49 Bittere Erkenntnis

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Der nächste morgen lief ab, wie ich es mir vorgestellt hatte. Meine Eltern waren früh hier und haben nicht nur Lucia fest in die Amre genommen, sondern auch mich. Es ist das erste mal seit Jahren, dass ich ihre Berührungen wieder spüre und Worte könnten nicht beschreiben, wie sich das anfühlt. Wenn man Jahre lang kaum Kontakt zu seinen Eltern hatte und immer mehr merkt, wie sie einen von sich stoßen, dann ist es ein unglaubliches Gefühl mal wieder etwas von ihrer Liebe spüren zu können. Lucia ist der Schlüssel dafür und jetzt können wir endlich wieder eine Familie sein.

Für den Nachmittag hatte ich einen kleinen Ausflug für die 3 geplant. Keine 30min von meiner Wohnung liegt ein großer See mit angrenzendem Café. Ich habe mich extra nicht mit eingerechnet, denn ich bin mir sicher, sie haben sich einiges zu erzählen und nachzuholen. Diese Zeit möchte ich ihnen geben. Ich konnte die letzten Tage schon sehr viel Zeit mit Lucia verbringen, mit ihr sprechen und ihr zuhören. Jetzt sind meine Eltern dran.

Ich bin in 8 Minuten da, las ich im Stillen die Nachricht, welche Miguel mir vorhin geschickt hat. Das war vor ungefähr 5 Minuten, er sollte also gleich hier ankommen.

Ich habe ihn gebeten mich zu besuchen. Ein wenig Ablenkung kann ich gut gebrauchen und nachdem er mich und Lucia gestern zur Polizeistation gebracht hat, weiß ich, dass ich ihm vertrauen kann.

Um meine letzten Minuten zu nutzen, bevor er hier eintrifft, tue ich das, was ich hätte schon gestern tun sollen. Ich sende Aida eine Nachricht. Ich weiß es wäre besser sie anzurufen, doch ich fühle mich einfach nicht bereit. Vielleicht sind es meine Schuldgefühle, die mich davon abhalten.

'Aida, ich hoffe du nimmst es mir nicht übel, dass ich mich erst jetzt bei dir melde. Die letzten Tage waren hart für mich und gestern endlich wieder frei zu kommen, musste ich erstmal verkraften. Bestimmt hast du schon von all dem mitbekommen, womöglich ist es Thema Nummer 1 in den Nachrichten. Ich weiß, dass du dir Sorgen gemacht hast, dass du dachtest ich sei Tod. Und dafür möchte ich mich entschuldigen. Es tut mir leid Aida, alles. Alles was du meinetwegen durchmachen musstest. Sobald ich mich besser fühle, werde ich dich anrufen.'

Ich tippe auf senden, ehe es auch schon an der Tür klingelt. Ich habe den Kollegen schon Bescheid gesagt, dass ich Besuch erwarte und sie Miguel bis zur Wohnungstür durchlassen können.

Ich schließe ihn fest in die Arme und muss mich kontrollieren, nicht schon wieder zu weinen. In der letzten Zeit bin ich viel zu Emotional geworden. Wie ein Wrack, dass bei jeder Gelegenheit Tränen verliert. Früher war ich nie so und ich hasse Leandro dafür, dass er das aus mir gemacht hat. Ich hasse ihn dafür, dass er mich gefangen genommen hat. Ich hasse ihn dafür, dass ich mich trotzdem in ihn verliebt habe. Ich hasse ihn daf-...

,,Wie geht es dir?" Miguels Stimme reißt mich aus meinen Gedanken und er entfernt sich langsam ein Stück von mir , um mich zu mustern.

,,Du siehst müde aus" fügt er noch bei.

,,Ja. Ich konnte nicht gut schlafen. Das alles setzt mir mehr zu als ich geglaubt habe und ich habe Angst. Es ist noch nicht vorbei. Leandro wird mich niemals einfach so gehen lassen, dafür habe ich seinen Stolz viel zu sehr verletzt. Ich meine, ich bin kurz vor der Hochzeit abgehauen. Es muss eine Blamage für ihn sein"

,,Er wollte dich heiraten?" Miguel beißt die Zähne aufeinander und die Anspannung, die plötzlich seinen Körper umgibt, ist nicht zu übersehen.

,,Ja... er... er hat gesagt , er liebt mich. A-aber es war eine Lüge. Er hat mich betrogen. Ich bin auf ihn hineingefallen" stammele ich meine eigene Dummheit hinaus und könnte mich Ohrfeigen, dass ich wirklich so naiv war und ihm geglaubt habe.

Dunkles Vertrauen - Kein Weg zurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt