Verflixter Rapper!

7 ◉ Tia ◉ Ganz nett

Ich gönne mir keine allzu lange Pause und mache mich anschließend daran, die Sachen aus meinen Koffern in dem Luxusankleidezimmer zu verstauen. Auf keinen Fall will ich mich verspäten und ihn womöglich warten lassen. Für heute habe ich mir genügend Unhöflichkeiten geleistet.

Meine Modeberaterin hat mir unendlich viel Zeug eingepackt, doch als ich fertig bin und meinen Blick durch den gigantischen Schrankraum streifen lasse, ist trotzdem der größte Teil der Fächer und Schubladen leer geblieben. Meine Klamotten wirken beinahe verloren darin. Ein trauriges Abbild dessen, wie ich mich hier fühle.

Und nicht nur hier.

Ein Blick auf mein Handy verrät mir, dass es höchste Zeit ist, erschrocken nach Luft zu schnappen und schnellstens den Weg zu der Besprechung mit Mr Rapper anzutreten. Hektisch streiche ich noch schnell mein Oberteil glatt, für einen Blick in den Spiegel reicht es leider nicht mehr.

Exakt eine Stunde nachdem er mein Zimmer verlassen hat, husche ich die breite Marmortreppe nach unten ins Erdgeschoss. Von der Eingangshalle gehen mehrere Türen ab und ich habe keine Ahnung, hinter welcher sich das Wohnzimmer versteckt.

Panisch schweift mein Blick durch das Foyer. Eine dumme Zwickmühle. Entweder verspäte ich mich oder ich öffne womöglich ungebeten die falsche Tür in einem fremden Haus. Beides fürchterliche Vorstellungen für mich.

Da mir Unpünktlichkeit im Moment als das größere Übel erscheint, entscheide ich mich nach einigem Hin und Her dafür, bei einer Tür zu meiner Linken einen Versuch zu wagen. Ich schlucke trocken und nehme all meinen Mut zusammen, bevor ich leise anklopfe. Es ist nichts zu hören, weshalb ich tief Luft hole es nochmal versuche. Diesmal etwas lauter. Als noch immer keine Antwort kommt, greife ich nach der Klinke, um sie langsam und vorsichtig herunterzudrücken. Meine Hand ist feucht und zittert leicht und irgendwie ärgert mich das.

Mensch Tia, er wird dir schon den Kopf nicht abreißen! Höchstwahrscheinlich.

Ich schließe die Augen und fahre mit den Zähnen über meine Unterlippe.

Hoffentlich habe ich Glück!

Ausnahmsweise ist das sogar der Fall. Beim vorsichtigen Spicken durch den Türspalt stelle ich fest, dass ich tatsächlich das Wohnzimmer erwischt habe. Ich trete ein und sofort sticht mir der spiegelnde, schwarze Flügel ins Auge, der den Raum dominiert. Unwillkürlich schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen.

Ob er wohl Klavier spielt? Und ob er vielleicht erlaubt, dass ich ab und zu auch darauf spiele?

Ich schaue mich um, doch von dem Rapper ist weit und breit nichts zu sehen. Und das, nachdem ich mich beim Auspacken wie verrückt abgehetzt habe, um nur ja pünktlich zu sein.

Gegen meinen Willen entwischt mir ein ärgerliches Schnauben. Aber eigentlich weiß ich ja schon, dass ich die Unhöflichkeit hier nicht für mich allein gepachtet habe.

Weil mir nichts Besseres einfällt, wandert mein Blick weiter durch den Raum, bis meine Augen sich überrascht weiten, weil sie an der Wand hinter der dunkelbraunen Sofalandschaft hängenbleiben. Sie ist mit Schallplatten in Gold und Platin förmlich tapeziert. In einer gläsernen Vitrine an derselben Wand drängen sich dicht an dicht die Trophäen. Unter ihnen erkenne ich mehrere gläserne Pyramiden der American Music Awards und den silbernen Astronauten der MTV Video Awards.

Kein Wunder, dass der Typ ein riesiges Ego hat. Er ist ein echter Star.

Mir war das gar nicht klar. Natürlich habe ich den Namen »ShawLaw« schon gehört und weiß auch, dass er eine Zeit lang ziemlich bekannt war. Aber wie erfolgreich und berühmt er wirklich gewesen sein muss, wird mir erst in diesem Moment bewusst.