Dunkles Vertrauen - Kein Weg zurück

66 weiße Rosen

Leandro hat das kleine Schlamassel vor der Eingangstür entdeckt. Ich konnte ihn aus dem Fester aus beobachten. Er hat bestimmt fast 10 Minuten davor gestanden und einfach nur drauf geschaut. Göttlich! 

Für einen Moment habe ich erwartet, er würde gleich nach oben kommen und wieder die Tür eintreten. Ela hat es mir verraten. In seiner Wut hat er sie eingetreten, weil er dachte ich hätte mich dahinter eingeschlossen. Da habe ich ihn wohl ganz schön reingelegt. Aber da es ihm an Geld offensichtlich nicht mangelt, hat er sie gleich wieder reparieren lassen und jetzt sieht alles wieder aus wie vorher. 

Hochkommen tut er allerdings nicht. Die Tür bleibt wo sie ist, niemand klopft und ich höre keine wütende Stimme. Nichts. Gar nichts. 

Schade, offensichtlich hat ihn die Aktion doch nicht so auf die Palme gebracht, wie ich gehofft hatte. Vielleicht bekommt er so langsam aber auch einfach seine Aggressionen in den Griff.

Beim Abendessen ist Leandro nicht da. Dafür aber Jamila, worüber ich mich sehr freue. Dieser kleine Sonnenschein, macht mein leben hier immer erträglicher.

,,Katyyyyyyy" Sie zieht meinen Namen in die länge und wippt freudig auf und ab, als sie mich sieht.

,,Na meine süße" Ich gebe ihr ein Highfive und setze mich ihr dann gegenüber.

,,Es riecht super Ela! Was gibt es denn?" Ich linse neugierig zur Herdplatte rüber.

,,Croquetas!" ruft sie aus und kommt gleich darauf mit einer Pfanne zum Tisch.

,,Aber... das... das ist mein Lieblingsessen!" Ich strahle. Ja, ich strahle wirklich. Wann habe ich die das letzte Mal gegessen? Es ist schon viel zu lange her.

,,Ich weiß, liebes. Leandro hat mir den Auftrag gegeben sie zuzubereiten" 

Ich staune nicht schlecht über Elas Worte. Leandro hat ihr den Auftrag gegeben mein Lieblingsessen zu kochen. Woher wusste er überhaupt davon?

,,Außerdem sagte er mir ungefähr 15 mal, wie leid es ihm täte und das er um Verzeihung bittet" Sie verdreht spielerisch die Augen und ich kann mir mein Lachen nur leicht verkneifen.

,,In über 20 Jahren habe ich noch nie so oft eine Entschuldigung aus dem Mund dieses Mannes gehört. Ich bezweifele, dass er sich überhaupt schon mal bei irgendwem entschuldigt hat" die letzten Worte murmelt sie mehr zu sich selbst, als zu mir. Ich starre bloß weiterhin auf das essen und weiß noch nicht genau, wie ich mit der Situation umgehen soll. Er hat ihr 15 mal gesagt, wie leid es ihm tut? 

,,Mühe gibt er sich ja schon..." murmele ich zu Ela die nur kopfschüttelnd lächelt. Doch dann denke ich wieder an die Blumen, bei denen er sich nicht mal die Mühe gegeben hat, sie mir persönlich zu bringen, geschweige denn sie persönlich zu besorgen. Er macht es sich zu einfach und so schnell gebe ich nicht nach. Wollen wir mal sehen, wie lange er das ganze durchhält und wie schnell er wieder wütend werden wird.

Wir essen schweigend die Croquetas, die den deutschen Kroketten ziemlich nahe kommen, aber von den Spaniern nochmal abgewandelt wurden. 

,,Sie schmecken fantastisch Ela! Danke!" Ich esse glücklich zu Ende und beschließe anschließend mit Jamila eine Runde schwimmen zu gehen.

,,Katy, wo ist Lia? Sie ist verschwunden! Hast du sie gesehen?" Jamila hüpft aufgeregt auf und ab, als wir dem Wellnessbereich näher kommen, die Frage hat sie nur beiläufig gestellt. Trotzdem läuft es mir augenblicklich kalt den Rücken runter. Ja, was ist mit Lia? 

Ich muss gestehen in den letzten 2 Tagen, habe ich wenige Gedanken an sie verschwendet. Ich weiß nicht, was Leandro mit ihr gemacht hat. Hat er sie rausgeworfen? Hat er sie umgebracht? Oder lässt er sie noch immer hier arbeiten? Bei meinem letzten Gedanken bekomme ich eine Gänsehaut. Nach ihrer letzten Drohung würde ich das nicht schaffen, mit ihr unter einem Dach zu leben. Wer weiß, was sie mir antun würde.