65 | Meinungsverschiedenheiten

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Viel Spaß mit dem nächsten Kapitel :D

„Was ist so falsch an unserer Erziehung?", fragte Maxim und musterte Leticia herausfordernd. Sie war noch immer so unglaublich böse auf ihn, dass sie ihm am liebsten den Hals umgedreht hätte. Dass er sich jetzt heroisch vor ihr aufbaute, machte sie nur noch wütender. Sein ganzer Körper signalisierte ihr, dass er sich selbst nichts vorzuwerfen hatte.

„Ich finde es falsch, Noemi das Gefühl zu geben, dass ihr Verhalten in Ordnung war", sagte sie entschieden.

„Sie hat vielleicht etwas übertrieben, aber diese verwöhnte Leah hat es verdient", entgegnete er überzeugt. Leticia runzelte verblüfft die Stirn.

„Noemi ist nicht weniger verwöhnt. Du bist einfach zu nachsichtig mit ihr, dabei muss sie verstehen, dass es Grenzen gibt", hielt sie sachlich dagegen. Maxim zog düster die Augenbrauen zusammen.

„Ich versuche lediglich, ihr der gute Vater zu sein, der ich ihr nicht von Anfang an sein konnte. Sie ist meine einzige Tochter und verdient nur das Beste. Meine Eltern konnten uns nie verwöhnen."

„Maxim, du hast zu ihrem Geburtstag direkt den gesamten Park gemietet. Findest du das nicht ein wenig übertrieben?", fragte sie, legte den Kopf schief und sah ihm erwartungsvoll ins Gesicht. Er schnaubte beleidigt.

„Ich wollte, dass sie einen schönen und vor allem unvergesslichen Tag erlebt."

„Das verstehe ich ja. Aber sie muss auch lernen, sich in Gruppen zurechtzufinden, Freundschaften zu knüpfen, sich Konflikten mit anderen zu stellen. Sie muss nicht in einer Neverland-Ranch-Käseglocke groß werden, nur, weil du es kannst. Schließlich muss sie sich auch im Leben behaupten können", versuchte sie, ihm ihren Standpunkt zu verdeutlichen.

„Ich sorge schon dafür, dass sie sich im Leben behaupten kann! Sie wird sich nichts gefallen lassen, schon gar nicht, dass jemand willkürlich auf ihr herumhackt", schoss er zurück.

Das habe ich gesehen", kommentierte sie trocken. Er verschränkte die Arme vor seiner Brust und reckte ihr überlegen das Kinn entgegen.

„Ich habe ihr lediglich geraten, sich zu wehren, wenn sie angegriffen wird", korrigierte er sie selbstgefällig. Leticia warf die Hände in die Luft.

„Eine friedliche Lösung anzustreben ist nicht falsch, Maxim", verteidigte sie ihre Einstellung. Er blähte die Nasenflügel auf.

„Dieses Mädchen hat sie geschlagen und war an einer friedlichen Lösung ganz offensichtlich nicht interessiert. Noemi hat alles richtig gemacht. Sie hat diesem Mädchen gezeigt, dass sie auf ihr nicht herumtrampeln kann, wie es ihr passt und sich Respekt verschafft. Diese Leah wird so schnell nicht mehr auf den Gedanken kommen, sie herumzuschubsen."

Leticia seufzte schwer.

„Ich möchte einfach nicht, dass es für Noemi völlig normal ist, andere Mädchen zu verprügeln, um sich Respekt zu verschaffen."

Er verdrehte die Augen.

„Mach doch jetzt kein Drama daraus. Sie hat ein wenig überreagiert und weiß das. Sie boxt deswegen sicher nicht jedes Mädchen, dass ihr dumm kommt."

Es ärgerte Leticia, dass er derart leichtfertig mit der Problematik umging und Noemis Verhalten einfach herunterspielte, um es sich möglichst einfach zu machen. Offenbar war er sich nicht einmal wirklich bewusst, in welche Situation er sie als Mutter dadurch gebracht hatte.

„Sie hat dieses Mädchen so verprügelt, dass mich die Schule auf dem Handy angerufen und mich darum gebeten hat, mein völlig verzogenes Kind abzuholen. Weißt du, wie unangenehm diese ganze Situation war? Ich musste nicht nur mit der Schulleitung, sondern auch mit Leahs Eltern über Noemis Verhalten sprechen. Ich musste mich fragen lassen, wie wir unsere Tochter erzogen haben und welche Werte wir ihr vorleben. Ich musste mir Vorhaltungen über meine Erziehung anhören... Dass ich offensichtlich versagt habe. Dabei habe ich in den letzten Jahren wirklich alles gegeben, um Noemi ein gutes Umfeld zu bieten und sie zu einem großartigen Menschen zu erziehen."

Wie ein TattooWo Geschichten leben. Entdecke jetzt