70 | Lieblingsschwiegersohn?

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Ich weiß, ich hab euch lang warten lassen, aber hier ist endlich das nächste Kapitel :D

Maxim beobachtete mit einem zufriedenen Lächeln, wie Leticias Vater sich in einen der großen, gemütlichen Stühle auf der geräumigen Terrasse fallen ließ, an die der große, noch immer grüne und liebevoll gepflegte Garten angrenzte. Er war noch ein wenig schwach, doch die Ärzte hatten keine Bedenken mehr gehabt, ihn gestern nach Hause zu entlassen.

Maxim hatte daraufhin noch einmal mit Leticia gesprochen und mit ihrem Einverständnis schließlich ihre Rückflüge für morgen Mittag gebucht. Auch, wenn es für ihn selbstverständlich war, in einer solchen Phase Zeit mit seiner Familie zu verbringen war er erleichtert, dass sie morgen wieder zurück nach Berlin fliegen konnten. Das bedeutete, dass Leticias Vater das Schlimmste überstanden hatte und wieder auf dem Weg der Besserung war. Alles, was er tun musste war, seine Medikamente regelmäßig zu nehmen.

Leticia war nach wie vor skeptisch, doch Maxim würde schon dafür sorgen, dass ihr Vater zur Vernunft kam und seine Krankheit endlich voll und ganz als das akzeptierte, was sie eben nun einmal war.

Maxim genoss einen kurzen Augenblick die warmen Sonnenstrahlen auf seiner Haut. Für den Spätherbst war es in Barcelona noch immer recht mild und sonnig. So konnte er noch immer nur mit einem T-Shirt und einer Shorts bekleidet durch den Garten laufen. Er hatte sich spontan ein paar Klamotten in der Stadt gekauft, als ihm seine ausgegangen waren.

Langsam näherte er sich Leticias Vater und ließ sich ihm gegenüber in einen der weichen Stühle mit Blick auf den Garten fallen. Dann warf er einen Blick in den blauen Himmel, an dem sich nur hier und da ein Wölkchen zeigte. Er konnte verstehen, wieso Leticias Vater hatte hierher zurückkommen wollen.

„Wir fahren kurz einkaufen." Leticias Stimme ließ ihn herumfahren. Sie stand hinter ihm im Türrahmen der großen Terrassentür und schaute auf ihn herab. „Nehmt ihr Noemi mit?", fragte er und schaute sich kurz suchend nach seiner Tochter um. Leticia lächelte. „Ja, Mama sagt, es gibt hier im Ort eine wirklich gute Eisdiele und Noemi ist schon ganz heiß darauf, sie auszuprobieren."

Maxim schmunzelte bei der Vorstellung, wie Noemis Augen beim Anblick eines großen Eisbechers zu strahlen begannen. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal Eis oder Torte gegessen hatte. Aber so kurz vor dem Albumrelease musste er diszipliniert bleiben, um in den Videos gut auszusehen.

Er seufzte lautlos auf, als ihm der anstehende Videodreh wieder einfiel. Durch seinen spontanen Trip nach Spanien hatte sich der Dreh um drei Tage nach hinten verschoben, aber das Video sollte schon in ein paar Wochen als zweite Videosingle veröffentlicht werden. Ihm war bewusst, dass er dem Team einiges abverlangte, doch er wusste, dass trotzdem alles wie geplant klappen würde.

Leticia beugte sich zu ihm herunter und küsste ihn kurz zum Abschied. „Brauchst du noch was, Papa?", fragte sie und musterte ihren Vater. Er schüttelte den Kopf. „Nein, danke, ich habe alles."

Als Leticia die beiden allein gelassen hatte, wartete Maxim noch, bis er den Wagen aus der Einfahrt rollen hörte. Auch ihr Vater schien darauf gewartet zu haben, denn noch ehe Maxim etwas sagen konnte, schaute er lächelnd in seine Augen.

„Ich muss mich bei dir entschuldigen.", sagte er für Maxim völlig unerwartet und schaffte es damit sogar, ihn kurz aus dem Konzept zu bringen. Schließlich hatte er sich ein wenig auf dieses Gespräch mit ihm vorbereitet und sich seine Argumente gut überlegt. Er wusste, dass Leticias Vater genauso gut mit Worten umgehen konnte wie er selbst und er in ihm einen würdigen Diskussionsgegner gefunden hatte. Doch ihr Vater war gar nicht an einer Diskussion interessiert; vielmehr wollte er scheinbar endlich offiziell Frieden schließen.

Seit dem Abendessen bei ihren Eltern, bei dem Leticia sein Hemd unabsichtlich in Wein gebadet hatte, hatten sie sich nicht mehr gesehen und auch nicht mehr miteinander gesprochen.

„Wofür?", fragte Maxim. „Ich habe dir Unrecht getan. Du bist ein guter Mann.", sagte er in seinem spanischen Akzent. Maxim hielt seinem Blick stand und lächelte. Er fand es eine schöne Geste, dass ihr Vater sich bei ihm entschuldigte, obwohl er das aus seiner Sicht gar nicht nötig hatte. „Schon in Ordnung. Ich kann das verstehen. Ich werde jeden Mann, den Noemi kennenlernt, genau so behandeln." Leticias Vater lachte leise. Es klang ein wenig wie das Lachen des Weihnachtsmanns.

„Ich habe viel Respekt für dich. Du hast ohne zu zögern die Verantwortung für Noemi und Leticia übernommen, so wie es sich für einen richtigen Mann gehört. Ein anderer Mann hätte sie vielleicht verflucht und zum Teufel gejagt. Es beruhigt mich zu wissen, dass du jetzt für sie da bist."

„Jetzt, wo Sie mit Ihrer Frau nach Spanien gegangen sind, bin ich das letzte Bisschen Familie, das sie noch in Deutschland hat. Sie können sich auf mich verlassen. Sie müssen sich keine Sorgen um sie machen. Ich werde immer für die beiden da sein und für sie sorgen. Sie sind meine Familie."

Leticias Vater lächelte versonnen. „Das weiß ich." Maxim erkannte, dass dies ein guter Moment für eine Überleitung zu seinem eigentlichen Anliegen war.

„Ich will mich umgekehrt aber auch auf Sie verlassen können." Leticias Vater musterte ihn skeptisch. „Leticia macht sich wirklich große Sorgen um Sie." Ihr Vater seufzte schwer. „Ich möchte nicht, dass sie sich Sorgen um mich macht." Maxim lächelte mild, dann wurde er ernst.

„Ich möchte das auch nicht. Um das zu vermeiden, muss Leticia sich darauf verlassen können, dass Sie ihre Medikamente regelmäßig nehmen." Herr Díaz musterte ihn mürrisch. „Das entscheide immer noch ich. Ich brauche diesen Schwachsinn nicht. Mir geht es schon wieder besser."

„Weil Sie im Krankenhaus Medikamente bekommen haben. Deshalb geht es Ihnen besser. Sobald sie die nicht mehr nehmen, wird ihr Herz wieder schwächer. Natürlich ist das nicht schön, aber früher mussten die Menschen an einer Herzschwäche sterben. Heute können die Tabletten ihr Leben einfach verlängern. Es ist keine Schande, dass Sie Medikamente einnehmen müssen. Ganz viele Menschen müssen das."

Leticias Vater musterte Maxim überrascht. Mit einer solchen Ansprache hatte er nicht gerechnet. Seine Augen funkelten angriffslustig. „Bei allem Respekt, Junge, aber das ist immer noch meine Entscheidung.", sagte er entschieden. Maxim schüttelte energisch den Kopf.

„Bei allem Respekt, das ist es nicht.", erwiderte er, „Wenn Sie ihre Medikamente nicht nehmen, wird ihre Gesundheit sich weiter verschlechtern. Sie werden irgendwann daran sterben. Ich glaube nicht, dass das in ihrem Sinne ist. In meinem ist es auch nicht, denn ich bleibe dann mit ihrer Frau, Leticia und meiner Tochter allein zurück und muss ihnen erklären, dass ich versagt habe. Ich möchte das nächste Mal nicht herkommen, um Sie zu Grabe zu tragen und dabei meine weinende Frau im Arm zu halten. Ich möchte sie nicht zur Beerdigung ihres Vaters begleiten und meiner Tochter erklären müssen, wieso ihr Opa uns frühzeitig verlassen musste. Sie gehören jetzt zu meiner Familie und in meiner Familie wird nicht einfach so leichtsinnig gestorben; nicht durch einen Sturz von einer Leiter, weil man zu ungeduldig ist, und nicht durch die falsche Einnahme von Medikamenten, weil man glaubt, zu stolz zu sein. Sie haben schließlich ebenso eine Verantwortung ihrer Familie gegenüber wie ich es habe."

Die Augen des Mannes gegenüber von ihm funkelten bitter, doch Maxim ignorierte, dass sein Gesichtsausdruck so ernst geworden war wie in der Nacht, in der er ihn das erste Mal in Leticias Wohnzimmer gesehen hatte.

„Ich erwarte, dass Sie Leticia auf unserer Hochzeit zum Altar führen und sie mir übergeben, mit uns anschließend ausnahmsweise guten Wein trinken, etwas essen und mit uns feiern, bis die Sonne aufgeht. Und ich erwarte, dass Sie sich um ihre zukünftigen Enkelkinder kümmern, die Leticia mir sicherlich bald darauf schenken wird. Ich meine, wollen sie die denn nicht kennenlernen, im Arm halten, mit ihnen spielen und sie aufwachsen sehen?"


Also so im Nachhinein finde ich es ja ein bisschen übergriffig von ihm, dass er sich da so einmischt, ne? Oder was sagt ihr? Und habt ihr eigentlich meine neue Geschichte schon gesehen? Sie heißt "Tausend mal" und ist jetzt auf meinem Profil zu finden. Möglicherweise müsst ihr euch ja doch noch nicht ganz von Nika, Marten, Cassie und John verabschieden :p

Wie ein TattooWo Geschichten leben. Entdecke jetzt