Kapitel 11

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Gegen 18 Uhr fuhr ich nach Hause. Ich war glücklich darüber, zu wissen, dass die Briefe Dilara motivierten. Würde jemand herausfinden, dass ich die Briefe schrieb, wäre mein Ruf sehr gefährdet. Darum hatte ich auch nicht vor, Dilara es zu gestehen. Denn die Briefe sollten sie motivieren, aufbauen und den Tag versüßen. Meine Absicht war es nicht ihr Herz für mich zu gewinnen. Ganz im Gegenteil, sie würde ihre Ansichtsweise nur verändern.

Zuhause angekommen wollte ich sofort auf mein Zimmer, doch mein Vater rief mich ins Wohnzimmer. Augenrollend betrat ich dann diese und sah eine mir durch Bildern bekannte Frau. Sie saß neben meinem Vater auf der Couch und sah mich mit großen Augen an. Zunächst konnte ich sie nicht erkennen. Ich sah meinen Vater fragend an und als die Frau dann lächelte, erkannte ich sie schlagartig. Sie war meine Mutter. Wut bildete sich sofort und ohne ein Wort an jemanden zu richten, rannte ich hoch auf mein Zimmer. Die Tür schloss ich hart zu und verkniff einen Wutausbruch. Ich hasste meine leibliche Mutter mehr als alles anderen. Vor 13 Jahren hatte sie mich verlassen und mit welchen Gründen kam sie wieder? Sie hatte kein Recht, nach Lust und Laune sich für mein Leben zu interessieren. Ich schmiss viele Kleinigkeiten aus meinem Schreibtisch wütend auf den Boden. Nach ungefähr fünf Minuten versuchte ich mich zu beruhigen und lief zu meinem Spiegel. Ich sah mir auf meiner Stirn meine alte Narbe an, welches sie verursacht hatte. Jedem hatte ich erzählt, diese Narbe kam vom Fußballspielen. Doch eigentlich hatte meine Mutter damals ihre Zigarette an meiner Stirn ausgedrückt. Kopfschüttelnd setzte ich mich auf mein Bett und alles, woran ich mich als Kind noch erinnern konnte, floss an mir vorbei. Eine Gänsehaut durchzog meinen ganzen Körper.

Ihr müsst wissen, meine Mutter war damals eine miserable Mutter. So oft hatte sie mit dem Jugendamt zu kämpfen und gab mir die Schuld dafür. Eigentlich gab sie mir für alles die Schuld. Auch für Ihre Alkohol- und Drogenprobleme. Meine Mutter war ein Fall für sich. Allein während ihrer Schwangerschaft hatte sie heimlich, hinter dem Rücken meines Vaters, geraucht und getrunken. Das führte dazu, dass ich als Kind viele Krankheiten bekam. Zum Beispiel hatte ich ein Problem mit meiner Leber, die ich zum Glück nicht mehr hatte. Ich konnte mich an so vieles aus meiner Kindheit gut erinnern. Nicht an meine Freunde, mit denen ich am Spielplatz spielte. Nein, sowas kannte ich nicht. Ich war jeden Tag mit meiner Mutter zuhause und sah ihr dabei zu, wie sie verschiedene Drogenarten zu sich nahm. Meine Mutter war auch eine aggressive Person. Lief etwas aus ihrem Leben mal nicht so, wie sie es gerne hätte, schlug sie mich dafür. Als sei ich dafür Schuld. Das alles tat sie wiederum hinter dem Rücken meines Vaters. Er war immer viel auf Reisen und ich bekam ihn als Kind nicht oft zu Gesicht.
Doch an jenem Tag, als meine Mutter erfuhr, dass ich Windpocken bekam, packte sie ihre Tasche und verließ die Stadt! Einen ganzen Tag verbrach ich mit gerade mal 4 Jahren alleine in unserer damaligen Wohnung. Erst als meine Nachbarn mein Gewinsel nicht mehr hören konnten, brachen sie die Tür auf und nahmen mich, bis mein Vater kam, zu sich auf. Die Jahre daraufhin verbrach ich meist bei einem Psychiater. Durch die ganzen Erlebnisse, die ich mit frühen Jahren durchmachen musste, hatte ich eine andere Verhaltensweise, als die anderen Kinder in meinem damaligen Alter. Ich hatte eine Verhaltensstörung und sprach so gut wie gar nicht. Weder mit Lehrern, noch so richtig mit meinem Vater. Bis ich endlich mit 13 eine Therapie machen musste und mich langsam normalisierte. Meine Mutter war eine kranke Frau, die mich nicht erziehen konnte. Somit ruinierte sie mir meine Kindheit und ich bin zu dem geworden, der ich heute bin. Ohne die Liebe meiner Mutter bin ich aufgewachsen, darum glaubte ich auch nicht wirklich an Liebe. Ich konnte mir nicht im geringsten vorstellen, wie es sei wirklich tief im inneren geliebt zu werden. Und da selbst meine leibliche Mutter mir keine Liebe geschenkt hatte, konnte ich es von sonst auch keinem erwarten. Vielleicht war das der Grund, weshalb ich Spaß daran hatte, mit den Gefühlen von Frauen zu spielen. Ich weiß nicht. Niemand außerhalb meiner Familie kannte diesen Teil meines Lebens.

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