45 ◉ Tia ◉ Zombies

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Ich fühle mich wie ein Zombie, gefühllos und apathisch, mehr tot als lebendig. Die Taubheit, die mich nach dem endgültigen Aus befallen hat, weicht nicht mehr aus meinem Körper.

Nicht, als ich mich tränenblind in mein Zimmer schleppe, das nicht länger mein Zimmer ist. Nicht, als Rosa unter unverständlichem spanischem Gemurmel und ständigem Kopfschütteln meine beiden Koffer packt und mir unzählige mitfühlende Blicke aus traurigen Augen zuwirft, während ich auf der Bettkante sitze und ins Leere starre, weil ich nicht dazu in der Lage bin, ihr zu helfen. Nicht, als ich einen letzten Blick auf Mr Miller werfe, der auf seinem Platz auf dem Bett zurückbleibt, weil sein Anblick mich jedes Mal an Wys schöne Worte erinnert und viel zu sehr weh tut, um ihn in meiner Nähe zu behalten. Nicht bei der langen stummen Umarmung, die ich zum Abschied vor dem Haus mit Rosa teile, während der die Stille nur durch das Zwitschern der Vögel und ihr leises Schluchzen unterbrochen wird. Nicht, als ich in das Auto von Chase steige und wir Wys Grundstück verlassen.

Und auch nicht, als ich meinen Blick durch die luxuriöse Penthouse-Wohnung in einer bewachten Wohnanlage in West Hollywood schweifen lasse, von der Chase behauptet, dass ich sie mir problemlos leisten könnte und die nun meine neue Unterkunft zu sein scheint. Sie ist hell eingerichtet und von Licht durchflutet, da die Außenwände zu einem großen Teil aus Glas bestehen. In der Ferne sieht man die Skyline von L.A., in einer anderen Richtung blickt man auf die Hollywood Hills. Es würde mir hier gefallen, wenn ich noch etwas fühlen könnte.

»Die Wohnung ist schön. Und viel zu groß für mich«, stellt mein nüchterner Verstand fest.

»Glaub mir, man gewöhnt sich schnell an den vielen Platz. Ich habe meine ganze Kindheit und Jugend in einem winzigen Zimmer in einer kleinen Wohnung in der Bronx verbracht. Heute könnte ich mir das nicht mehr vorstellen, aber vermutlich würde ich mich auch daran wieder gewöhnen. Menschen sind erstaunlich anpassungsfähig.«

»Mhm ...«

Er seufzt leise. »Ich habe trotzdem kein gutes Gefühl dabei, dich hier allein zu lassen, Ti.«

Meine Mundwinkel zucken in dem halbherzigen Versuch eines Schmunzelns kurz nach oben. Ti. Diesen Spitznamen hat mir Chase irgendwann verpasst, weil er meinte, er wäre cooler als Tia. Mir gefällt er auch. Er klingt stark und hart. Alles, was ich gerade gerne sein möchte.

»Es ist okay. In gewisser Weise bin ich schon lange allein. Ich komme klar.«

»Das klingt jetzt nicht gerade beruhigend für mich.«

»Es ist alles gut, wirklich. Wenigstens muss ich hier keine Angst haben.«

Ein Lächeln erscheint auf seinem Gesicht und er wirkt erleichtert. »Nein, musst du wirklich nicht. Die Wohnanlage ist rund um die Uhr bewacht, hier kommt niemand einfach so rein. Und wenn du raus willst, sag kurz vorher Bescheid. Wir haben einen Personenschutz für dich engagiert.«

»Danke.«

Ich ringe mir ein Lächeln ab. Er kann ja nicht wissen, dass diejenigen, vor denen ich Angst hatte, nie Fremde waren, die von außen kamen.

»Du nimmst dir die nächste Woche frei, okay? Ich sage alle deine Termine ab.«

»Geht das denn so einfach?«

»Ja, tut es.«

»Gut. Danke«, sage ich, obwohl ich weiß, dass es nicht so ist. Er ist erst seit kurzem mein Manager, und schon hat er nur Probleme mit mir. Es würde mich nicht wundern, wenn er mich bald fallen lässt.

»Nichts zu danken. Wir sprechen Ende der Woche noch mal darüber, wie es mit deinen weiteren Terminen in der nächsten Zeit aussieht. Dein Kühlschrank und der Vorratsraum sind voll, jeden Mittwoch und Freitag kommt eine Putzfrau und kümmert sich um die Hausarbeit. Wenn du sie nicht dahaben willst, schick sie einfach wieder weg. Deine Koffer habe ich ins Hauptschlafzimmer bringen lassen.«

Verflixter Rapper!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt