Kapitel 46

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Mein Blick war wie eingefroren und ich konnte weder etwas sagen, noch etwas tuen. Mein eigener Bruder, der sich äußerlich kein bisschen verändert hatte, nahm meinen Ellenbogen und zerrte mich aus dem Balkon auf mein Zimmer. Erst in dem Moment realisierte ich, was er gesagt hatte. "Ich bin Anil nicht versprochen!", schrie ich so laut ich konnte.

"Halt die Fresse, du Unanständiges Kind! Wenn du noch einmal mit diesem Jungen redest oder versuchst unserem Familiennamen in den Dreck zu ziehen, werde ich dich umbringen!" Nach diesen Worten konnte ich mir nicht ansatzweise vorstellen, dass die Beziehung zwischen meinem Bruder und mir gut war. Dass er mich wie eine kleine Schwester behandelte und dass er sich wirklich für mich interessierte. Das war einmal. Ab dem Moment war nichts mehr so wie früher.

Ich bekam kein Wort heraus. Anil und mein Bruder sahen mich mächtig an, als könnten Sie über mich bestimmen. "Wir gehen jetzt alle gemeinsam runter und du wirst den Ring in deinen Finger stecken. Ob du es willst, oder nicht!" Ich nickte und unerwartet bahnten sich dutzende Tränen den Weg aus meinen Augen entlang meiner Wangen. "Hör auf zu weinen!", schrie mein Bruder. Aus Angst wurde ich still, nur wenige Tränen flossen sanft über meine Wange. Schnell wusch ich sie mit meinen Fingern Weg.

Mustafas Blick war mehr als wütend, als wir mein Zimmer verließen und uns ins Wohnzimmer begaben. Anils Eltern kamen sofort auf mich zu und die Mutter umarmte mich herzlich. "Dass ich dich meine Schwiegertochter nennen darf, macht mich so glücklich.", erzählte mir die Mutter. Ich lächelte nur, denn ich konnte mich nicht wirklich mit der Situation anfreunden. Niemals würde ich in diesem Moment realisieren können, dass mein Leben gerade dabei war sich komplett zu verändern.

Erst als wir alle zusammen auf der Couch saßen und plötzlich die Ringe ins Spiel kamen, konnte ich meinen Mund öffnen. "Ich will nicht..", kam verwirrt aus meinem Mund und gerade als ich mit Tränen in meinem Augen aufstehen wollte, nahm mich mein Bruder am Handgelenk fest. Er packte so aggressiv zu, dass ich weinend mich versuchte zu wehren, schließlich jedoch zurück auf die Couch gezogen wurde. Mustafaf Blick sprach für sich und ich weinte still für mich weiter, ohne ein Wort zu sagen. Mein Handgelenk schmerze wie verrückt und alle ignorierten mein Gewinsel. "Will jemand schon etwas essen?", hörte ich meine Mutter fragen und alle willigten ein. Sie taten so, als wäre es das normalste, dass ich weinte. Alle standen auf, um sich ins Esszimmer zu begeben. Ich allerdings blieb stehen und war mit meiner Mutter die letzte im Raum. Unauffällig zog ich sie an mich. "Was wird das hier?", fragte ich weinend. Mit einem sanften und ernsten Blick zugleich, sagte sie:" Dilara, du hast mir keine Wahl gelassen. Ich habe dir gesagt, lass die Finger von Batuhan. Er ist wie Feuer und jetzt hast dich verbrannt." Sie gab mir einen Kuss auf die Stirn und folgte den anderen ins Esszimmer. Ich fühlte mich verpflichtet ihr zu folgen. Schlauer wäre es, würde ich versuchen abzuhauen. Denn erst während alle sich unterhielten und aßen bemerkte ich, dass ich einfach kein Teil mehr dieser Familie war. Ich fühlte mich fremd in meiner eigener Familie.

Eine Stunde später wurden die Ringe ausgetauscht. Egal, wie schön und groß mein Ring war, die wahre Bedeutung der Verlobung und des Versprechens war nicht dahinter. Ich liebte Anil nicht und wollte ihn nicht heiraten. Wie konnte sich mein Leben in zwei Stunden nur um 180 Grad verändern?! Es war unmöglich. Eigentlich.

Nachdem der Abend endlich zu Ende war, lief ich ohne ein Wort an meine Familie zu richten auf mein Zimmer. Ich schlug die Tür so hart zu, wie es nur ging. Erst in diesem Moment fing ich an zu realisieren, was an jenem Abend tatsächlich geschah. Ich war nicht mehr Batuhans Freundin. Ich war Anils Verlobte. Ich war an ihm versprochen. Aggressiv Strich ich mir durch mein Haar, Bund mir einen Zopf und betrachtete mich am Spiegel. Ich sah einfach nur kaputt und fertig aus. So fühlte ich mich auch. Es kam wie ein Schlag und ich wurde wütend. Die Dinge auf meinem Tisch warf ich mit voller Kraft auf den Boden. Tränen strömten durch meine Wangen, doch ich brach kein Ton heraus. Oft schlug ich gegen die Wand und hörte erst auf, als meine Faust anfing zu schmerzen. Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand und rutschte sanft diese entlang, als ich schließlich auf dem Boden ankam. Ich weinte und winselte wie eine Verrückte. Meine Beine winkelte ich gegen meinen Körper an und legte meine Hände auf mein Gesicht. Meine Brust schmerzte bei jedem schluchzen. Es fühlte sich einfach gebrochen an. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal einen ganzen Tag lang nicht erniedrigt, verletzt und am Boden war. Ich bekam so große Angst vor meiner Zukunft. Wie sollte sie weitergehen? Ich wusste nicht, ob ich den Schmerz jemals aushalten würde.

Batuhans Sicht:

"WAS HAT DAS ZU BEDEUTEN, JENNY?", schrie ich wütend, als ich ihr in die verheulten Augen sah. "Batuhan, bitte..", winselte sie. Doch ich unterbrach sie sofort:" SAG MIR JETZT EINFACH DIE WAHRHEIT! HAT DIESE FRAU DICH BEZAHLT?" Sie nickte traurig und sah schuldbewusst auf den Boden. Ich lief aggressiv durch mein Zimmer. "Batuhan..", bekam sie leise heraus. "HALTS MAUL, JENNY. WEIßT DU, WIE KRASS DEINE LÜGE MICH ZERSTÖRT HAT?" "Dilaras Mutter hat mir wirklich sehr viel Geld gegeben.. Wenn du willst können wir es teilen?" Ich lachte ironisch los. "Verschwinde, bevor meine Hand gleich ausrutscht." Sie nickte und lief an mir vorbei an meine Zimmertür. "Ich wollte nie das du leidest. Ich habe dich wirklich geliebt und hatte gedacht, dass du mich auch anfängst zu lieben, wenn ich dein Kind in mir trage.." Ich unterbrach sie wütend:" Ich liebe Dilara, nicht dich. Jetzt geh zu dem richtigen Vater dieses Kindes und ruf mich nie wieder an." Sie nickte und verließ endlich mein Zimmer.

Ich war nicht der Vater. Dilaras Mutter hatte Jenny bezahlt, damit sie mich anlog.. Wie konnte diese Frau das nur tun? Und vor allem, wieso?

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