20 | Wut

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Ihr schönen Menschen, ich hoffe, ihr hattet schöne Ostern. Hier gehts endlich mit dem nächsten Kapitel weiter. Viel Spaß mit seiner Reaktion :D

Maxim brauchte einen Moment, um zu verstehen, was Leticia gerade gesagt hatte. Seine Gedanken überschlugen sich, während er sie aus großen Augen verblüfft anstarrte. Er konnte sich nicht daran erinnern, sie jemals zuvor gesehen, geschweige denn mit ihr geschlafen zu haben. Für ihn war es offensichtlich, dass sie ihm gerade eine Lüge auftischte, doch er verstand nicht, weshalb. Erhoffte sie sich Unterstützung und hatte möglicherweise alles bis ins kleinste Detail geplant?

„Mach die Tür zu", forderte er kühl. Sie wich seinem durchbohrenden Blick aus und folgte seiner Aufforderung. Er war inzwischen aufgestanden und baute sich bedrohlich vor ihr auf.

„Das war also die ganze Zeit dein Plan. Du hast mich im Flugzeug gesehen, gemerkt, dass ich Interesse an dir habe und es darauf angelegt, dass ich mich auf dich einlasse, damit sich jemand um deine Tochter kümmert", kombinierte er mit schneidender Stimme, dann schnaubte er verächtlich und schüttelte angewidert den Kopf.

„Ich habe weder etwas geplant, noch etwas erfunden", rechtfertigte sie sich energisch. „Wenn es mir nur ums Geld gehen würde, wäre ich wohl schon viel früher zu dir gekommen. Oder etwa nicht?"

Er lächelte, doch es war voller Wut.

„Klar. Ist natürlich glaubwürdiger, nach fünf Jahren mit einer vermeintlichen Tochter um die Ecke zu kommen."

„Ich wollte es dir schon früher erzählen, aber erstens wusste ich nicht, ob du Noemi vielleicht in Schwierigkeiten bringst, und zweitens hatte ich Angst vor genau dieser Reaktion..."

Sie hielt den Atem an, als sie ihre Gedanken endlich so offen aussprach. Auch er brauchte einen Moment, ihre Worte zu begreifen. Dann verdunkelte sich sein Blick, seine Augen blitzten gefährlich auf, doch es lag auch eine große Enttäuschung darin.

„Und da hast du einfach deine kleine Schublade aufgemacht und mich da reingesteckt, oder?", fragte er finster. Sie schluckte. „Und weil ich damals krumme Dinger gedreht habe, hätte ich kein guter Vater sein können, ja?", knurrte er und machte einen Schritt auf sie zu. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.

„Ich weiß nicht, ich-"

„Angenommen, es stimmt, was du sagst und wir haben damals miteinander geschlafen. Du bist schwanger geworden, hattest aber Angst, dass ich als Vater ungeeignet bin, dir nicht glaube oder dich zurückweise. Warum dann jetzt, nach all den Jahren?"

Sie seufzte schwer, machte einen Schritt auf ihn zu und ließ die Schultern sinken.

„Weil ich geglaubt habe, dass wir eine zweite Chance bekommen haben und unsere Begegnung einen tieferen Sinn haben muss. Ich wollte mir beweisen, dass du dich geändert hast und der Vater für sie sein könntest, den sie braucht."

Er zog herausfordernd die Augenbrauen hoch.

„Und? Entspreche ich inzwischen deinen Vorstellungen eines guten Vaters?", fragte er bissig.

„Es tut mir leid, dass ich mich von meinen Zweifeln habe leiten lassen, aber ich dachte, es wäre das Beste für Noemi. Inzwischen weiß ich, dass das falsch war. Deshalb wollte ich meinen Fehler wiedergutmachen und dir die Möglichkeit geben, dich bewusst für oder gegen sie zu entscheiden. Es ist dein Recht, zu wissen, dass es sie gibt. Wie du damit umgehst, ist deine Sache", sagte sie betreten.

Er sagte nichts, schaute sie einen Moment einfach nur an. Innerhalb von Sekunden war es ihr gelungen, seine gesamte Welt auf den Kopf zu stellen. Sie hatte den Eindruck vermittelt, sie würde sich nicht für einen One-Night-Stand mit ihm hergeben, weil sie zu stolz war, doch jetzt erkannt er, dass genau das Gegenteil der Fall war. Nicht nur, dass sie eine wie all die anderen Schlampen war, die er so flachlegte, sie hatte nicht einmal die Größe besessen, den Vater ihres Kindes zu suchen und ihn aufzuklären. Mit wie vielen Männern hatte sie sich wohl noch vergnügt? Die Vorstellung trieb Übelkeit in ihm hoch.

„Hast du damals ständig für fremde Typen die Beine breitgemacht?", platzte es aus ihm heraus, ehe er darüber nachdenken konnte.

„Nein! Ganz bestimmt nicht", widersprach sie ihm energisch.

„Sei ehrlich, Leticia. Du bist ganz sicher keine heilige Jungfrau. Also - hast du damals mit vielen Männern einfach nur gefickt?"

„Du warst der einzige", beteuerte sie hilflos.

„Warum ich?", wollte er wissen.

„Du hast mich einfach fasziniert, konntest gut reden und hast mir ein gutes Gefühl gegeben", antwortete sie.

„Dir hat es also einen Kick gegeben, mit dem verruchten Bad Boy zu schlafen", schlussfolgerte er enttäuscht, als er erkannte, dass sie sich mit ihren Beweggründen in die Schlange der anderen Frauen einreihte, die er nach wie vor reihenweise flachlegen konnte, wenn er gewollt hätte. Sie atmete schwer.

„Heute weiß ich, wie dämlich ich war. Damals hätte ich beinah alles getan, um Elyas zu vergessen."

Er musterte sie skeptisch, ehe seine Gesichtsmuskulatur sich verhärtete.

„Du hast dich von mir ficken lassen, weil du Liebeskummer hattest?"

Er glaubte, Tränen in ihren Augen schimmern zu sehen. Sie schluckte.

„Elyas war meine große Liebe. Wir kannten uns schon seit der Schulzeit. Wir wollten zusammenziehen, heiraten, eine Familie gründen, wie man das eben so macht. Aber-" „Interessiert mich alles nicht.", unterbrach er sie harsch. Er hatte keine Lust, sich jetzt auch noch Geschichten über ihren Verflossenen anzuhören.

„Aber dann ist er gestorben."

Ihre Worte verschlugen ihm für einen Moment die Sprache. Er fuhr sich schweigend mit der flachen Hand übers Gesicht. Auf einmal schämte er sich dafür, so hart zu ihr gewesen zu sein.

„Das tut mir leid", erwiderte er aufrichtig.

„Es war ein Autounfall. Für mich war das damals der schlimmste Tag meines Lebens. Ich war wie gelähmt. Ich habe mich nur leer gefühlt. Ich habe noch nie einfach so mit einem Mann geschlafen, doch dann habe ich dich getroffen. Ich wollte mich nur wieder lebendig fühlen, überhaupt wieder fühlen. Heute weiß ich, dass das nicht richtig war, aber ich war einfach verzweifelt. Ich hätte nie gedacht, dass diese Nacht mit dir all diesen Schmerz und die Leere für kurze Zeit relativieren kann. Aber du hast mir all das genommen und mich dazu gebracht, mich wieder zu spüren. Dadurch, dass ich schwanger geworden bin, habe ich verstanden, dass mein Leben weitergeht, auch ohne Elyas, und dass ich ihn loslassen muss, um wieder glücklich zu werden."

Noch immer schimmerten Tränen in ihren Augen, doch sie weinte nicht.

„Das tut mir wirklich leid. Aber meine Welt steht gerade auf dem Kopf, Leticia. Nicht nur, dass du mir unsere gemeinsame Nacht verschwiegen hast. Bis vor ein paar Minuten wusste ich nicht einmal, dass ich eine Tochter habe, weil du sie mir fünf Jahre lang vorenthalten hast. Ich weiß nicht mal, wie ich dir glauben soll, dass sie von mir ist. Ich weiß nicht einmal, was ich überhaupt noch glauben kann."

Er wusste, dass er sie mit seiner brutalen Ehrlichkeit verletzte. Doch er konnte und wollte sich nicht verstellen. Sie sagte nichts; wahrscheinlich, weil sie wusste, dass es keinen Sinn machte, jetzt zu argumentieren. Er wollte gerade etwas sagen, als ein leises Geräusch sie aufhorchen ließ „Mama?"

Noemis leise Stimme drang vom Flur dumpf durch die Küchentür. Sie warf Maxim einen entschuldigenden Blick zu, bevor sie schließlich die Tür öffnete. „Ich bin hier, Maus."

Als das kleine Mädchen jetzt in ihrem Pyjama mit einer gelben Ente auf dem Bauch die Küche betrat, schluckte Maxim hart. Er schaute in ihr kleines, puppenhaftes Gesicht, betrachtete ihre blonden Haare, ihre blauen Augen, ihre niedliche kleine Nase. Als sie ihn jetzt überrascht anschaute, wurde ihm gleichzeitig heiß und kalt, als er in ihrem kindlichen Gesicht sein eigenes zu erkennen glaubte. Wurde er jetzt verrückt oder war eine gewisse Ähnlichkeit wirklich nicht von der Hand zu weisen?

Wie konnte er sich sicher sein, dass er als einziger potenzieller Vater infrage kam? Wenn Leticia wirklich versucht hatte, ihren Schmerz mit ihrer gemeinsamen Nacht zu betäuben, wer garantierte ihm, dass sie es nicht häufiger auf diese Weise versucht hatte?

Je länger Noemi ihn ansah, desto weniger gelang es ihm, seine Gedanken zu ordnen. Konnte dieses kleine, niedliche Mädchen wirklich seine Tochter sein?

Okay, wirklich gut ist das jetzt nicht gelaufen. Aber irgendwie verständlich, oder? Was habt ihr erwartet, wie er reagiert? Und würdet ihr Letty an seiner Stelle glauben?

Wie ein TattooWo Geschichten leben. Entdecke jetzt