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Am Samstag und Sonntag hat Xavier keine Zeit für mich, da er arbeiten muss; nebenbei hat er mir immer noch nicht gesagt, wo er denn jetzt arbeitet. Jedoch am Montagmorgen holt er Sammy und mich ab und fährt mit uns zur Schule. Er scheint ziemlich angespannt zu sein, was ich nicht verstehen kann, da wir bestimmt zehn Minuten zu früh sind, und die ganze Zeit läuft ein Lied in Dauerschleife. Spinnt sein Handy oder was ist los?

„Geht es dir nicht gut?", frage ich ihn besorgt.

„Ne, alles gut. Das Wochenende war nur stressig", meint er.

„Ah, deine Arbeit. Wo arbeitest du noch gleich?"

„Shane", sagt er genervt, „Ich sage es dir nicht."

Einen Versuch war es Wert. Ich bekomme das schon noch heraus. Wieso versteckt er das eigentlich so? Arbeitet er als Stripper, oder was? Ich verurteile ihn schon nicht.

Als wir bei der Schule ankommen, springe ich, sobald der Wagen hält, raus und sage, dass ich uns schon mal Plätze sichere. Die Tribüne in unserer Sporthalle ist nicht die größte und ich will nicht so lange stehen. Eine Stunde wird die Einführung in die Projektwoche sicher gehen und das würde ich im Stehen nicht aushalten. Drinnen sind schon ein paar Leute, doch schaffe ich es drei Plätze direkt in der zweiten Reihe zu ergattern, die ich dann auch mit Händen und Füßen verteidige. Circa fünf Minuten muss ich warten bis Samanta sich neben mich setzt, Xavier ist nicht in ihrer Begleitung.

„Wo hast du denn Xavier gelassen?", frage ich verwirrt.

„Der kommt nicht hierher", meint sie. Sie wirkt verärgert; ihre ganze Haltung zeigt mir dies. Die Arme hat sie vor der Brust verschränkt, sie sitzt aufrechter als sonst und ihr ganzer Körper scheint angespannt zu sein. Hinzu kommt ihr Gesichtsausdruck.

„Ist was passiert? Warum bist du böse? Hab ich was gemacht?"

„Nein, Shane, alles gut. Ich habe gestern Abend nochmal Domino im Internet recherchiert und habe da herausgefunden, dass-" Weiter kommt sie nicht, da sich ihre Freundesgruppe zu uns setzt und laut anfängt zu schnattern, dass sie ja so gespannt sind und alles. Und dann nimmt unser Schulleiter auch schon das Mikrophon in die Hand und begrüßt uns alle.

„Wie ihr sicher schon mitbekommen habt geht das Gerücht herum, dass nach fast 30 Jahren das erste Mal wieder eine Musikgruppe Teil der Projektwochen sein wird. Dies haben wir dem Schüler zu verdanken, der Teil dieser Gruppe ist. Aber ich will auch nicht zu viel verraten. Hier kommt Domino!"

Schnell verzieht er sich in die erste Reihe, wo auch die ganzen Lehrer sitzen und eine Gruppe von acht Leuten geht in die Mitte der Sporthalle. Ich sehe nicht viel, aber ich kann Umrisse erkennen und hören, dass Sammys Freundinnen erstaunt die Luft einziehen und dann fragen, ob „Das" Xavier sei. Das würde zumindest erklären, warum er heute so nervös ist. Warum meine Schwester deswegen sauer ist, kann ich aber nicht verstehen. Schön, er hat es uns verheimlicht, aber vielleicht sollte er das so machen. Das weiß man ja nicht.

„Hier, du Blindschleiche", meint Samanta und drückt mir meine Brille in die Hand. Ich nehme sie ihr ab, setze sie aber nicht auf.

„Shane! Es interessiert sich gerade niemand für dich", zischt sie mich an. Kann sie ihre schlechte Laune bitte nicht an mir auslassen, ich habe ihr nichts getan. Trotzdem höre ich auf sie und setze meine Brille auf. Nun kann ich die Umrisse auch genau sehen. Xavier trägt nicht mehr das, was er eben im Auto anhatte. Anstelle seines Pullovers und der einfachen Jeans hat er nun eine schwarze, etwas höher geschnittene, Hose mit Gummibund an und ein Shirt mit Rollkragen, worüber er eine rote Stoffjacke mit Reißverschluss trägt, die in die Hose gesteckt ist und nur halb zu ist. Die ganze Gruppe trägt schwarz mit roten Akzenten und alle haben ein schnurloses Mikrophon in der Hand. Sie sagen nichts, sondern formieren sich nur wie ein Gänseschwarm, der übern Himmel fliegt und warten dann anscheinend darauf, dass die Musik losgeht. Das Lied, was Xavier im Auto eben auf Dauerschleife gehört hat fängt an zu spielen und die Person, die ganz vorne steht fängt an zu singen. Generell kommt es der Aufnahme sehr nahe, nur ist es ab und zu etwas wackeliger, da die dabei ja auch noch tanzen. Ich könnte sowas ja nicht, aber es ist spaßig dabei zuzugucken. Das Lied ist eine Mischung aus Gesang und Rap und Xavier macht da irgendwie so ein Zwischending; was Musik angeht habe ich nicht wirklich eine Ahnung, muss ich ja aber auch nicht haben.

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