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In den zwei Wochen bis zu Samantas und meinem Geburtstag passiert nicht mehr viel. Die Geschichtsklausur meistere ich mit voller Punktzahl. Samanta hat ihre Wette immer noch nicht gemeistert. Mein Gesicht wurde erst von Tag zu Tag schlimmer, unter meinen Augen war es erst dunkel lila, bis es irgendwann grün und dann gelb wurde, jetzt ist es kaum noch zu erkennen. Mit Xavier habe ich mich nicht mehr getroffen und tatsächlich bin ich auch am Wochenende nicht feiern gegangen; mein Gewissen stand wir da im Weg. Stattdessen habe ich auf meinem Bett gehockt und bis zum Umfallen Serien geguckt. Heute ist Freitag und mein Gibs kommt ab, damit ich nachher, zu unserem Geburtstag Übermorgen und zu unserer großen Feier morgen Nacht, nicht ganz so komisch aussehe. Zudem war das ganze Gedöns ziemlich unpraktisch; meine Mutter musste mir die Haare waschen, weil ich immer noch nicht weiß, ob ich duschen darf oder nicht. Meinen Körper habe ich in der Wanne gereinigt.

Mit meiner Mutter sitze ich nun, anstatt in der Schule zu sein, im Krankenhaus und zusammen warten wir, bis ich endlich aufgerufen werde. Diesmal bin ich wirklich Shane und nicht Steve Gurney, es weiß ja inzwischen auch jeder, dass ich mir die Nase gebrochen habe und ich muss es nicht mehr verstecken.

„Kommt dein Freund morgen auch?", fragt Mum nach.

„Mum, er ist nicht mein Freund", sage ich quengelnd.

„Dann muss ich die Symptome falsch gedeutet haben." Lächelnd stößt sie mir sachte in die Seite. Wieso denkt das denn nur jeder? Samanta geht mir damit auch schon die ganze Zeit auf die Nerven und diese Woche hat irgendein Witzbold X+S im Herz an die Tafel geschmiert. Die Lehrer haben sich nicht mal darüber gewundert.

„Was habe ich denn für Symptome?", frage ich und schmolle.

„Du lächelst dein Handy an, wenn du mit ihm schreibst. Dann ist er die erste Person, mit der du auf ein Date gegangen bist, auch der erste, der dir Knutschflecken machen durfte. Und so weiter."

„Naja von dürfen sprechen wir mal nicht", berichtige ich sie, „Außerdem lächle ich gar nicht, wenn wir schreiben."

Nun ja... Ich kann sie schon ein bisschen verstehen. Xavier hat mich ein wenig verändert, aber ich habe keine Gefühle für ihn. Er hat zwar welche für mich, aber ich bin verschont geblieben.

Unser Gespräch wird von einer Krankenschwester unterbrochen, die uns ins Behandlungszimmer bittet. Das Entfernen und alles geht recht schnell. Dann wollen die aber noch ein Röntgenbild machen, um zu überprüfen, ob der Knochen wirklich geheilt ist. Bis der Raum aber frei ist, müssen wir noch warten, also stellt der Arzt mir ein paar Fragen: „Haben Sie Sport gemacht?"

Ich antworte mit: „Nein. Immerhin war mir dies untersagt."

„Also hatten Sie auch kein Sex?"

„Meine Mutter sitzt hier", mache ich ihn darauf aufmerksam.

„Das tut ja nichts zur Sache. Ja oder nein?"

„Kommt drauf an, wie Sie Sex definieren", antworte ich möglichst provokant, damit niemand mitbekommt, wie unangenehm mir das ist, meine Mum will ich gar nicht ansehen.

„In diesem Fall ist da Anal- und Oralsex mit eingeschlossen."

„Dann antworte ich mit Ja. Niemand hat mir gesagt, dass ich das nicht machen darf." Konsequent weiche ich den Blicken meiner Mutter aus. Wahrscheinlich will sie mich gerade erdolchen.

„Na gut. Hatten Sie dabei Schmerzen im Nasenbereich?"

„Soweit ich mich erinnern kann nicht."

Der Arzt nickt, als sei dies ein gutes Zeichen. Na immerhin etwas. Auch nur ein paar Minuten später wird der Röntgenraum frei und wir können uns dorthin bewegen. Die Aufnahmen werden gemacht und ich kann mich mit meiner Mutter erstmal wieder in den Wartebereich setzen. Auch hier weiche ich wieder ihrem Blick aus. Das ist mit Sicherheit einer der unangenehmsten Momente meines Lebens.

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