Kapitel 13

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Das Training verlief weiterhin ohne Probleme für mich. Es machte mir Spaß in der ersten Reihe zu tanzen und zu sehen, dass die anderen in den hinteren Reihen sich an mir orientierten. Nach dem Training wollte Ivana noch mit mir sprechen. Als alle die Halle mit den vielen Spiegeln verließen, fing Ivana an ihre Sachen zusammen zu packen. "Super Arbeit geleistet, Dilara.", lobte sie mich. Ich lächelte breit:" Dankeschön." Dann sah sie mich kurz verträumt an, stellte sich hinter mich und sah mit mir zusammen in den Spiegel. Weiterhin sprach sie verträumt:" Schau in den Spiegel und betrachte deine Schönheit." Ich verstand sie zunächst nicht. Dann atmete sie tief durch:" Egal, wie andere mit dir umgehen, vergiss nicht, du bist allen überlegen!" Ich sah selbstbewusst in den Spiegel und hatte ein arrogantes Lächeln aufgesetzt. "Wehe ich bekomme mit, dass du dich herunterziehen lässt! Du darfst nicht aufhören zu kämpfen.." Ich unterbrach sie:" Woher haben sie von meiner Lage erfahren?" Enttäuscht sah sie kurz auf den Boden und dann wieder in den Spiegel:" Als es so schien, als würdest du nicht kommen fingen sie an über dich zu reden. Ich wollte, dass sie sich weiter frisch machen und dehnen. Doch alle waren am reden. Da hab ich so manches mitbekommen." In dem Moment sank meine Laune wieder, da ich es erniedrigend fand. Doch sie streichelte meine Oberarme, als sie sagte:" Lass dich nicht von denen verletzt! So wie du jetzt bist, bist du gut genug! Du musst niemandem etwas beweisen. Also zieh dich schnell um.."

In der Umkleide angekommen waren plötzlich alle still. Bevor ich den Raum betrat hörte ich viele Stimmen und vor allem viel Gelächter. Langsam zog ich mich in einer Ecke um und versuchte alle um mich herum zu verdrängen. Als wären sie nicht da. Doch dann hörte ich Aurela:" Der Drang zur Perfektion ist stark, Leute." Ich ging nicht darauf an und alle fingen an zu kichern. "Ivanas kleines Engelchen..", sagte sie. Ich entschloss mich meinen Mund aufzureißen und unterbrach sie:" Dein Neid ist unerwünscht, Aurela." Sie sah mich überrascht an und sagte nichts. Die Umkleide war wieder ganz still und ich hatte mich fertig umgezogen. Als ich die Tür hinter mir schloss, hörte ich sofort, dass sie über mich sprachen. Ich ging aber nicht darauf ein und fuhr zum Hauptbahnhof.

Es war schon 20 Uhr und dunkel, als ich am Hauptbahnhof ankam. Ich rannte zu den Gleisen, da meine Bahn in Kürze kommen sollte. Würde ich den verpassen, müsste ich eine halbe Stunde warten.
Ich kam an den Gleisen an und wollte in den Bus einsteigen, als ich plötzlich meinen Bruder und Anil sah. Mustafa schrie ihn wütend an und viele standen um die beiden herum. Mein Bruder ging aggressiv auf Anil drauf und viele versuchten ihn zu beruhigen. Obwohl ich am liebsten dazwischen gegangen wäre, stieg ich in den Bus. So, wie ich meinen Bruder kannte, würde noch viel mehr zwischen den beiden geschehen. Also rief ich ohne wirklich lange zu überlegen die Polizei. Mit verschiedenen Gefühlen fuhr ich nach Hause. Mein Bein konnte nicht aufhören zu zucken und ich bekam höllische angst. Was würde alles passieren? Warum ging mein Bruder auf Anil los? Sie hatten sich in der Vergangenheit gut verstanden. Unwissenheit und Angst strömte durch meinen Körper, was eine bitterkalte Gänsehaut hervorholte. Obwohl ich wusste, dass es richtig von mir war die Polizei zurufen, hatte ich Schuldgefühle. Immerhin war es mein Bruder, den ich somit verraten hatte. Ich versuchte nicht länger daran zu denken und vertiefte mich in die Musik, die ich mittlerweile durch meine Kopfhörer hörte. Es war ein ruhiges Lief und ich sah nachdenklich aus dem Fenster.

Zuhause angekommen lief ich zu meinen Eltern ins Wohnzimmer. Sie sahen sich eine Sendung an. Aufgebracht rief ich meine Mutter in die Küche. An meinem Gesichtsausdruck verstand sie, dass etwas nicht stimmte und folgte mir sofort in die Küche. "Was ist los?", flüsterte sie, damit mein Vater nichts mitbekam. Ich schmiss mich in ihre Arme und winselte:" Ich habe die Polizei auf Mustafa gesetzt." Sie verstand nicht und fragte nach:" Wie meinst du das?" Noch immer kuschelte ich mich in den Armen meiner Mutter:" Am Hauptbahnhof hat er eine Schlägerei oder so mit Anil gehabt. Ich konnte nichts machen und habe die Polizei gerufen." Sie sah mich mit erhobenen Augenbrauen an und versuchte mir einzureden, dass es das richtige war:" Das musstest du tun. Mustafa hätte sich nicht mit Anil anlegen sollen. Sag mal, wieso hat er das denn gemacht?" Ich sah meine Mutter unwissend an und zuckte meine Schultern. Ich und meine Mutter liefen zurück ins Wohnzimmer und gestanden den Vorfall meinen Vater. Eigentlich wollten wir ihm das ersparen, doch würde er aus unter verschiedenen Umständen von jemand anderem hören, wäre er enttäuscht von uns. Gerade als mein Vater uns seine Sicht der Dinge mitteilen wollte, klingelte es an unserer Haustür. Sofort gingen meine Eltern und ich an die Tür und Mustafa sah uns wütend an. Jedes Mal, wenn mein Bruder wütend war, leuchteten seine blauen Augen gefährlich. Er schubste uns alle und ging an uns vorbei. "Mustafa!", schrie mein Vater. Mein Bruder drehte sich genervt um und sah meinen Vater fragend an. "Was ist hier los?", fragte mein Vater streng. Mein Bruder hatte nur vor einer Person Angst: Vor meinem Vater. "Nichts.", erwiderte er. "Lüg mich nicht an. Ich weiß von der Schlägerei." Wütend sagte er:" Anil hat die Anzeige zurückgezogen. Also alles gut!" "Wieso hast du ihn angegriffen?", fragte mein Vater, der immer wütender wurde. "Wollte die Ehre meiner Schwester retten.", sagte er und sah mich erniedrigend an. Ich sah ihn mit offenem Mund an:" Was? Meine Ehre?" Aggressiv schlug mein Bruder gegen die Wand und meine Mutter zuckte zusammen. "Ruhig!", schrie mein Vater. "Was ist hier los?" Mein Bruder kam gefährlich auf mich zu und ich näherte mich meiner Mutter. "Wie konntest du mit ihm schlafen? Hast du kein Verstand?", fragte mein Bruder mich erniedrigend. Sofort verteidigte ich mich:" Was? Ich habe mit Anil nicht geschlafen!" "Aurela sagt da was ganz anderes!", gab mein Bruder zurück. "Versuch nicht deinen Namen rein zu waschen! Du bist so wiederlch!", fügte er hinzu.

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