Kapitel 29

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Dilaras Sicht:

In dem Moment, indem ich meine Augen versuchte zu öffnen, empfand ich nichts außer Schmerzen. Schmerzen, die mich glauben ließen ich würde jeden Moment sterben. Jede einzelne Bewegung schmerzte unerträglich. Diese Schmerzen war ich nicht gewohnt und ich fing an innerlich zu beten, damit sie verschwinden. Doch davon war keine Spur. Langsam öffnete ich meine Augen und stellte fest, dass mein Zimmer leer war. Keine Worte können den Schmerz, den ich in diesen Momenten spürte auch nur ansatzweise beschreiben. Es fühlte sich so an, als wären alle meine Knochen gebrochen.

Im selben Moment, kam meine Mutter mit einer Tasse Kaffee in mein Zimmer. Sie erschrak vor Freude, als sie bemerkte, dass ich wach wurde. Sie ließ die Tasse fallen und rannte ans Bett. Dutzende Tränen flossen ihr die Wange hinunter und sie lächelte vor Freude. "Mein Kind, ich habe mir so Sorgen um dich gemacht!", sagte sie und küsste meine Hände. Mein Kopf schien zu explodieren, doch ich lies mir keinen Schmerz anmerken. Weinend hörte ich sie sagen:" Ich habe dir gesagt, Batuhan ist ein schlechter Umgang!" "Was ist eigentlich passiert?", fragte ich und schloss schmerzhaft meine Augen. An den vorherigen Tag konnte ich mich nicht erinnern. Meine Mutter sagte:" Batuhan und du hattet einen Autounfall." Meine Augen erweiterten sich extrem. Das letzte, woran ich mich erinnern konnte, war dass ich mich auf den Weg zu Batuhan machte. Alles andere war wie gelöscht. "Wie ist das passiert?", fragte ich meine Mutter. "Batuhan hat das Auto seines Vaters gefahren. Mehr weiß ich auch nicht.." Sofort unterbrach ich sie:" Wie geht's ihm?" Sie schloss ihre Augen und sofort ging ich vom schlimmsten aus. Meinen ganzen Körper spannte ich an und versuchte aufzustehen, obwohl ich an mehreren Geräten verbunden war. Meine Transfusion am Arm tat weh und anscheinend hatte es sich durch meine plötzliche Bewegung verschoben. Meine Mutter versuchte mich zu beruhigte, aber es gelang ihr nicht. Ich weinte in Strömen und schrie auch teilweise dabei. "Schatz, bitte leg dich wieder hin!", sagte meine Mutter, doch ich riss aggressiv die Kabel aus meiner Haut heraus. Bis auf die Transfusion ließ sich alles entfernen. Weinend nahm meine Mutter mich in den Arm:" Beruhig dich, mein Schatz!" Im selben Moment kamen zwei Krankenpfleger herein, um mich ebenfalls zu beruhigen. "Ich muss Batuhan sehen!", schrie ich so laut ich konnte. Noch immer hatte ich unerträgliche Schmerzen. "Im Moment dürfen sie Batuhan nicht sehen. Tut uns leid.", sagte eine Krankenschwester. "Wie geht es ihm?", fragte ich aufgebracht. Meine Mutter unterbrach die Krankenpfleger, die nicht einmal die Möglichkeit bekamen, mir zu antworten:" Das ist für dich im Vorteil, wenn du dich erst einmal um dich selbst kümmerst" Meine Brust zog sich zusammen und es fühlte sich an, als ob meine Brust mein Herz zerquetschen würde. Krampfartig setzte ich mich zurück aufs Krankenbett und fing vorlauter Schmerzen an zu schreien. Wie eine Verrückte benahm ich mich. Doch die Ungewissheit, wie es Batuhan ging brachte mich innerlich um. Beim Schreien zog ich meine Arme an mein Oberkörper und verkrampfte nach vorne. Meine Mutter und die Krankenpfleger versuchten mich zu beruhigen. Meine Mutter umarmte mich lange und streichelte mein Hinterkopf. Die nächsten Minuten verliefen so schnell. Die Pfleger gaben mir eine Beruhigungsspritze und eine neue Transfusion. Sofort merkte ich, wie das Beruhigungsmittel ihre Wirkung zeigte und ich immer schwacher wurde.

Nach einer gefühlten halben Stunde lag ich bewegungslos in meinem Bett und dachte starr an Batuhan. Jede Sekunde, die verging, versuchte ich mich an den vorherigen Tag zu erinnern. Weshalb Batuhan Auto fuhr und wieso der Tag so ausging. Wenig später kam ein Arzt und klebte mir wieder Tausende Kabel an meinen Körper. Danach fragte er mich verschiedene Dinge, die er sich auf ein Zettel notierte. Beispielsweise, an was ich mich noch erinnern konnte. Aber auch, ob ich bekannte Krankheiten hatte, Raucher oder Alkoholiker wäre. Bei allen drei Fragen stritt ich es ab. Auch, dass ich keine Krankheit oder einen Verdacht hätte.

Meine Mutter verließ einige Stunden später mein Zimmer, unter dem Vorwand, sie würde mit den Ärzten sprechen. Ohne, dass ich ihr eine Antwort gab, verließ sie das Zimmer. Kurz nachdem dieses verlassen hatte, klopfte es an der Tür. Ich dachte, es sei meine Mutter, die etwas vergessen hatte. Doch es war Emilia. Sie gehörte zu den vielen meiner damaligen "besten Freundinnen", die mich im Nachhinein verlassen hatten. Ich war verwirrt sie zu sehen. Doch irgendwie auch glücklich, dass meine italienische Freundin mich besuchen kam. Mit einem schwachen Lächeln sah sie mich an. "Was willst du?", fragte ich sie emotionslos. Ich verspürte dank den ganzen Mitteln keine Schmerzen mehr. Also war ich dementsprechend ruhig und müde. "Dilara? Wie geht es dir?", fragte sie mich. Unverstanden sah ich sie an. War das Ihr Ernst? Wie konnte sie, nachdem sie mich so oft in der Schule ausgelacht und ausgegrenzt hatte, sich trauen, mich besuchen zu kommen? Hatte sie kein Schamgefühl? Als sie merkte, dass ich ihr Spiel nicht verstand, erklärte sie mir, weshalb sie gekommen ist. "Ich möchte mich für alles, was ich getan habe, entschuldigen. Du warst schon immer eine gute Freundin gewesen und wegen den anderen habe ich das vergessen.." Ich unterbrach sie:" Brauche dein Mitleid nicht, nur weil ich im Krankenbett liege." "Ich bemitleide dich nicht. Insgeheim hoffe ich, dass du Mitleid mit mir hast.", antwortete sie sympathisch. Ich sah sie nicht mehr an, sondern auf die Decke. "Dilara, bitte. Ich will dich bei den anderen beschützten! Ich will für dich da sein! Eine gute Freundin für dich sein!", sagte sie und sofort sah ich sie nach dem Motto "ist das dein Ernst" an. Wütend sagte ich:" Wo warst du denn bitte, als mich in der Schule jeder bloß gestellt hatte? Als jeder gegen mich war? Du warst eine miese Freundin. Und wenn das alles nur ein Spiel von euch allen ist, könnt ihr mich mal." Sie stritt alles ab:" Wirklich, nein! Keiner weiß, dass ich gekommen bin. Denn dann würde jeder versuchen es mir auszureden. Insbesondere Aurela. Die ist so schlimm, wirklich. Apropos, muss dir etwas gestehen. Ich bin mir sicher, dass du das Recht dazu hast, es zu erfahren." "Nur, wenn es um Batuhan geht. Alles andere interessiert mich nicht.", antwortete ich ihr. "Weißt du nichts über seinen miserablen Zustand?", fragte sie mich überrascht. Meine Augen füllten sich erneut mit Tränen und ich fragte vorsichtig:" Du schon? Keiner sagt mir was." Sie musste schlucken:" Er liegt im Künstlichen Koma. Seine Rippen sind gebrochen und eine Rippe droht in sein Herz zu rutschen".

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