Verflixter Rapper!

48 ◉ Wy ◉ Vielleicht

Die Dachterrasse von Trevors Wohnung in der Upper West Side von Manhattan ist nicht annähernd so groß wie die von Tias Penthouse, das ich mit Chase für sie ausgesucht habe. Mit den großen, bunt gemusterten Kissen auf den beiden hellen, niedrigen Sofas und den dicken lila Kerzen, die in der leichten Abendbrise flackern und im Zwielicht der Dämmerung von Minute zu Minute heller leuchten, ist es hier aber sehr gemütlich. Alles strahlt ein Gefühl von Zuhause aus, das ich in meiner verdammt viel zu großen Villa nur für eine sehr kurze Zeit hatte. Jetzt jedenfalls nicht mehr ...

In den langen Pflanztrögen aus dunklem Metall entlang des Geländers wuchern dicht an dicht üppige lila Lavendelsträucher, die einen intensiven Duft verströmen. Überhaupt ist die Luft hier oben viel frischer und sauberer als unten in den Straßenschluchten von New York. Selbst der Lärm der Stadt, die niemals schläft, ist hier oben nur gedämpft zu hören. Eine Oase im Großstadtdschungel, die mein Freund und seine Familie sich hier geschaffen haben. Und von Grund auf verschieden von den fast identischen Wohnungen im selben abgefuckten uralten Gebäude, die unsere Familien damals in der Bronx bewohnt haben.

Auf dem niedrigen dunklen Holztisch zwischen den Sofas stellt Trev die beiden Flaschen alkoholfreies Bier ab, die er in den Händen gehalten hat. Dann fläzt er sich in das dicke Polster der beigen Couch, während ich mich ihm gegenüber auf der anderen platziere. Seine tief sitzende, weite Jeans hat den angesagten Shabby-Look, der mich nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass es sich um ein teures Markenteil handelt. Genauso wie sein schwarzes Hemd, auf dessen Brust das Emblem irgendeines italienischen Designers gestickt ist. Während ich in den letzten Wochen wie ein Besessener trainiert habe, um nicht noch haltloser abzustürzen, als ich es ohnehin schon getan habe, und in besserer Form bin als in den letzten paar Jahren, hat er inzwischen um die Mitte herum einigen Speck angesetzt.

Im Gegensatz zu mir scheint es ihm wirklich so gut zu gehen, wie er in unseren Chats und Telefonaten immer behauptet hat. Er hat eine tolle kleine Familie und er hat mir inzwischen jeden Cent zurückgezahlt, den er jemals von mir bekommen hat. Er weiß, dass er das nicht hätte tun müssen, aber was er in wenigen Jahren nur mit ein bisschen Starthilfe hinbekommen hat, macht mich verdammt stolz auf ihn. Sein intensiver Blick aus braunen Augen, die mich so sehr an die von Rosa erinnern, bohrt sich in meinen.

»Läuft gut bei dir«, stelle ich fest, um seinen Fragen zuvorzukommen, für die ich mich nicht mal annähernd bereit fühle.

»Weißt du, was ich heute mache, ist gar nicht mal so viel anders als früher. Außer, dass es jetzt legal ist, was ich verticke. Danke übrigens für die Kunden, die du mir zugeschustert hast. Wenn du mal wieder hierher zurückkommen willst, hätte ich jede Menge passender Wohnungen für dich an der Hand. Und selbst wenn du drüben bleiben willst, Immobilien hier in der Gegend sind immer eine gute Geldanlage.«

»Ich denk drüber nach. In letzter Zeit hab ich ja endlich wieder ein bisschen was verdient.«

Trev nickt langsam. »Wenn du jemals was brauchen solltest, egal wie viel ... Du weißt, dass du auf mich zählen kannst, Mann. Ich bin echt sauer, wenn du in dem Fall zu 'nem scheiß Kredithai rennst.«

»Werd ich mir merken.«

»Gut. Also, raus mit der Sprache, Champ. Du stehst völlig aus dem Nichts vor meiner Tür, nachdem du dich ewig nicht hast blicken lassen, mit nichts als einem gigantischen Teddy als Gepäck. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es bei dir nicht ganz so gut läuft. Kann das sein?«

Meine Brauen wandern erstaunt nach oben. »Sag bloß, du weißt noch nicht Bescheid.«

Er zuckt mit den Schultern. »Du kennst Rosa. Sie hat nur das Nötigste rausgerückt.«

»Und das Nötigste war was?«

»Na ja, sie macht sich Sorgen, aber das kennt man ja. Sie hat mir gesagt, dass du auf dem Weg hierher bist. Also, was genau ist passiert?«