Verflixter Rapper!

5 ◉ Wy ◉ Schicki-Micki-It-Girl

»Wy, du darfst das nicht versemmeln. Es läuft bisher fantastisch an. Sogar noch sehr viel besser, als wir uns das vorgestellt haben. Sämtliche Medien sind total drauf angesprungen. Anscheinend fahren die Leute mehr denn je auf so eine kitschige Märchenstory ab, bei dem ganzen Mist, der sonst überall passiert. Unsere Downloadzahlen steigen rasant. Also bei allen Göttern, reiß dich bitte in den nächsten paar Wochen zusammen.«

Simon unterbricht seinen Redeschwall und die Stille brüllt mir aus meinem Smartphone entgegen. Überrascht ziehe ich meine Augenbrauen nach oben. Erwartet er ernsthaft, dass ich ihm irgendwas verspreche? Er sollte mich besser kennen.

»Wird schon.« Das ist der einzige Kommentar, den ich mir abringen kann. Ein tiefes Seufzen ertönt, aber anscheinend gibt er sich damit zufrieden, denn das nervtötende Geplapper geht erneut los.

»Ich hoffe, du hast die Mail gelesen und verinnerlicht, in der ich dir alles aufgeschrieben habe, was du über Cynthia Gale wissen musst? Und über eure Kennenlernstory?« Wieder diese ätzende, erwartungsvolle Stille, die mich dazu zwingt, etwas zu sagen.

Ich schüttle langsam den Kopf und verdrehe die Augen. Glaubt er wirklich, dass ich ihren Lebenslauf auswendig lerne? Mich womöglich dafür interessiere, was sie mag und was nicht? Alter, ich will es einfach nur hinter mich bringen. Ganz sicher werde ich mich mit diesem Popsternchen nicht mehr als unbedingt nötig beschäftigen. Ich erwarte, dass sie mich in Ruhe lässt und genau dasselbe habe ich auch mit ihr vor. Das Haus ist groß genug, wir können uns die paar Monate über ganz locker aus dem Weg gehen.

Ein paar ätzende Sprüche hier und da sollten hoffentlich reichen, um sie mir ein für alle Mal vom Hals zu halten. 

Und falls irgendein Presseheini nach unserer Kennenlernstory fragt, werde ich es als Gentleman ganz einfach ihr überlassen, dieses Lügenmärchen zu erzählen. Hundertpro hat sie alles auswendig gelernt. Ich hoffe nur, dass sie dann überhaupt ein Wort über die Lippen kriegt.

»Keine Sorge«, erwidere ich knapp auf die Frage, die noch immer schwer in der Luft hängt.

»Keine Sorge, na du bist gut!« Simons Stimme überschlägt sich fast vor Aufregung. Schnell entferne ich mein Handy ein Stück von meinem Ohr, weil ich andernfalls ein Knalltrauma erleiden würde. Ich höre sein angestrengtes Schnaufen. Bestimmt rennt er gerade hektisch in seinem Büro herum und ist kurz vorm Explodieren. Dieses Bild vor meinem inneren Auge bringt mich zum Schmunzeln. »Ich kenne dich, Wy. Und ich habe deinen Ausraster bei eurem Treffen nicht vergessen.«

Ich auch nicht. Sie war einfach so anders, als ich erwartet habe. Nach den ganzen Posts, in denen sie mich zur Schnecke gemacht hat, schien sie witzig, selbstbewusst und taff zu sein. Ganz der Typ Frau, den ich gut finde. Im Gegensatz dazu hat Simon mir in seinem Büro ein ängstliches, unsicheres Mäuschen präsentiert. Ein zitterndes, schutzbedürftiges, kleines Mädchen.

Und bei Gott, ich bin niemand, bei dem irgendjemand Schutz suchen sollte. Das habe ich verdammt nochmal schon viel zu oft bewiesen.

Mit Sicherheit hat die ganzen frechen Nachrichten ein Ghostwriter für sie geschrieben.

»Hör zu, wir haben anonyme Tipps an ein paar der wichtigsten Paparazzi verteilt.« Die aufgeregte Stimme aus dem Lautsprecher reißt mich aus meinen Gedanken. »Die wissen also, dass Cynthia heute bei dir einziehen wird. Glaub mir, die News werden einschlagen wie eine Bombe. Und am Donnerstag erscheint ihr dann schon zusammen bei der AmfAR Gala, damit wir euch schön im Gespräch halten.«

Inzwischen klingt er nicht mehr besorgt, sondern eher begeistert. In mir kommt bei dem Gedanken, eine Gala mit diesem verschüchterten Popsternchen zu besuchen, vielmehr eine leichte Übelkeit auf. Ich kann solche Veranstaltungen sowieso schon nicht ab. Die Vorstellung, dabei dieses Prinzesschen im Schlepptau zu haben, das sich den ganzen Abend über ängstlich an meinen Arm klammern und Bespaßung erwarten wird, trägt bestimmt nicht dazu bei, dass ich mehr Lust darauf bekomme. Im Gegenteil.