60 | Gewissensbisse

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Ich wünsche euch viel Spaß beim nächsten Kapitel.

„Ich liebe Dich, Babe."

Noch immer glaubte Leticia, sich gerade eben verhört zu haben. Schweigend verlor sie sich in seinen Augen. Nach wie vor waren sie mysteriös, doch das erste Mal in ihrem Leben war es, als könne sie in Maxims Seele blicken. Er hatte ihr gegenüber endlich seine Fassade vollständig abgelegt und ließ sie in sein Innerstes schauen, anstatt sich vor ihr zu verschließen.

Der tiefe Blick, mit dem er gerade auf sie herabschaute, war klar und voller aufrichtiger Liebe und Zuneigung. In ihr vermischten sich gerade so viele verschiedene Emotionen, dass sie gar nicht in der Lage war, sie zu greifen. Dass er ihr nach all diesen turbulenten Monaten jetzt sagte, dass er sie liebte, fühlte sich unbeschreiblich an – nicht nur, weil sie nie im Leben damit gerechnet hätte, dass er ihr überhaupt noch einmal offenbarte, wie er für sie empfand. Sondern vor allem, weil ihre Gefühle für ihn mindestens genauso stark waren.

Den Sex, den sie gerade gehabt hatten, konnte Leticia ebenso wenig in Worte fassen. Bisher hatte ihr der Sex mit Maxim immer viel Spaß gemacht; sie mochte es, dass er die Führung übernahm und ihr dabei ein ebenso großes Gefühl der Lust und der Befriedigung verschaffte wie sich selbst. Sie wusste, dass er ihr Verlangen nach ihm auskostete und jede Sekunde ihn in den Wahnsinn trieb.

Doch heute hatten sie ein völlig neues Level ihrer Beziehung erreicht. Sie waren nicht nur körperlich, sondern auch seelisch eins geworden. Leticia spürte es auch, ohne dass Maxim es sagte. Sie sah es in seinem Blick, wenn er in ihre Augen schaute.

Als sie realisierte, dass ihr Glück möglicherweise nur von kurzer Dauer war, schluckte sie unmerklich. Bei der Vorstellung, dass er in der kommenden Woche vielleicht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden würde, zog ihr Herz sich schmerzvoll zusammen. Wenn es hart auf hart kam, würde er weitere Jahre mit Noemi verpassen, und das ausgerechnet jetzt, wo sie gerade erst zusammengefunden hatten, und sie wusste, dass er ihr leiblicher Vater war. Sie hatten so viel aufzuholen. Der Gedanke, dass ihm das aufgrund alter Fehler verwehrt bleiben würde, ließ sie innerlich aufseufzen. Doch was brachte es, ihm zu zeigen, wie sehr sie all das gerade beschäftigte? Statt ihn damit herunterzuziehen, wollte sie stark für ihn sein und ihm den Rückhalt bieten, den er jetzt gerade brauchte. Schließlich hatte sie ernstgemeint, was sie zu ihm gesagt hatte – er war ein toller Vater für Noemi, ganz egal, was in der Vergangenheit passiert war. Also schob sie die schlechten Gedanken beiseite und schenkte ihm ein zuversichtliches Lächeln. Er erwiderte es, während seine warmen Finger ihre Wange streichelten, bis sein Daumen ihre Unterlippe erreichte. Noch immer sah er ihr tief in die Augen, so, als versuchte auch er, in ihnen zu lesen. Bisher hatte er nicht einmal geblinzelt.

„Ich liebe dich auch", antwortete sie schließlich leise. Sein Grinsen wurde noch ein Stückchen breiter. Leticia hatte ihn noch nie so glücklich, losgelöst und zufrieden erlebt wie in diesem Augenblick. Ohne ein weiteres Wort beugte er sich zu ihr und presste seine Lippen auf ihre. Sie strich ihm durchs Haar, als er sich wieder von ihr löste und sie in seinen Arm zog.

Eine Weile lagen sie einfach nur so da und genossen das Gefühl der Geborgenheit. Leticia schloss erschöpft die Augen, während seine Finger über ihren nackten Rücken strichen. Als sie sie wieder aufschlug, schien Maxim noch immer in seine Gedanken vertieft. Er musste nichts sagen, sie wusste auch so, was ihn quälte.

„Wir stehen das zusammen durch, okay?", sagte sie sanft. Ein verzweifeltes Lächeln lag auf seinen Lippen, als er sich ihr schwer seufzend zudrehte.

„Es tut mir wirklich leid, dass ich euch da mit reinziehe."

Sie schüttelte den Kopf.

„Mach dir keine Vorwürfe. Es wird alles gut werden."

Er ließ schwerfällig den Kopf in die weichen Kissen sinken.

„Hoffentlich", nuschelte er, schlang seine Arme noch ein wenig fester um sie und hielt sie nah bei sich. Sie strich sanft über seine Brust und küsste seine Wange. Maxim lächelte, küsste ihre Stirn.

„Das machen wir jetzt immer, wenn Noemi in der Schule ist."

Als Leticias Blick unwillkürlich auf den Wecker auf dem Nachttisch fiel, erschrak sie.

„Verdammt! Ich muss Noemi abholen!", entfuhr es ihr hektisch. Maxim lockerte nur widerwillig seine Umarmung.

„Kaum zu glauben, dass meine eigene Tochter meine größte Konkurrenz ist."

Leticia schenkte ihm ein Lächeln.

„Dafür gibt es heute selbstgemachte Pizza.", sagte sie versöhnlich. Er grinste frech.

„Ist dir nichts Richtiges eingefallen?"

Sie hob mahnend eine Augenbraue.

„Du musst ja nicht mitessen, Arschloch."

Maxim lachte, dann richtete er sich auf. Ein letztes Mal umfasste er ihr Gesicht mit seinen Händen und küsste sie, dann gab er sie endgültig frei. 

Ich weiß, es war etwas kurz, oder? Dafür kommt schon bald das nächste ❤️

Wie ein TattooWo Geschichten leben. Entdecke jetzt