26 Notlüge

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,,Nichts, ich...Au!" versuche ich mich zu rechtfertigen, doch der Druck an meinem Arm vergrößert sich bei jedem Wort.

,,Was ist so schwer daran einfach zu tun was ich dir sage und bei mir zu bleiben?!" sein Gesicht ist wutverzerrt und er zischt mir die Worte unkontrolliert entgegen.

,,Du hast mich nicht beachtet und ich habe mich gelangweilt, da dachte ich, ich könnte mich etwas umsehen" gebe ich kleinlaut aber auch ein wenig trotzig von mir.

Leandro atmet tief durch und schließt dabei kurz seine Augen, so als versuche er sich zu kontrollieren.

,,Es tut mir leid" werfe ich noch bettelnd hinterher, da er meinen Arm noch immer fest zusammendrückt.

,,Herrgott Katrina! Ich dachte du wärst abgehauen verdammt!" Er rauft sich bei den Worten durch die Haare und lässt dabei endlich von meinem, inzwischen pochenden, Arm ab.

Seine Worte treffen mich wie ein Blitzschlag und ich sehe mit geweiteten Augen auf die etwas weiter wegliegenden, aber dennoch gut sichtbaren, Straßen. Dahinter stehen riesige Gebäude auf allen Seiten verteilt und erst jetzt bemerke ich, dass wir uns hier direkt am Rand einer großen Stadt befinden. Ich war die ganze Zeit hier draußen und hätte Problemlos abhauen können. Vor dem Tor stehen Taxis, die bereit sind, ein paar der Gäste später nachhause zu fahren. Ich hätte nur dort einsteigen müssen und der Taxi Fahrer hätte mich zur nächsten Polizeistation gebracht. Doch nicht ein einziges Mal kam mir dieser Gedanke in den Sinn. Ich war meiner Freiheit so nah und dennoch stehe ich jetzt hier neben Leandro und meine Chance von ihm wegzukommen, ist vertan.

Noch vor ein paar Tagen hätten sich meine Gedanken um nichts anderes außer fliehen gedreht und ich hätte diese einmalige Chance längst genutzt. Doch jetzt stehe ich hier und sehe in Leandros Gesicht. Nicht sicher ob ich froh bin noch hier zu sein oder mich selbst dafür hasse, nicht darüber nachgedacht zu haben, abzuhauen.

,,I-ich hatte nicht vor abzuhauen. Ich habe nicht mal darüber nachgedacht. Ich wollte mich bloß ein wenig umsehen" antworte ich wahrheitsgemäß. Leandro studiert mein Gesicht eindringlich, als suche er darin irgendeine Bestätigung das ich Lüge. Aber am Ende scheint er mir zu glauben, denn seine Gesichtszüge entspannen sich etwas.

,,Du wirst mich um Erlaubnis fragen, egal was du tust, verstanden?"

,,Verstanden" wispere ich leise und folge ihm anschließend wieder nach drinnen.

Zurück im Wohnzimmer lässt er sich neben Marcelo aufs Sofa fallen und greift dabei zu einem Glas Whiskey, dass er in einem Zug leer trinkt. Unschlüssig was ich tun soll, bleibe ich einfach unsicher stehen und zupfe ein wenig an meinem Armband herum. Neben Leandro ist nicht viel Platz und ich habe keine Lust mich zwischen ihn und Marcelo zu quetschen.

Nach einer Weile in der Leandro mir wieder keine Beachtung schenkt, meldet sich meine Blase aus heiterem Himmel und scheint mich von der unangenehmen Situation erlösen zu wollen.

Ich räuspere mich ,,Ähm, wo ist hier das Badezimmer? Ich müsste mal zur Toilette"

Leandro sieht mich warnend an. ,,Wenn ich darf" füge ich daher schnell hinterher.

,,Aber natürlich liebe Katrina darfst du das. Du musst nur die Treppe nach oben und dann die erste Tür auf der linken Seite nehmen" ruft Marcelo aus und ich lächele ihm schüchtern zu.

Dunkles Vertrauen - Kein Weg zurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt