18 ◉ Tia ◉ Cocktails

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»Wow, ich hätte echt nicht gedacht, dass du so bechern kannst, Tia.«

Shane schüttelt den Kopf und ein schiefes Grinsen spielt um seine Mundwinkel.

»Kann ich eigentlich auch nicht«, lalle ich mit schwerer Zunge und hebe das Cocktailglas. »Cheers, Shane.«

Glas klirrt gegen Glas, wobei seins mit Bier gefüllt ist und meins mit einem pappsüßen Cocktail. Was ziemlich gut ist, weil man den Alkohol kaum schmeckt und in kürzester Zeit sehr viel davon trinken kann.

Ich brauche dieses Gefühl zurück. Dieses locker-leichte Alles-egal-Gefühl. Und ich brauche den Mut, einfach zu sagen und zu tun, was ich will. Beides hat mir der Wein gestern verschafft, und diese Cocktails werden das bestimmt auch hinbekommen.

»Cheers, Tia. Aber lass uns danach eine kleine Pause einlegen, bevor du mich unter den Tisch säufst.«

Ich kichere hinter vorgehaltener Hand. Shane weiß so gut wie ich, dass das nicht passieren wird. Die Einzige, die wahrscheinlich bald unter dem Tisch liegt – oder besser gesagt neben dem hohen Barhocker, auf dem ich gerade sitze –, bin ich.

Aber ich brauche keine Pause, denn die süßen Cocktails schmecken verflixt lecker und außerdem helfen sie hoffentlich dabei, den verflixten Rapper aus meinem Kopf zu verbannen, der dort schon viel zu viel Platz eingenommen hat. Seit ich ganz zufällig das Gespräch mit seiner umwerfend schönen Ex belauscht habe, ist er nicht mehr aufgetaucht. Was ihn aber nicht daran hindert, weiterhin ununterbrochen in meinen Gedanken herumzuspuken.

Vielleicht haben sie sich ja inzwischen versöhnt? Vielleicht schmeißt er mich schon morgen aus seinem Haus?

Ich schnaube und nehme einen weiteren, großen Schluck. Schon ist das edle Kristallglas wieder leer. Ich lecke den Zuckerrand ab, bevor ich dem Barkeeper mit einer mehr oder weniger eleganten Wedelbewegung meiner Hand bedeute, mir nochmal denselben zu bringen. Nur gut, dass Rhonda mit ihrem brandneuen Freund Brian, der aussieht, als wäre er direkt dem Cover der Men's Health entsprungen, bereits verschwunden ist.

Ob sie ihn wohl so lange behalten wird, dass es sich lohnt, mir seinen Namen zu merken? Ich bin ihm auf jeden Fall dankbar, denn wäre Rhonda noch in der Nähe, könnte ich mir niemals erlauben, einen Cocktail nach dem anderen zu vernichten. Den Gedanken, dass ich auf einer öffentlichen Veranstaltung bin und sie auch anders davon erfahren könnte, spüle ich mit einem Schluck des neuen Drinks hinunter, den mir der Barkeeper soeben hingestellt hat.

Ohne dass ich es will, lasse ich meinen Blick über die Menschen im Saal schweifen. Mir ist klar, dass ich mich nach ihm umsehe, und das ärgert mich. Trotzdem kann ich nicht anders. Obwohl ich weiß, dass es zwecklos ist.

Ich habe mich auf ihn verlassen und er hat mich im Stich gelassen. Wie es alle immer tun.

»Was weißt du über Jodie?«

Ich schlage mir die Hand vor den Mund, denn meine aufgewühlte Gefühlswelt hat diese Frage über meine Lippen geschickt, ohne dass mein alkoholbeduselter Verstand es rechtzeitig verhindern konnte. Shane neigt den Kopf, dann nickt er verständnisvoll.

»Ah, jetzt wird mir einiges klarer. Du versuchst, die Eifersucht zu ersäufen. Musst du aber nicht. Die beiden sind seit über einem Jahr getrennt und so, wie er dich anschmachtet, hat sie keine Chance mehr bei ihm.«

Ich blinzle überrascht und runzle die Stirn, in dem Versuch, seine Worte zu verarbeiten.

»Genau. Deshalb trifft er sich auch gerade heimlich draußen im Garten mit ihr. Hast du sie mal angesehen? Sie ist bildschön, selbstbewusst, sexy, heiß ...« Ich kneife die Augen zusammen und überlege, bevor ich den Kopf schüttle. »Mir gehen die Superlative aus.«

Verflixter Rapper!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt