02 | Keine neuen Freunde

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Meet Maxim 😁

Maxim seufzte tief und versuchte, die dunkelhaarige Frau gegenüber mit seinem mürrischen Gesichtsausdruck einzuschüchtern. Sie war eindeutig zu alt, um seinem Charme zu erliegen, also probierte er es gar nicht erst. Der Stoff seines grauen Hoodies spannte, als er seine muskulösen Arme auf dem Tresen des Check-In-Schalters ablegte. Sie hatte ihn sowieso bereits in die Schublade des tätowierten Asis gesteckt, als sie gesehen hatte, dass er bis zum Hals komplett tätowiert war. Im Grunde bekam sie jetzt lediglich das, was sie erwartete.

„Es muss doch aber irgendetwas geben, was Sie jetzt für mich tun können", sagte er und hob erwartungsvoll die Augenbrauen.

„Es tut mir leid, aber mir sind die Hände gebunden", wiederholte die Mittfünfzigerin in ihrer weißen Bluse und ihrem dunkelblauen Blazer und setzte ein unechtes Lächeln auf. Maxim war die Lust zur Freundlichkeit endgültig vergangen.

„Das ist also wirklich der einzige Flug, der heute nach Hamburg geht?", fragte er stirnrunzelnd.

„Wie ich schon sagte, es ist leider ihre einzige Option. Der andere Flieger ist komplett ausgebucht."

Maxim wog kurz ab, den Termin spontan abzusagen. Eigentlich war das überhaupt nicht seine Art, aber er konnte schließlich nichts dafür, wenn sich seine Airline gestern Abend spontan dazu entschieden hatte, heute zu streiken und sämtliche Flüge zu streichen. Die Ankündigung hatte ihn erst viel zu spät erreicht, so dass er erst hier am Flughafen wie viele andere Passagiere dazu gekommen war, seinen Flug umzubuchen.

„Sie könnten natürlich auch auf Kosten der Airline mit dem Zug-", setzte die Frau nervös an und strich sich durch ihre kurzen Haare.

„Wann soll ich in Hamburg ankommen? Nächste Woche?", fragte er kopfschüttelnd. „Okay. Ich nehme den Flieger."

Er hörte ein paar Passagiere in der Warteschlange hinter sich erleichtert aufatmen. Mit düsterem Gesichtsausdruck fuhr er herum und starrte in das Gesicht eines alten, dicken Mannes, dem bereits seine grauen Haare ausfielen, was ziemlich beschissen aussah.

Eine ein halbes Jahrhundert jüngere, wasserstoffblonde Bitch, die vermutlich einmal zu oft auf dem Solarium eingeschlafen war, versteckte sich hinter ihm. Sie sah aus wie eine dieser billigen und völlig überschminkten Ostblock-Nutten. Passend zu ihrem Image trug sie pinken Lippenstift, kaute auf einem Kaugummi herum und senkte jetzt schnell ihren Blick auf ihre roten Fingernägel, die für seinen Geschmack viel zu lang waren. Aber wahrscheinlich war es genau das, was diesem Aushilfsdaddy im Anzug an ihr gefiel. Ob sie ihn überhaupt ranließ?

„Gibt es irgendein Problem?", fragte Maxim gereizt und musterte das ungewöhnliche Pärchen herausfordernd und fuhr sich mit der flachen Hand über den Dreitage-Bart. Der alte Mann schluckte und schüttelte den Kopf.

„Ich habe noch einen Sitzplatz ganz vorne in der ersten Klasse", rettete die Dame am Check-In-Schalter die Leben des Mannes und seiner billigen Begleiterin. Er drehte sich wieder zum Schalter. „Nehme ich", sagte Maxim knapp. Sie tippte ein wenig auf der Tastatur herum, bevor sie ihm schließlich lächelnd seinen Boarding Pass reichte. „Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Flug."

Er nickte, steckte den Boarding Pass in die Gesäßtasche seiner hellen Jeans und bahnte sich dann zielstrebig den Weg in Richtung Sicherheitskontrolle. Von dort aus steuerte er die Business Lounge an, wo ihn allerdings die nächste unangenehme Überraschung des Tages erwartete.

„Es tut mir leid, aber mit diesem Ticket haben Sie hier keinen Zutritt."

Maxim starrte die – zugegeben recht hübsche – Mitarbeiterin am Einlass irritiert an. Er schätzte sie auf Ende Zwanzig. Also setzte er selbstsicher sein charmantestes Lächeln auf.

Wie ein TattooWo Geschichten leben. Entdecke jetzt