Kapitel 17

3K 165 50
                                    

"Okay, Prinzessin, wir müssen abhauen. Und das schnell. Also ab zum Auto.", kommandierte Ardian und schob mich zu Haustür.

"Tschüss ihr 2!", riefen uns die restlichen beiden hinterher.

Ardian knallte die Autotür mit einem Wumms zu, stieg dann ein.

"Ich kann mich nicht mal von meinen Eltern verabschieden, stimmt's?", brach ich die Stille.

"Nein, was willst du ihnen auch sagen? 'Hey Mom, Hey Dad, ich fahr mit Ardy mal eben für eine unbefristete Zeit weg, da ein Typ mir droht mir an die Gurgel zu gehen'?", er äffte mich nach. Ich hasste das.

"Du hast recht.", gab ich zu.

"Ich weiß.", lachte er darauf und startete den Motor des Autos.

Er heulte laut auf, das Auto setzte sich in Gang und raste die Straßen Kölns entlang. Immer weiter weg, immer weiter fort. Fort von meiner Familie, fort von meinem eigentlichen Leben.

Würden sich meine Eltern Sorgen machen? Mit Sicherheit. Immerhin war ich ihre Tochter. Sie liebten mich über alles.

Der Regen prasselte vom Himmel hinunter. Er nässte die Straßen, die Autos, die Pflanzen. Ich liebte den Regen.

Ich lehnte mich zurück in den Autositz, überschlug meine Beine und kratzte mit meinen Fingern an dem kaputten Ledersitz herum, während ich Ardian beobachtete. Seine Augen lagen konzentriert auf der Straße. Hin und wieder blickte er in den Rückspiegel, vergewisserte sich wieder und wieder. Wahrscheinlich, dass niemand uns folgte. Seine Fingerkuppen trommelten angespannt gegen das Lenkrad.

Sein Kinnbart wurde von den Scheinwerfern, an uns vorbei fahrenden Autos, angeleuchtet, als es draußen dunkler wurde, nachdem die Dämmerung in vollen Zügen eingetreten war. Wir fuhren schon eine ganze Weile. Ich hatte kein Zeitgefühl mehr, sein Auto besaß keine Uhr und ebenfalls kein Radio, weshalb ich leise anfing eine Melodie zu summen. Die Melodie von einem Song, den wir in der Musikschule hin und wieder sangen.

Sehr kirchlich, er hieß "Halleluja".
Die Lehrer fanden es immer besonders rührend, Lieder zu singen, die auch in der Kirche gesungen wurden.

Jedoch traf "Halleluja" meinen Geschmack. Ich mochte dieses Lied. Ich möchte die Melodie und ich fand, dass man den Song gut singen konnte.

"Was summst du da?", hallte Ardian's Stimme nun durch den, in eine Richtung fahrenden, Wagen. Wir befanden uns auf einer Autobahn.

"Ist nicht wichtig.", das was er mir ständig sagen konnte, konnte ich schon lange.

"Nein sag, was summst du da?", wiederholte er sich.

"Kennst du den Song 'Halleluja'?"

"Wie könnte ich nicht.", lachte er auf meine Frage.

"Da hast du deine Antwort. Der war es."

"Sing ihn doch...", schlug Ardian nun vor.

Bitte was?

"Warum sollte ich?", abweisend sah ich aus dem Fenster um ihn nicht ansehen zu müssen.

"Ich finde die Stille hier ziemlich bedrückend. Du kannst doch anscheinend singen, wieso singst du dann also nicht einfach, anstatt vor dich hin zu summen?", da war sie wieder, die Seite an Ardian, die er viel zu selten zeigte.

Diese sanfte Seite.

Ich atmete tief ein und aus, bevor ich die einzelnen Strophen über meine Lippen brachte. In der reflektierenden Scheibe neben mir, konnte ich sehen, wie Ardians Finger im Takt zu meiner Stimme auf das Lenkrad tippten, und sich wieder anhoben.
Als mir auch die letzte Strophe entwich, hielt ich inne und wartete seine Reaktion ab.

Erkenne dein wahres IchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt