55 Geständnis

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Die Party, die gerade noch im vollen Gange war, verstummt jetzt mit einem Mal. Die Augen der Gäste liegen auf uns und ich kann nur gespannt zwischen Leandro und dem Typen vor mir hin und her sehen.

,,D-eine F-frau?" Die Angst, die plötzlich in seiner Stimme mitschwingt, ist nicht zu überhören. Leandro erwidert nichts auf seine Frage und sieht ihn bloß weiter wutentbrannt an. Das reicht auch schon. Der Typ vor mir entschuldigt sich mit einem Zittern und verschwindet schneller, als er gekommen ist.

,,Was ist?" Leandro wendet sich mit einer ironisch lauten Stimme an die Gäste, die sich augenblicklich wieder von uns wegdrehen und weiter feiern, als wäre nichts geschehen. Alle außer mir, ich stehe noch immer stocksteif da und kann meinen Blick nicht von Leandro nehmen. Hat er mich gerade als seine Frau betitelt?

,,Komm mit" er packt mich grob am Arm und zieht mich hinter sich die Treppe her.

,,Es tut mir leid, ich hätte nicht nach unten kommen sollen, ich-" Leandro unterbricht mich, indem er seine Stirn an meine legt und schweratmend die Augen schließt. Wir stehen im Schlafzimmer und ich traue mich kaum mich zu bewegen. Leandro ist so undurchdringbar, man weiß einfach nie, was er gerade denkt. Und das macht ihn zu einer tickenden Zeitbombe.

,,shh, sag nichts" er presst mir einen Finger an die Lippen ,,Ich muss mich... bei dir entschuldigen. Was ich getan habe, war nicht in Ordnung. Ich wollte dir nicht weh tun" Seine Stimme klingt aufrichtig.

,,D-du bist also nicht böse auf mich?" flüstere ich, während er als Antwort den Kopf schüttelt.

Seine Stirn ist noch immer gegen meine gepresst und ich kann seinen warmen Atem an meiner Wange spüren. Wir sind uns so nah, dass mein ganzer Körper zu kribbeln beginnt.

,,Was machst du nur mit mir?" Seine Stimme ist so leise, dass ich die Worte fast nicht verstanden habe. Doch das habe ich. Und mein Herz droht dabei stehen zu bleiben.

,,Lass mich gehen" sage ich genauso leise, auch wenn ich das eigentlich gar nicht möchte. Ich möchte das Leandro will das ich bei ihm bleibe. Das er mir die Wahl lässt und mich nicht mehr einsperrt. Das wir von vorne anfangen können. Aber vielleicht ist das auch ein bisschen zu viel Wunschdenken. Und die noch viel wichtigere Frage ist, könnte ich nach allem was passiert ist wirklich mit ihm zusammen sein?


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Leandro ist zurück nach unten zur Party gegangen, die er schmeißt, weil er, ich zitiere, "Mehr Ablenkung braucht". Was das Wort mehr bedeutet und was seine andere Ablenkung ist, weiß ich nicht. Aber mein Gefühl hat mir gesagt, dass ich es auch gar nicht wissen will. Also habe ich nicht gefragt.

Was machst du nur mit mir, ein Satz der mir seit diese Worte seinen Mund verlassen haben, nicht mehr aus dem Kopf geht. Ist es ein Satz der neue Hoffnung schöpft? Sollte ich mir Sorgen machen? Oder ist das ganze wieder nur eins seiner Spielchen? Ich könnte mir stundenlang den Kopf darüber zerbrechen, aber am Ende stehe ich wieder bei null.

Was machst du nur mit mir, Leandro?


Es ist spät am Abend, als sich die Zimmertür öffnet und ich Leandros Gestalt durch die Dunkelheit erkennen kann. Zur Sicherheit knipse ich trotzdem kurz das Nachtlicht an. In diesem Haus weiß man nie.

,,Du bist ja noch wach" stellt er stirnrunzelnd fest. Seine Augen sind gerötet. Er hat getrunken. Oder gekifft. Oder beides. Meine Vermutung bestätigt sich, als er sich neben mich aufs Bett legt und ich den Alkohol an ihm rieche. Na super. Ein betrunkener Leandro hat mir gerade noch gefehlt. Ein paar Männer werden anhänglich, wenn sie betrunken sind. Andere aggressiv. Bei Leandros sonst so impulsiver Art, würde ich daher auf zweiteres tippen. 

Dunkles Vertrauen - Kein Weg zurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt