Kapitel 25

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Chase

»Hätte ich am Anfang gewusst, dass wir nur die Drecksarbeit erledigen sollen, hätte ich die Stelle nie angenommen!«, beklagt sich Keaton schon zum hundertsten Mal an diesem Montag. Seit ungefähr drei Stunden habe ich beschlossen ihm einfach nicht mehr zuzuhören und so zu tun, als seien seine Worte ein Zirpen eines Insekts. Eine Mücke oder eine Biene, etwas sehr Lästiges eben.

»Wenn er sich noch einmal beschwert, lassen wir einen dieser schweren Kisten auf ihn fallen!«, droht Seth leise neben mir als wir eine Holzkiste gemeinsam anheben und aus dem LKW laden. »Vielleicht auch schon früher«, knurre ich und spanne meine Arme an um die Lasten tragen zu können. Wir drei schuften schon den ganzen Tag hier am Hafen und hatten bis jetzt nur eine Pause. Ganze sieben Minuten hatten wir die Gelegenheit uns auszuruhen und Wasser zu trinken. Dann tauchte der Abteilungsleiter auf und machte uns die Hölle heiß. Er drohte andauernd damit uns bei Mr Princeton anzuschwärzen, wenn wir unsere Pflichten nicht erfüllen. Keaton war so oft kurz davor ihm die Meinung zu geigen, doch Seth und ich hielten ihn zurück. Der Job war scheiße und man behandelt uns wie Sklaven, aber wir hatten einen festen Lohn. So bekommen wir die Chance in die Zukunft denken zu können und ich kann Mom Geld auf ihr Konto überweisen. Es ist zwar nicht viel, aber für mein Gewissen reicht es aus. Beinahe.

»Was transportieren wir hier gerade eigentlich? Leichen?« Seth seufzt auf als wir ungefähr ein Drittel des Weges bis zum Schiff hinterlegt haben. »Wir transportieren den gleichen Scheiß, den wir letzte Woche in Kisten geladen haben!«

»Hat Mr Princeton dafür nicht Lieferanten? Wieso dürfen die auf dem Schiff lungern und Kaffeetrinken, während wir hin und her laufen?«

»Vielleicht turnt es die Arbeiter an«, meine ich spöttisch und spucke auf den Boden. Zu zweit robben wir die schwere Kiste bis zum Hafen und dann über den Steg zu dem Schiff. Die LKW-Zufahrt ist eine halbe Meile entfernt und es ist eine reine Frechheit, dass wir zu Fuß diesen langen Marsch zusammen mit den Kisten überbrücken müssen.

Immer, wenn wir die Firma betreten und uns an die Arbeit machen, gleiten meine Gedanken leider Gottes immer an das blonde Biest ab. Leila präsentierte mir gestern am Strand die neusten Bilder aus der High Society und nur unschwer erkannte ich Blondie am Rande des Pools. Ihren zierlichen Körper betonte ein weißer Bikini, der eigentlich verboten sein sollte. Das ich mir dieses Bild abends in meinem Bett angeschaut habe und an jede einzelne Körperstelle ran gezoomt habe werde ich vor niemanden laut zugeben! Dafür könnte man mich lebenslänglich in die Klapse stecken und ich selbst wäre nicht einmal überrascht darüber.

Der weiße Stoff klebte an ihr wie eine zweite Haut und ich stellte mir oft vor wie sie ausgesehen hätte, wenn ich sie von Kopf bis Fuß erblickt hätte. Ich verfluchte Nobody bis eben dafür, dass sie keine besseren Bilder hochgeladen hat. Mir geht einfach nicht aus dem Kopf wie unser Aufeinandertreffen am Steg war und wie sie mich mit ihren verflucht runden, blauen Augen angesehen hat. Shit, ich muss dringend an etwas anderes denken. Zum Beispiel an das was sie meiner Familie angetan hat. Perfekt, so verpuffen die strahlend blauen Augen in meinem Gedächtnis ein wenig und hervortritt ein saures Gefühl.

»Wir sollten eine Gehaltserhöhung beantragen.«

»Das glaubst du ja wohl selbst nicht«, knurre ich Augenverdrehend und weiche einem Arbeiter aus, der mit seinem Thermobecher an uns vorbeiläuft als wären wir Luft. Anstatt zu helfen, nippt dieser wohltuend an seinem Becher. Arschloch. »Wir sollten uns viel lieber auf die Schule konzentrieren und nicht hier schuften wie die Tiere.« Beinahe rutscht Seth und mir die Kiste aus, doch im richtigen Moment fasse ich weiter rechts und stabilisiere so den Halt. »Du hörst dich schon an wie Leila und jetzt halt die Klappe und lauf schneller. Keton ist schon längst auf dem Schiff.« Leila war nicht froh über unseren neuen Job, aber sie muss sich wohl oder übel damit abfinden. Sie glaubt nicht, dass Mr Princeton aus guten Absichten gehandelt hat und denkt er führt etwas im Schilde. Klar, möchte er uns mit diesem Aushilfsjob nicht retten, aber ich kann mir schlecht vorstellen, dass er uns drei eines Tages in ein dunkles Loch zerren wird. Meiner Meinung nach möchte er uns bloß im Auge behalten und dafür sorgen, dass wir uns seiner Tochter nicht mehr nähern. Er stellte uns wegen seinen väterlichen Pflichten an und möchte Melodys Sicherheit gewehrleisten. Nur so kann ich mir das ganze hier erklären, nur hat er sich damit mächtig getäuscht. Durch diesen Job haben wir eine bessere Bindung an die Leute hier. Darauf folgt noch die Tatsache, dass Blondie vor einigen Tagen bei mir auf der Matte stand- ohne ihren Daddy.

Broken Shine - Wenn aus Rache Liebe wird 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt