Kapitel 4

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Das meine Laune innerhalb eines Tages so stark sank, hätte ich mir nicht ansatzweise vorstellen können. Ich begab mich ruhig in mein Zimmer und setzte mich auf mein Bett. Ich war nicht wie gewöhnlich traurig. Diesmal sah ich still in die Leere, da mir bewusst wurde, dass sich daran nichts ändern würde. Noch nie war ich so unglücklich. Ich atmete tief durch und lief auf mein Balkon. Dort stützte ich mich ans Geländer und schloss meine Augen. Es war eiskalt und ich bekam eine Gänsehaut, doch es gefiel mir. Die frische und reine Luft zog an mir vorbei und ich dachte nach. Ich dachte an Anil. An meine Bloßstellung im Internet. Das traurige an der Sache ist auch, dass ich nichts dagegen tun könnte. Lauwarme Tränen rollten mir erneut die Wange entlang. Ein Husten unterbrach meine Gedanken und ich sah mich sofort um. Ich wurde auf Batuhan, der in seinem Garten rauchte und mich ansah aufmerksam. Sofort warf ich ihm einen bösen Blick zu und verließ mein Balkon.

Batuhans Sicht:

Verdammt, warum musste ich jetzt umbedingt Husten? Ich wollte Dilara und mir den peinlichen Moment ersparen. Neben Dilara wohne ich seit ungefähr 3 Jahren, doch erst an jenem Abend habe ich sie so traurig gesehen. Normalerweise habe ich keinen Mitleid für Menschen. Für Mädchen sowieso nicht. Doch als ich sie auf ihrem Balkon sah, kamen Gefühle, die ich noch nie zuvor hatte hoch. Sofort versuchte ich aufzuhören an Dilara zu denken, da ich diese Gefühle für unangebracht empfand. Ich rauchte meine Zigarette zu Ende und betrat das Haus. Meine Stiefmutter kam sofort auf mich zu:" Batuhan, du gehst jetzt zu Emir hoch. Dein Bruder ist wieder aufgewacht und muss schlafen." "Wieso liest du dem nichts vor?", fragte ich genervt. "Dein Vater und ich gehen etwas Essen.", sagte sie mit einer höheren Tonlage. Ich lief auf mein Zimmer, zog mir eine Jogginghose und ein T-Shirt an. Sobald ich Emirs Zimmer betrat, kam er angerannt auf mich zu. Obwohl er nur mein Stiefbruder war liebte ich in mehr als alles andere auf dieser Welt. Er war sowas wie mein eigener Sohn. Sofort bildete sich ein Lächeln auf meinen Lippen. Ich nahm ihn in meine Arme und legte mich auf sein Bett. Emir legte sich auf meine Brust und verlangte von mir, dass ich ihm aus einem Buch vorlas. Obwohl er anfangs sehr motiviert und energiegeladen war, schlief er in weniger als fünf Minuten auf meiner Brust ein. Ich blieb noch ein wenig liegen. Nur um sicher zu gehen, dass er tief und fest schlief. Gegen 12 Uhr legte ich mich auch schlafen. Obwohl ich größtenteils an Dilara denken musste.

Am nächsten Morgen machte ich mich für die Schule fertig. Sprich, zog mich um und machte meine Haare zurecht. Als ich mich am Spiegel ansah bildete sich ein Lächeln auf meinen Lippen, weil ich mit meinem Resultat zufrieden war.

Sobald ich mich der Schule näherte bekam ich mit, dass so gut wie fast alle über Dilara sprachen. Sie war im Munde von jedermann. Selbst meine Freunde Sprachen gewaltig über sie. "Krass, was alles auf ihrem Facebook stand." "Ja, ich musste so lachen. Konnte mich nicht einkriegen gestern." Ich unterbrach deren Gespräch ernst:" Euch ist schon klar, dass sie gehackt wurde?" "Ja klar, aber die Bilder und Videos von ihr sind ja nicht bearbeitet." "Hast du das eine Video gesehen, wo sie mit noch so einem Mädchen, was zensiert ist versucht zu Twerken?" Alle fingen an lauthals zu lachen und damit ich meinen Ruf nicht verlor lachte ich aus Gruppenzwang mit.

An unserem Jahrgang standen alle Schüler und warteten auf die Lehrer, die uns die Tür zum Klassenraum öffneten. Während wir warteten lief Dilara auf ihre Freundinnen zu. Ich sah mir den Vorfall an. Dilara ging auf Aurela zu und wurde nur weggeschickt. Was die Mädchen untereinander sprachen bekam ich nicht mit. Obwohl ich es sehr interessant fand. Nicht, um später darüber mit meinen Freunden zu sprechen, sondern um mich besser in Dilaras Lage hineinversetzten zu können. Als Dilara an die Tür ihres Klassenzimmers lief, warf man ihr fiese Sprüche zu. Einige Mädchen beleidigten sie als Schlampe. Am liebsten hätte ich denen meine Meinung gesagt, doch mein Ego stand mir im Weg.

Die ersten vier Stunden verliefen wie immer. Sehr langweilig. In der Pause passierte auch nichts außergewöhnliches. Ein Platinblondes Mädchen kam auf mich zu. Ich bemerkte, dass sie sich wieder einmal viel zu stark schminkte und alles, was sie hatte betonen musste. An ihren Namen konnte ich mich auch nicht erinnern. "Na, alles klar?", fragte sie mich. "Klar.", antwortete ich ihr. Als Begrüßung gab ich ihr einen kurzen Kuss und wollte auch am liebsten, dass sie ging. Doch sie gehörte zu den Mädchen, die an mir hingen.

Als das Platinblonde Mädchen und ich während der Freistunde das Schulgelände verließen, um eine Zigarette zu rauchen und etwas rumzumachen, kamen meine Freunde auf uns zu. Dem Mädchen war es unangenehm neben meinen Freunden und sie lief zurück zur Schule.
Als die Freistunde fast um war machten wir uns auf den Weg zur Schule. Unterwegs begegneten wir Dilara, die vor uns alleine zur Schule lief. Meine Freunde sahen sie als Beute und gingen sofort auf sie los. "Da kommt ja die Nutte des Tages" "Bläst du auch nur für 5€? Meine Mutter wollte mir nicht schon wieder Geld geben, die ich an Nutten investiere.". Alle lachten und warfen ihr noch unreifere Sprüche zu. Ich blieb als einziger still. Am liebsten würde ich allen meine Meinung sagen, doch ich brach es nicht übers Herz. Meine Freunde gingen erneut mit Worten auf sie los. Doch Dilara war stark genug, um nicht auf die Sprüche einzugehen und lief einfach weiter. Das beeindruckte mich auf einer Seite, doch schüchterte mich auch ein. Einer meiner Kollegen schrie ihr noch hinter her:" Twerk doch für uns!". In dem Moment wurde ich wütend. Das konnten sie doch nicht mit Dilara abziehen! Sie hatte es keineswegs verdient. Ich Schritt ein:" Ey Jungs, kommt mal wieder runter. Das zieht nicht, wenn ihr sie runter macht!" Meine Freunde sahen mich schief an, doch gingen nicht weiter darauf ein.

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