34 | Nur eine Illusion

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Ihr schönen Menschen, ich hab gerade eine Idee für eine Geschichte. Ich setz mich diekt mal dran und lade schnell noch das neue Kapitel hoch. Später schaue ich auch alle Kommentare durch. Eure Meinungen dazu, dass Maxim sich jetzt so kacke verhält, waren ziemlich geteilt. Ich kann ihn schon verstehen, finde aber, dass er zu weit geht. Ob er es in diesem Kapitel besser macht? Ich weiß es nicht...

Leticia sah Maxim enttäuscht ins Gesicht, während ihr heiße Tränen in die Augen stiegen. Sie blinzelte, um sie zu vertreiben, doch es gelang ihr nicht, also wandte sie sich schnell von ihm ab. Seine Worte hatten sie tief getroffen, ganz egal, wie viel Verständnis sie für ihn hatte.

„Kein Grund, zu weinen", sagte er kühl. Seine distanzierte Art verletzte sie nur noch mehr. Betroffen sah sie wieder zu ihm.

„Du kannst echt ein Arschloch sein. Hat dir das schonmal jemand gesagt?", fragte sie anklagend, ehe sie traurig den Kopf schüttelte und aufstand.

„Ich bin ein Arschloch?", hakte er gereizt nach, stand auf und folgte ihr. Als er sie erreichte, blieb er dicht vor ihr stehen und sah mit zusammengezogenen Augenbrauen düster auf sie herab. „Du hast mir fast sechs Jahre meine Tochter vorenthalten. Ich war nicht dabei, als sie das erste Mal gelacht, geweint oder ihren ersten Schritt gemacht hat. Ich konnte sie nicht am ersten Tag in den Kindergarten begleiten, sie nicht aufwachsen sehen, keine enge Bindung zu ihr aufbauen und ihr nicht die Werte mit auf den Weg geben, die mir wichtig gewesen wären. All die Zeit, die ich wegen dir verloren habe, kann uns niemand wiedergeben. Du hast dir eingeredet, dass es besser wäre, weil ich ein schlechter Umgang sein könnte, dabei hätte sie ihren Vater gebraucht. Erzähl mir also nicht, dass ich ein Arschloch bin."

Jedes seiner Worte brannte wie Feuer auf ihrer Seele. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als sie erkannte, dass sie sich tatsächlich in die Vorstellung verrannt hatte, dass nun endlich alles gut werden würde.

„Wahrscheinlich war es eine Illusion, zu denken, wir könnten eine richtige Familie werden", sagte sie betroffen und ließ mutlos die Schultern sinken.

„Definitiv" stellte Maxim kühl klar und machte einen Schritt nach hinten. Obwohl er etwas Abstand zwischen sie und sich selbst brachte, fühlte sie sich unwohl in seiner Gegenwart. Sie wusste nicht, was sie sagen konnte, um die Situation zu entschärfen oder die Vergangenheit wiedergutzumachen.

„Weißt du, Leticia. Ich habe geglaubt, dass ich, sobald das Ergebnis kommt, einfach weitermachen kann, aber ich habe gemerkt, dass ich mir selbst was vorgemacht habe. Du weißt, wie steinig der Weg für mich und meinen Vater war, wie beschissen schwierig und dass ich ihn eine Zeit lang nicht sehen durfte, weil er in dieselbe Schublade gesteckt wurde, in die du mich gepackt hast. Das macht was mit mir, verstehst du? Ich kann nicht so tun, als wäre die Welt zwischen uns in Ordnung, wenn sie das nicht ist, und es tut mir auch nicht leid. Alles, was zählt, ist Noemi. Du bist ihre Mutter, also werden wir uns arrangieren müssen, damit ich mich um sie kümmern kann, wie sie es verdient. Aber wie das Ganze läuft, das musst du mir überlassen."

Leticia schnappte nach Luft, als er sie mit diesen Worten einfach so stehenließ und im oberen Bereich des Hauses verschwand. Erst, als er gegangen war, spürte sie die heißen Tränen, die inzwischen ihren Weg an die Oberfläche gefunden hatten. Schnell strich sie sich über die nassen Wangen, während ihr Brustkorb sich quälend zusammenzog. Sie hatte das Gefühl, dass die Wände sie zu erdrücken drohten, also riss sie die Terrassentür auf und stürzte ins Freie. Die kühle Abendluft, die in ihre Lungen strömte, brachte jedoch keinerlei Erleichterung.

Die Erkenntnis, dass sich nun nicht alles zum Guten gewandt hatte, schmerzte. Ihr war bewusst, dass es möglicherweise naiv gewesen war, zu glauben, sie könnten eine richtige Beziehung führen und Noemi als richtige Familie großziehen. Vor lauter Hoffnung hatte sie sich in einer Illusion verloren.

Schwer seufzend strich sie sich durchs Haar und schüttelte den Kopf. Sie musste sich beruhigen. Maxim sollte nicht sehen, wie nah ihr all das ging. Natürlich hatte er jedes Recht, wütend auf sie zu sein, aber seine Zurückweisung schmerzte und das musste sie ihm nicht zeigen.

Sie atmete tief durch und bemühte sich, die positiven Dinge zu sehen. Trotz seiner Wut auf sie nahm er Noemi bedingungslos mit offenen Armen in sein Leben auf, statt sich vor seiner Verantwortung zu drücken oder sie gar abzulehnen. Ihre schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich also nicht. Und vielleicht würde er mit der Zeit auch einen Weg finden, wieder entspannter mit ihr umzugehen. Die Hoffnung starb ja bekanntlich zuletzt.

Außerdem hatte sie schon sehr viel mehr erreicht, als sie sich noch vor ein paar Monaten zu träumen gewagt hätte. Sie hatte die Gelegenheit bekommen, Maxim von seiner Tochter zu erzählen und er hatte, noch bevor er überhaupt das Testergebnis erhalten hatte, Zeit mit ihr verbracht und sich mit ihr angefreundet. Zu ihr war er zuckersüß und vermittelte den Eindruck, ihr die Welt zu Füßen zu legen. Dass er die Vaterschaft offiziell anerkennen wollte, war nur ein weiteres Indiz dafür, dass er tatsächlich bereit war, Verantwortung für Noemi zu übernehmen.

Nicht ein einziges Mal hatte er bisher von Unterhaltszahlungen gesprochen, oder davon, dass sie nur deshalb überhaupt erst an ihn herangetreten war. So viel Glück hatten andere alleinerziehende Mütter nicht.

Auch, wenn es Leticia schwerfiel – sie musste sich zusammenreißen und Noemi zuliebe einen Weg finden, auf einer platonischen Basis mit Maxim umzugehen; ganz egal, ob sie schon Gefühle für ihn zugelassen hatte.

Ihr war bewusst, dass sie es auch ihren Eltern sagen musste. Sie hatten ein Recht darauf, zu erfahren, dass Maxim viel mehr war als der böse, fremde Mann, der zu unmöglichen Uhrzeiten bei ihr ein- und ausging.

Doch zuerst einmal würde sie so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen, damit Noemi ihren Vater besser kennenlernen konnte. Sobald sie spürte, dass auch sie bereit für die Wahrheit war, würde sie es auch ihr erzählen. Wie sie wohl darauf reagieren würde?

Leticia seufzte, als es ihr nicht gelang, ihre ganzen Gedanken zu ordnen. Wenn sich die Situation ein wenig beruhigte, würde sie noch einmal das Gespräch mit Maxim suchen und bis dahin versuchen, das Beste aus der Situation zu machen und Noemi eine schöne Zeit zu bereiten.

„Was machst du hier draußen?"

Maxims Stimme ließ sie herumfahren. Er stand am Rand der Terrasse und schaute skeptisch auf sie herab. Inzwischen hatte er Shirt und Jeans gegen einen lässigen Hoodie und eine Jogginghose getauscht. Die Dunkelheit verbarg einen Großteil seines Gesichts, lediglich seine Augen konnte sie funkeln sehen. Erst jetzt realisierte sie, dass sie mittlerweile auf dem Rasen saß und Löcher in die Luft gestarrt hatte.

„Ich brauchte ein wenig frische Luft", antwortete sie. Er seufzte tief, dann streckte er seine Hand nach ihr aus.

„Du solltest da nicht sitzen. Es ist ganz schön kalt geworden", stellte er sachlich fest. Erst jetzt fiel ein Teil der Außenbeleuchtung auf sein Gesicht, sodass sie es besser sehen konnte.

„Ich komme gleich", versicherte sie ihm, doch statt sie alleinzulassen, sah er weiter schweigend auf sie herunter.

„Komm schon", forderte er schließlich und hielt ihr abermals die Hand entgegen.

Als sie erkannte, dass er sie nicht zurücklassen würde, gab sie auf, griff danach und ließ sich von ihm aufhelfen. Augenblicklich hatte sie das Gefühl, in Flammen zu stehen. Sie war so überrascht von seiner Wirkung auf sie, dass sie das Gleichgewicht verlor. Maxim stützte sie instinktiv, doch als sie es wiedererlangte, ging er sofort wieder auf Abstand.

Ein seltsamer Moment der Stille entstand, als sie in seine leicht zusammengekniffenen Augen schaute. Unmerklich biss sie sich auf die Unterlippe, als sein Blick wieder in ihre Augen fiel. Obwohl sie sicher drei Handbreiten voneinander trennten, konnte sie deutlich die Wärme spüren, die von ihm ausging und sein unverwechselbarer Duft stieg ihr in die Nase. Ohne wegzuschauen, machte sie zögernd einen Schritt auf ihn zu. 

Also wäre ich sie, würde ich den ja extrem auf Abstand halten, so, wie der sich ihr gegenüber verhalten hat. geht einfach gar nicht. Oder was meint ihr?

Wie ein TattooWo Geschichten leben. Entdecke jetzt