Der Wolfskönig

Zuwachs für den Clan

Der Wolfsclan hatte sich in der großen Halle versammelt und wartete bereits seit mehreren Stunden. Die restlichen Clans hatten sich zurückgezogen. Sira und Kara saßen am Tisch und spielten Hus. Dabei geht es darum dem Gegnerso schnell wie möglich alle seine Diamanten zu stehlen. Zwar waren die Diamanten nur Glassteine, aber das war auch nicht wichtig.

''Ahh, jetzt aber'', fluchte Sira. Kara grinste.

''Das macht zehn zu Null.''

''Wieso bist du so gut in dem Spiel?''

''Keine Ahnung.'' Sira schnaubte.

''Wann kommt den jetzt endlich das Kind? Das dauert ja ewig.''

''So eine Geburt kann schon mal etwas länger dauern'', sagte Riska. ''Manchmal sogar bis zu einem Tag.''

''Ein Tag? Oh man.''

Plötzlich wurde die große Tür aufgestoßen. Ugos erschien. Für einen Moment wirkte er abwesend. Dann sagte er, als könne er es noch nicht ganz glauben:

''Ich habe ein Kind.'' Er sprang auf den Tisch, schaute seine Banditen an und schrie:

''Sitz ihr Verlorenen, ich habe ein Kind gekriegt!'' Der Clan jubelte. ''Es ist ein Junge!'' Sira und Kara jubelten ebenfalls. Die Tür öffnete sich schon wieder. Ata trat ein. In ihren
Armen hielt sie ein Bündel. Sofort verstummte der gesamte Clan. Ata trat zu Ugos. Der stieg wieder von dem Tisch und griff sanft nach dem Bündel.

''Seht ihn euch an. Das prächtigste Kind das je geboren wurde.'' Riska zog eine Augenbraue nach oben.

''Kommt mir aber ein bisschen klein vor.''

''Was hast du den erwartet?''

''Einen ausgewachsenen Banditen mit Vollbart und Schmerbauch.'' Alle mussten lachen. Sira kam jetzt zu Ugos und betrachtete das Bündel genauer. Das Baby hatte die Augen geöffnet. Zwei blaue Augen starrten sie an. Aufs Siras Gesicht schlich sich ein Lächeln.

''Der ist ja echt niedlich.'' Sie schaute zu Ata. ''Wie soll er eigentlich heißen?''

''Fynn'', antwortete sie. Sira lächelte immer noch und schaute das Baby an.

''Hallo Fynn, kleiner Bruder.'' Siras Lächeln wurde breiter. ''Ich habe einen Bruder.''

''Willst du ihn mal halten?'' Sira nickte. Ugos ging in die Knie und legte das Bündel sanft in ihre Arme. Fynn schaute Sira direkt an und gähnte dann einmal.

''Ohhh, der ist echt goldig'', sagte Kara, die an Siras Seite getreten war.

Fynn fing plötzlich an zu weinen. Sira legte den Kopf leicht schief. Sie fing an zu summen, was sofort Fynns Aufmerksamkeit auf sie zog. Sira grinste leicht und fing dann an etwas zu singen:

''Über die Nebelberge weit,

zu Höhlen tief aus alter Zeit,

da ziehn wir hin,

da lockt Gewinn,

durch Wind und Wetter,

Not und Leid.''

Sira lief langsam durch den Clan die jetzt mit einstimmten:

''Und dort wo knisternd,

im Gehölz erwacht,

ein Brandt von Winden, angefacht

zum Himmel rot,

die Flamme loht,

der Wald befackelt hell die Nacht.''

Fynn hatte sich wieder beruhigt und die Augen geschlossen.

''Ich glaube das war genug für heute'', sagte Ata. Sira nickte und gab das Bündel sanft an sie zurück. Ata verließ den großen Saal und schloss die Tür hinter sich. Kurz schwiegen alle. Dann fingen sie an zu grölen und beglückwünschten Ugos von allen Seiten. Der hob die Hände.

''Ich danke euch Wölfe. Heute ist ein guter Tag für unseren Clan.''

''In der Tat'', sagte eine ältere Frau. ''Der Clan ist nicht nur gewachsen. Du hast auch einen zukünftigen Nachfolger.'' Siras Miene erstarrte. Ugos hingegen blieb ruhig.

''Es gibt schon eine Nachfolgerin.'' Alle Blicke richteten sich auf Sira. Die schüttelteden Kopf.

''Fynn hat das Vorrecht. Er ist dein Sohn. Dein leibliches Kind.'' Ugos Gesicht verdüsterte sich jetzt. Er machte ein paar große Schritte auf Sira zu, ging vor ihr in die Knie und nahm ihre Hand in seine.

''Sira, wir sind hier nicht in einem Königreich. Hier gibt es kein Geburtsrecht. Auch wenn Fynn mein Sohn ist, habe ich dir das Recht bereits vor über einem Jahr zugesprochen. Ob du es annimmst, wenn es soweit ist oder Fynn das Recht gibst liegt ganz bei dir.'' Sira schaute Ugos an, dessen Gesicht sich wieder normalisiert hatte. Sie nickte und fiel dem Wolfskönig um den Hals.

''Bis es zu dieser Unterredung kommt wird auch noch etwas Zeit vergehen'', sagte jetzt Riska. ''Also, wird das hier jetzt ein Trauerspiel oder feiern wir?'' Ugos und Sira grinsten sich an. Beide schaute auf und schrien im Chor:

''Esst, trinkt bis ihr umfallt! Heute feiern wir bis zum Morgengrauen!''