verwirrten Blicke auf mir, doch es war mir egal.

"Hast du von der Tanzschulen-Sache mitbekommen?", fragte mich Simon schließlich nachdem er sich auf seinen Sitz hatte fallen lassen.

Ich nickte bloß, sah nach rechts aus dem Fenster um ihn nicht ansehen zu müssen.

"Ich hab alles mitgehört.", nuschelte ich und stützte meinen Kopf in meine Hand.
"Aber es ist die Entscheidung der Leiterin dieser allgemeinen Schule. Soll sie doch die Tänzer rausschmeißen, ist mir egal. Dann brauch' ich Ardian nicht mehr sehen."

"Du nennst ihn Ardian?", stellte Simon stutzig fest, drehte den Autoschlüssel und ließ den Motor starten.

"Ja, ich bin weder mit ihm befreundet, noch mag ich ihn. Außerdem finde ich seinen Spitznamen abstoßend und furchtbar.", ließ ich ihn wissen und schloss vor Müdigkeit kurz meine Augen.

Von Simon folgte bloß noch ein monotones "Mhm", bevor er los fuhr.

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