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Den nächsten Morgen verbringen wir am Strand und lassen Drachen steigen. Louis steht vor mir und lehnt an meiner Brust, während ich meine Arme um ihn geschlungen habe. Er hält die beiden Enden des Lenkdrachen in der Hand und lässt ihn oben am Himmel von rechts nach links ziehen.

„Du kannst das ziemlich gut", stelle ich fest und lege mein Kinn auf der Schulter meines Freundes ab. Louis' Mundwinkel biegen sich nach oben, während seine Augen den Drachen verfolgen. „Ich bin eben ein Naturtalent." „Oder hast Anfängerglück?" Neckend stupse ich meine Nase gegen Louis' Wange, der den Kopf schüttelt, jedoch noch immer lächelt.

Der Wind zerrt an meinen Haaren und weht sie Louis und mir ins Gesicht. „Harold, ich sehe nichts mehr", beschwert sich mein Freund auch sogleich und ich muss lächeln, da dies so typisch Louis ist. Um ihn zu ärgern, halte ich ihm meine behandschuhten Hände vor die Augen.

„Ey!" Louis verliert die Kontrolle über den Drachen und er fliegt im Sturzflug auf den Boden zu und landet im Sand. Grinsend verstecke ich meine Nase in Louis' Nacken, der sich jedoch zu mir umdreht und mich böse anguckt. Ich stupse mit meinem Finger gegen seine Nasenspitze.

„Du bist so süß, Lou." Sein Blick wird noch ein Stückchen böser, doch ich weiß genau, dass mein Freund gerade ein Lächeln unterdrückt. „Du darfst dich jetzt darum kümmern, dass der Drache wieder in die Luft kommt", brummt er und dreht mir wieder den Rücken zu.

Ich gehe um ihn herum und stelle mich vor ihn. „Darum habe ich mich doch eh schon die ganze Zeit gekümmert." Louis zuckt trotzig mit den Schultern, doch mein amüsiertes Grinsen steckt ihn an und schließlich biegen sich auch seine Mundwinkel nach oben. „Trotzdem."

„Weißt du eigentlich, wie sehr ich deine Argumentationsweise liebe?", lache ich und schließe Louis in meine Arme. Dieser erwidert die Umarmung augenblicklich und bettet seinen Kopf an meine Brust. „Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe?" Er sieht zu mir auf und ich drücke meine Lippen kurz auf seine.

Dieser kleine Kuss reicht schon, um mein Herz vollkommen aus dem Rhythmus zu bringen. Es scheint in meiner Brust Saltos zu schlagen und mit den Schmetterlingen in meinem Bauch um die Wette zu flattern. Louis zieht mich enger zu sich und ich halte ihn in meinem Arm. Genieße seine Wärme, seine Nähe. Und ganz besonders das wohlige Gefühl in meiner Brust, das nur er hervorrufen kann.

Wir stehen noch eine Weile einfach so auf dem verlassenen Strand, bevor wir den Drachen ein letztes Mal in die Lüfte bringen und ihn seine Freiheit dort oben genießen lassen. Doch irgendwann wird der Wind zu stark und wir packen unsere Sachen zusammen und ich schiebe Louis in seinem Rollstuhl zurück zu unserem Bungalow. Dort angekommen schälen wir uns aus unseren dicken Jacken und ich ziehe mir die Handschuhe und Mütze aus.

Louis tapst zur mir herüber und hält sich an meinem Arm fest. Er hebt seine Hand und streicht mir durch die verwuschelten Locken. Seine Augen nehmen einen wehmütigen und gleichzeitig friedlichen Ausdruck an, während meine Strähnen durch seine Finger gleiten. Vor meinem inneren Auge spielt sich der Moment ab, in dem Louis sich von seinen eigenen Haaren verabschieden musste und mein Herz zieht sich zusammen.

Ich streiche Louis sanft über die Taille und bugsiere ihn dann zum Sofa. Plötzlich macht er einen müden Eindruck und sein Gesicht ist von Erschöpfung gezeichnet. Ich breite eine Decke über ihm aus, in die er sich schwach lächelnd kuschelt. „Alles soweit okay, Lou?" Mein Blick wandert besorgt über meinen Freund. „Nur ein bisschen müde", murmelt er leise und schließt die Augen. „Dann ruh dich ein bisschen aus, ich mache in der Zeit Mittagessen." Louis nickt und ich drücke ihm noch kurz einen Kuss auf die Stirn, bevor ich in der Küche verschwinde.

Als die Nudeln fertig sind, schläft Louis und ich bringe es nicht über mich, ihn zu wecken, weshalb ich alleine esse und mich danach neben ihn auf das Sofa kuschele. Ich scrolle durch mein Handy und bleibe irgendwann an einem alten Foto hängen. Es zeigt Ben und mich. Etwas wehmütig wische ich es beiseite. Die Zeit mit Ben ist endgültig vorbei. Da ist kein Vermissen mehr in mir, da ist kein Schmerz mehr. Da ist nur Wehmut und die Frage, was wäre wenn.
Was wäre, wenn er nicht weggezogen wäre? Hätten er und Louis sich gut verstanden? Wären wir immer noch unzertrennlich?

Den Sternen so nah - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt