Kapitel 46

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Chase

Hemd, eine vernünftige Jeans und ordentlich gestylte Haare.

Genau sieht also das Leben für Millionen von Menschen aus? Sie ertragen es sich jeden Tag akkurat fertigmachen zu müssen und haben nicht das Verlagen alles hinzuschmeißen und sich einen Dolch zu schnappen?

Seufzend betrachte ich mein eigenes Spiegelbild und widerstehe dem Drang die Knöpfe des weißen Hemdes aufzuknöpfen um es anschließend in den Mülleimer zu werfen. Oder am besten ganz über Bord, damit es keiner zurückholen kann. Zu dem weißen Hemd trage ich eine schwarze Jeans, die keine Löcher hat und weiße Sneakers. Dieses Outfit ist das ordentlichste welches ich in meinem gesamten Leben jemals trug. Meine Haare liegen ordentlich gekämmt und gestylt, keine Strähne lugt hervor. Zum Schluss lege ich noch etwas Aftershave an, dann bin ich fertig fürs Theater heute Abend.

Es klopft an der Badezimmertür. Keaton stürmt hinein ohne auf meine Antwort zu waren. Seit heute Vormittag als ich ihn zusammen mit Melody Princeton gesehen habe, ist die Stimmung zwischen uns beiden kühl. Obwohl das stimmt, nicht. Meine Stimmung ist schon seit gestern Abend vollkommen im Eimer, ich fühle mich so schlecht wie schon lange nicht mehr. Ich bereue es zutiefst, dass ich Melody fallen lassen habe. Meine Wut gegen ihre Tat vor einigen Jahren darf mich nicht dazu verleiten böse Taten zu vollbringen. Dadurch kann ich die Vergangenheit auch nicht besser machen, oder ändern. Die ganze Nacht lang konnte ich kein Auge zubekommen, ich starrte ununterbrochen an die schwarze Decke und wünschte mir ich könnte meinen Fehler wieder gut machen.

Gott, heute Nacht stand ich schon kurz davor vor Melodys Kabine zu kriechen um sie anzuflehen mir zu verzeihen. Ich war wirklich kurz davor sie auf Knien um Verzeihung zu bitten. Klar, Melody wäre auch ohne mich gestürzt. Wenn ich nicht so schnell gehandelt hätte, wäre sie ausgerutscht und zu Boden gefallen, aber ich war da. Ich habe sie von dem Sturz bewahrt und sie in Sicherheit gehalten. Sie hatte diesen strahlenden Ausdruck in den Augen, ich konnte ihr ansehen, wie sehr sie mir in genau diesem Moment vertraute. So ähnlich wie beim Brunnen. Diesen Ausdruck habe ich bei noch keinem anderen Menschen so intensiv wahrgenommen wie bei ihr.

Deswegen fühle ich mich wie das schlimmste Arschloch der Welt.

Vorhin am Pool konnte ich nicht anders als ihr hinterher zu laufen. Meine Freunde starrten mir verwundert hinterher, doch ich hatte keine Zeit und keine Nerven auf ihre Fragen zu antworten. Mir ist die Rötung an ihrem unterem Rücken direkt aufgefallen, sie stammen von mir. Verdammte Scheiße, als ich sie gesehen habe ist mir mein Herz in die Hose gerutscht. Irgendwie muss ich das wieder hinbekommen, nur wie?

»Ihr stinkt es wie in einer Parfümfabrik«, merkt Keaton leichtsinnig an und gesellt sich neben mir vor dem Spiegel. Er trägt ein schwarzes Hemd, welches ihn doppelt so breit wirken lässt.

»Du und Blondie seid jetzt also Freunde?« Endlich habe ich einen Augenblick gefunden um Keaton zur Rede zu stellen. Wann er es geschafft hat mit ihr zu reden ist mir ein Rätsel und ich würde Lügen, wenn ich sagen würde, dass ich es toleriere. Die ekelhaften Eifersucht Gefühle lassen mir keine Ruhe.

»Freunde wäre zu viel gesagt. Wir haben uns gestern lange unterhalten und sie wirkt...« Er sucht nach den passenden Worten. »Nett.«

»Nett?«, wiederhole ich zähneknirschend und umfasse mit beiden Händen das Waschbecken. »Ja.« Er sagt das mit so einer Leichtigkeit, die mich nur aufbrausend macht.

»Melody Princeton ist nicht nett! Sie ist... ich meine du weißt schon... sie ist einfach...« Ich seufze genervt.

»Umwerfend?«, wirft Keaton unschuldig in den Raum. Ich taxiere ihn mit meinen Blicken durch den Spiegel. Er legt ein kleines Lächeln auf, welches mich fast zum Austicken bringt. »Was?«, zische ich. »Du findest sie umwerfend?«

Broken Shine - Wenn aus Rache Liebe wird 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt