17 | Adrenalin

331 25 17
                                    

Bevor ich wieder mal das Update vergesse, lade ich das Kapitel schnell hoch. Ich bin gespannt, was ihr sagt. Und vor allem: was er sagt. Haha.

Leticias Gedanken überschlugen sich, als ihr Vater mit Noemi auf dem Arm ihre Wohnung betrat. Augenblicklich begannen ihre Finger zu schwitzen und das Herz hämmerte so laut in ihrer Brust, dass sie glaubte, es würde jeden Moment zerspringen. Ausgerechnet, als sie dabei gewesen war, Maxim von Noemi zu erzähle, musste ihr Vater hier auftauchen. Maxim sollte nicht auf diese Weise von ihrer Tochter erfahren, doch wie sollte sie es jetzt noch verhindern? Für einen kurzen Moment hoffte sie, dass es sich um einen fürchterlichen Alptraum handelte, doch der Biss in die Wange war schmerzhaft genug, sie vom Gegenteil zu überzeugen.

Noch immer verstand sie nicht, weshalb ihr Vater Noemi vorzeitig zurückbrachte. Das war für ihre Eltern absolut unüblich. Sie passten gern auf ihr Enkelkind auf und hielten Leticia den Rücken frei, so gut sie nur konnten, da sie alleinerziehend war und manchmal Unterstützung benötigte.

„Was machst du denn hier?", platzte es hilflos aus ihr heraus, während ihr Vater die Wohnungstür hinter sich ins Schloss drückte.

„Noemi wollte nach Hause", erklärte er, während er sie an Leticia vorbeitrug.

„Ist was passiert?", hakte sie alarmiert nach und runzelte skeptisch die Stirn, während sie Noemi eindringlich musterte. Tatsächlich wirkte sie blass und abgeschlagen.

„Sie hat Bauchschmerzen", erklärte ihr Vater. Adrenalin schoss durch Leticias Körper, als er geradewegs auf die Wohnzimmertür zusteuerte.

„Nein, Papa, warte...", machte sie einen Versuch, das Unheil abzuwenden und stürzte hinterher, doch es war bereits zu spät und ihr Vater platzte geradewegs ins Wohnzimmer. Leticia hielt den Atem an, denn Maxim stand ihnen mit verblüfftem Gesichtsausdruck gegenüber. Noemi musterte den Unbekannten misstrauisch. „Wer ist das, Mama?"

Schamesröte stieg Leticia ins Gesicht, während ihr Herz aufgeregt stolperte. Noch ehe sie etwas sagen konnte, straffte Maxim die Schultern und überbrückte die zwischen ihnen liegende Distanz. Ihr Vater musterte ihn skeptisch, als Maxim ihm die Hand reichte. Mit großer Sorge beobachtete sie, wie die beiden Männer sich einander distanziert vorstellten.

Es lag in der Natur ihres Vaters, jeden Mann zunächst abzulehnen, den sie ihm vorstellte. Für ihn war sie stets sein kleines Mädchen geblieben. Als Maxim sich nun Noemi zuwandte, hatte sie das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Es war das allererste Mal, dass die beiden einander ins Gesicht sahen.

„Und wer bist du?", fragte er überraschend sanftmütig und hielt auch ihr die Hand hin, während ihr Großvater die Kleine nach wie vor sicher in seinem Arm hielt.

„Noemi", stellte das Mädchen sich schüchtern vor. Maxim schenkte ihr ein warmes, aufrichtiges Lächeln, das seine Augen erreichte. Leticias Herz machte bei diesem Anblick einen kleinen Freudensprung. Möglicherweise konnte er mit Kindern doch mehr anfangen, als er bisher den Anschein erweckt hatte.

„Freut mich, dich kennenzulernen, Noemi. Ich bin Maxim."

Sie legte neugierig den Kopf schief und inspizierte seine tätowierte Hand.

„Warum hast du dich angemalt?", wollte sie wissen und sah ihm wieder ins Gesicht, aber Leticias Vater fiel ihm ins Wort, als er zu einer Antwort ansetzte.

„Noemi will unbedingt zu dir", sagte er an seine Tochter gewandt, während Maxim ihr einen enttäuschten Blick zuwarf. Es war offensichtlich, dass die gesamte Situation ihm nicht gefiel, und sie konnte es ihm nicht verübeln. Hoffentlich würde er ihr die Chance geben, sich zu erklären, statt gleich das Weite zu suchen und sich nie wieder zu melden. Doch nun musste sie sich zunächst zusammenreißen, Noemi zuliebe. Das Ganze war vor allem für sie sicherlich seltsam genug. Also schob sie ihre Sorge für den Moment beiseite und konzentrierte sich auf Noemi.

„Oh nein. Was hat sie denn gegessen?", hakte sie nach.

„Deine Mutter hat mediterranes Gemüse und Kartoffeln gemacht. Ich denke nicht, dass es daran liegt", erzählte ihr Vater. Leticia schaute zu Noemi.

„Hat sie Süßigkeiten gegessen?"

Der Spanier schüttelte den Kopf.

„Nein. Aber sie hatte wieder mal Cola im Kindergarten."

Leticia seufzte schwer.

„Na super", murmelte sie, dann machte sie zwei Schritte auf die beiden zu und musterte Noemi besorgt. „Ist es sehr schlimm?"

Das kleine Mädchen zog eine Grimasse.

„Ja. Ich will bei dir schlafen."

Maxim, der bis gerade eben schweigend danebengestanden hatte, räusperte sich. Als sie sich zu ihm umdrehte, musste sie unwillkürlich schlucken. Das ehrliche Lächeln, das er eben noch Noemi geschenkt hatte, war verschwunden und die Sorge darum, wie er reagieren würde, augenblicklich wieder da.

„Ich sollte jetzt gehen", sagte er sachlich. Sie versuchte, in seinen Augen zu lesen, was er dachte, doch sie scheiterte am unergründlichen Ausdruck darin. Störte ihn die Erkenntnis, dass sie eine Tochter hatte? Oder war es ihm lediglich unangenehm, auf diese Weise davon zu erfahren? Leticia ließ frustriert die Schultern sinken und überspielte ihre Unsicherheit, indem sie ihrem Vater ein Lächeln zuwarf.

„Ich komme gleich wieder", sagte sie, ehe sie Maxim in den Flur führte. Als er die Wohnzimmertür hinter sich zugezogen hatte, sah er derart kühl auf sie herab, dass sie augenblicklich zu frösteln begann. Sie hielt den Atem an, in dem Glauben, dass er irgendetwas anklagendes sagen würde, doch er schüttelte lediglich enttäuscht den Kopf und drückte sich an ihr vorbei. „Warte bitte...", bat sie ihn und huschte ihm hinterher zur Türschwelle. Zu ihrer Erleichterung fuhr er noch einmal zu ihr herum, doch als sie das enttäuschte Funkeln in seinen Augen sah, schluckte sie. „Das war die ganze Zeit dein Problem? Dass du eine Tochter hast?"

„Sie ist auch deine Tochter", wollte sie sagen, biss sich jedoch auf die Zunge. Schließlich reichte es aus, wenn er auf diese schäbige Art von ihrer Existenz erfahren hatte. Sie musste nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen, indem sie ihm nun zwischen Tür und Angel die Wahrheit an den Kopf warf.

„Es tut mir leid. Ich wollte es dir heute Abend erzählen", beteuerte sie. Er seufzte schwer und fuhr sich durchs verwuschelte Haar.

„Wir unterhalten uns besser wann anders weiter."

Sie atmete innerlich erleichtert auf, als sie realisierte, dass er zumindest gesprächsbereit schien. Sie deutete das als gutes Zeichen.

„Du kannst gern bleiben und wir reden, wenn Noemi schläft", schlug sie hoffnungsvoll vor. Sein distanzierter Blick zerstörte ihre Hoffnung jedoch im Keim. Ihr Herz sank, als sie erkannte, dass sie keine Chance hatte, ihn zum Bleiben zu überreden.

„Ich rufe dich an", sagte er zurückhaltend, öffnete die Tür und verschwand im dunklen Flur. Sie beobachtete ihn wehmütig dabei. Sie war sich bewusst, dass sein Vertrauen in sie nun erschüttert war. Wie würde er erst reagieren, wenn er die komplette Wahrheit erfuhr? 


Na das ist ja richtig gut gelaufen, würde ich sagen. Jetzt weiß er immerhin, dass sie ein Kind hat, aber dass es seins ist, ahnt er immer noch nicht. Aber wie hättet ihr in der Situation an ihrer Stelle reagiert? Es ihm an der Tür gesagt? Oder auch besser für euch behalten, während euer Vater danebensteht?

Wie ein TattooWo Geschichten leben. Entdecke jetzt