Flucht in der Nacht

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Der Mond stand voll am dunklen Nachthimmel und tausend Sterne leuchteten. Das Schloss befand sich im tiefen Schlaf. Nur die Wachen waren auf den Fluren unterwegs. Marta stand vor dem Gemach der Prinzessin. Leise öffnete sie die Tür und schlüpfte hinein. Der Mond schien durch die große Fensterfront und spendete ihr genug Licht. Vorsichtig lief sie auf das Himmelbett zu. Sira lag darin und schlief friedlich mit einem Lächeln auf den Lippen. Marta setzte sich auf die Bettkante und strich Sira sanft über die Wange.

''Sira'', sagte sie leise. ''Bitte wacht auf.'' Sira räkelte sich und öffnete langsam die Augen.

''Marta?'', fragte sie verschlafen.

''Wir haben nicht viel Zeit.'' Sira hob den Kopf.

''Es ist ja noch dunkel da draußen.''

''Du musst aufstehen. Wir müssen uns beeilen.''

''Warum? Wo gehen wir hin?'' Marta fixierte Siras blaue Augen.

''Wir gehen fort von hier. Beeilt euch. Zieht euch schnell an.'' Jetzt war Sira hellwach. Sie setzte sich ruckartig auf.

''Wir gehen fort? Aber wohin?''

''An einen besseren Ort. Einen Ort an dem der König euch nicht finden wird. Jetzt beeilt euch.'' Sira stieg aus dem Bett. Marta reichte ihr frische Kleidung. Eine dunkelgrüne Hose, ein grünes Wams und schwarze halbhohe Stiefel. Marta öffnete die Fensterfront und trat auf den großen Balkon. Sie schaute über die Brüstung in den Innenhof. Eine Wache, die eine Fackel trug drehte dort seine Runden. Zwei weitere Wachen waren auf den Mauern zu sehen. Das Dorf, unterhalb des Schlosses war menschenleer. Nur zwischen den Häusern war ab und an der Schein einer Fackel zu sehen. Marta nickte und betrat wieder das Gemach. Sira hatte sich in der Zwischenzeit angezogen. Sie griff nach ihrem Armreif, der auf ihrem Nachttisch lag und streifte ihn sich über das linke Handgelenk. Marta griff nach einem kleinen Bündel das sie mitgebracht hatte.

''Proviant für drei Tage und frische Kleidung.'' Sie reichte Sira einen schwarzen Umhang. Sira legte ihn um und zog die Kapuze über ihren Kopf. Auch Marta legte sich einen schwarzen Umhang um. Dann ging sie vor Sira in die Knie.

''Seid ihr bereit Prinzessin?'' Sira nickte.

Marta schulterte das Bündel und beide verließen sie das Gemach. Marta griff nach Siras Hand.

''Bleibt immer in meiner Nähe.'' Sira nickte erneut. Zusammen liefen sie los durch die Flure. Nach zwei Biegungen blieb Marta stehen und drückte sich und Sira an die Wand. Eine Wache lief an ihnen vorbei. Sie blieb drei Schritte von ihnen entfernt stehen und sagte, ohne sich umzudrehen:

''Zwei Wachen im Dorf. Eine ist informiert. Die Wache im Innenhof nicht. Die müsst ihr umgehen. Viel Glück eure Hoheit.'' Ohne ein weiteres Wort lief die Wache weiter. Sira schaute ihr fragend hinterher und schaute dann zu Marta.

''Glaubt ihr etwa ich hab diesen Plan alleine ausgeheckt?'' Sira lächelte leicht. Marta lächelte zurück und beide liefen weiter.


Sie hatten jetzt den Burghof erreicht. Wie Marta schon vom Balkon aus gesehen hatte patrouillierte eine Wache im Hof. In dessen Mitte stand ein großer Brunnen mit Wasser. In einer großen Kreisbewegung lief die Wache immer um ihn herum. Marta fiel auf das sie dabei nicht besonders gründlich vorging. Sie schaute zu Sira und sagte leise:

''Wir müssen an der Wache vorbei schleichen. Sobald sie an uns vorbei gelaufen ist begeben wir uns zum Brunnen und nutzen ihn als Deckung. Habt ihr das verstanden?'' Sira nickte.

Die Wache lief jetzt an ihnen vorbei. Marta wartete noch einen Moment dann schlichen sie und Sira, die weiterhin ihre Hand hielt auf den Brunnen zu und gingen dahinter in die Knie. Marta schaute vorsichtig über den Rand. Die Wache lief weiter. Marta und Sira liefen, geduckt hinter dem Brunnen weiter und blieben so immer außerhalb der Sichtweite der Wache.

Der WolfskönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt