Verflixter Rapper!

6 ◉ Tia ◉ Im selben Boot

Bei diesen Worten zwinkert er mir doch tatsächlich zu, streicht sich die dunkelbraunen Haare aus der Stirn und verzieht die Lippen zu etwas, das fast als ein Lächeln durchgehen könnte.

So langsam macht dieser dämliche Kerl mich wirklich wütend. Hat er vor, mir das Leben hier zur Hölle zu machen?

Ärgerlich schüttle ich den Kopf und wende ich mich ab. »Gott mit dem größten Ego würde wohl besser passen«, zische ich dabei vor mich hin. Der Gedanke purzelt einfach ungefiltert aus meinem Mund. Oh nein, habe ich das gerade laut gesagt? Ich beiße mir erschrocken auf die Unterlippe, während mein Blick ängstlich zurück zu dem verflixten Rapper huscht. 

In seine eisblauen Augen, die bisher nur müde und teilnahmslos dreingeblickt haben, schleicht sich ein amüsiertes, herausforderndes Funkeln. Das falsche Lächeln weicht einem breiten Grinsen. Ich blinzle überrascht, weil ich mit dieser Reaktion als Allerletztes gerechnet hätte.

»Ich denke nicht, dass das Ego das Größte an mir ist, Sternchen.«

Heiß schießt die Röte in meine Wangen, während nach wie vor Wut durch meine Adern pulsiert. »Stimmt, dein Repertoire an dummen Sprüchen dürfte größer sein.«

Meine Augen weiten sich geschockt und ich unterdrücke das heftige Bedürfnis, mir die Hand vor den Mund zu schlagen. Wo kam das denn jetzt her? Was tue ich da bloß? Das ist gar nicht meine Art. Ich weiß doch ganz genau, dass nie etwas Vernünftiges dabei rauskommt, wenn ich nicht nachdenke, bevor ich rede. Das hat sie mir schließlich oft genug eingebläut. Wieso funktioniert das heute nicht?

Ich schlucke trocken. Die nur mühsam im Zaum gehaltene Angst vor ihm kriecht meinen Nacken hoch und verschafft mir eine Gänsehaut. Das war unverschämt von mir, immerhin bin ich hier Gast. So was darf mir nicht passieren. Ich habe jeglichen Respekt vermissen lassen. Hoffentlich reagiert er nicht so aggressiv wie beim letzten Mal! Denn diesmal ist niemand hier, um mir beizustehen.

Nervös beiße ich erneut auf meine Unterlippe, die inzwischen schon arg lädiert ist, senke den Blick und warte angespannt und mit schwitzigen Händen auf die Explosion, die gleich folgen wird. Weil sie immer folgt. Es ging noch nie gut aus, wenn ich einfach gedankenlos drauflosgeplappert habe. Mist. Ich habe doch gelernt, das bleiben zu lassen.

Als ich ihn leise lachen höre, ziehe ich verwirrt meine Brauen zusammen. Sein Lachen klingt echt, weshalb ich es wage, den Kopf etwas anzuheben und ihn von unten herauf überrascht anzublinzeln.

»Ich schätze, damit hast du recht. Obwohl ich eigentlich auf meine große Klappe anspielen wollte. Aber mein Vorrat an platten Anmachsprüchen kann da vermutlich durchaus mithalten.«

So langsam wird mir klar, dass er mir meine unverfrorene Antwort überhaupt nicht übelnimmt. Ich meine sogar, in seinen Augen nun ein wenig Interesse aufblitzen zu sehen.

Vielleicht ist er ja kein vollkommen hoffnungsloser ...

Stopp, Tia.

Er ist ein chauvinistischer Idiot und hat bisher jedes einzelne Vorurteil bestätigt, das ich zugegebenermaßen leider schon über ihn gefasst habe. Ich sollte diesem Typen so gut wie möglich aus dem Weg gehen, solange ich hier bin. Genauso, wie Rhonda es mir gesagt hat. Das ist das Allerbeste, was ich tun kann.

»Würde es dir etwas ausmachen, mir mein Zimmer zu zeigen?«, murmle ich leise. Ich brauche dringend ein paar Minuten für mich, um mich wieder zu sammeln. In Zukunft muss ich seine anzüglichen Kommentare einfach an mir abprallen lassen. Sie völlig unbeeindruckt überhören. Das werde ich doch wohl hinkriegen.

»Kein Problem.« Das Funkeln ist aus seinen Augen verschwunden und sein Tonfall merklich abgekühlt. Er marschiert zu einer Tür rechts von mir und öffnet sie. »Bitte schön, das größte Gästezimmer im Haus. Ich hoffe, das genügt deinen Ansprüchen.« Mit einer angedeuteten und spöttisch wirkenden kleinen Verbeugung tritt er einen Schritt zur Seite, woraufhin ich an ihm vorbei ins Zimmer gehe. Dabei erwischt mich eine Wolke seines Aftershaves.