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Den Abend vor dem „großen Tag" nochmal spaßig zu gestalten, ist genau das richtige. Lehrer sagen ja auch immer, dass man abends vor den Arbeiten nicht mehr lernen soll, da es erstens nichts mehr bringt und es zweitens nur Stress verursacht. Und so konnte ich Xavier ein bisschen auf andere Gedanken bringen. Ich denke auch, hätten wir das nicht gemacht, wäre er jetzt vollkommen durch den Wind und könnte kaum noch still stehen. Die Performance haben wir hinter uns. Für mich persönlich lief es besser, als das Schulevent, da ich heute nicht krank bin und auch nicht so viele Leute zuschauen. Vier insgesamt. Dysmas, Eugene, Ryan und der CEO. Also eine Person, die die Choreo -die wir übrigens auch selbst zusammengebastelt haben- beurteilt, eine Person, die den Gesang beurteilt, eine Person, die den Rap beurteilt und zum Schluss die wichtigste Person, die über das Gesamtbild entscheidet und beschließt, ob wir alle durchkommen. Ansonsten sind nur wir hier. Ganz entspannt.

„Wer hat das Lied geschrieben?", fragt der CEO. Er wirkt ziemlich fies und grummelig, aber vielleicht ist das nur Fassade.

Selbstsicher hebe ich die Hand, lächeln tue ich trotzdem nicht. Es könnte ja jemand -mein Freund- denken, ich würde das alles auf die leichte Schulter nehmen.

Antworten tut der Grummel-Peter nicht, er schreibt nur irgendwas auf und fragt dann andere Fragen, nicht an mich persönlich. Zum Beispiel, wer die Choreo gemacht hat, wer alles gemanagte hat und so weiter. Der Tanz kommt größten Teils von Avery und natürlich hat Xavier alles geregelt, wie auch, dass unsere Outfits farblich abgestimmt sind.

„Okay. Keine weiteren Fragen. Ihr könnt gehen."

Verwundert sehe ich zu Xavier, doch er geht wirklich einfach, also muss das wohl normal sein. Ich und die anderen folgen ihm.

Auf dem Flur erklärt er uns dann, dass die sich jetzt erstmal austauschen und beraten und uns danach wieder reinbitten werden. Wie lange das dauern wird, kann unterschiedlich sein.

„Na, wie lief?" Ling, die ja zur Zeit „arbeitslos" ist, ist um die Ecke gekommen. Dass wir hier so stumm herumstehen, muss sie so gedeutet haben, dass wir schon fertig sind.

„Gar keine Ahnung", antwortet Chris und zuckt mit den Schultern, „Es ist schwer einzuschätzen."

„Oh Gott, ja. Der ist immer so drauf. Tut immer so, als sei alles Top-Secret. Richtig nervig. Aber habt ihr Fehler gemacht?"

Jon setzt gerade an zu antworten, da schnauze ich Xavier an, dass er seine Finger aus dem Mund nehmen soll. Wenn er gestresst ist kaut er da immer drauf herum, manchmal geht es sogar soweit, dass es anfängt zu bluten. Er scheint mich aber nicht wahr zu nehmen und starrt gedankenversunken ins Leere. Besorgt gehe ich zu ihm und versuche ihn an der Schulter wachzurütteln. Währenddessen ist es bei den anderen still.

„Entschuldigung. Redet ruhig weiter", fordere ich sie auf. Zum Glück wenden sie ihre Blicke ab, oder versuchen es zumindest, und reden weiter über unsere Leistung eben. Sanft schließe ich meine Hand um Xavs Handgelenk und ziehe ihm die Finger aus dem Mund. Seinen Zeigefinger hat er sogar schon aufgebissen. Dieser Trottel. Wie bekommt er das nicht mit? Das muss doch wehtun. Leicht schlage ich auf seine Wange, was zu meinem Erstaunen Wunder bewirkt. Blinzelnd kommt er in die Realität zurück und verzieht dann das Gesicht. Er seufzt und betrachtet dann seinen Finger. Ohne ein Wort löst er sich aus meinem Griff und geht einfach. Verwirrt gucke ich ihm hinterher. Soll ich ihm nachlaufen? Dann hätte er sich doch nicht losgerissen, oder?

Ich muss nicht lange rätseln. Nach ein paar Minuten kommt er mit einem Pflaster zurück und streckt es mir hin. Ich nehme es entgegen und klebe es dann auf die Wunde.

„Wir wären dann soweit." Dysmas Stimme lässt mich zusammenzucken. Ich stehe mit dem Rücken zur Tür, habe es somit nicht kommen sehen.

Xaviers nimmt meine Hand und geht dann mit mir voraus. In einer Reihe stellen wir uns vor der „Jury" auf. Jon, auf der anderen Seite neben mir, wirkt fast aufgeregter als mein Freund. Zur Beruhigung nehme ich auch seine Hand. Das wird schon.

SlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt