Kapitel 17

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Batuhans Sicht:

Dilara in meinen Armen zu spüren, machte mich so unendlich glücklich. Doch meine Gefühle ihr gegenüber konnte und wollte ich nicht zum Vorschein bringen. Ich wollte, dass man mich als Herzlosen Jungen betrachtete. Minuten später lösten wir uns und ich sah Dilara tief in die Augen. Zwar sah Jenny ihr irgendwie, irgendwo ähnlich, doch Dilaras Schönheit konnte meiner Meinung nach keiner übertreffen. Sie war das schönste Mädchen, dass ich kannte. Ihre hellblauen Augen, die durch ihren tiefschwarzen Haaren besonders zu Vorschein kam, sahen glänzend in meine grünen Augen. Sie lächelte schwach und mein Wille, sie zu küssen stieg immer mehr. "Was ist los?", fragte ich sie ohne Emotionen zu zeigen. "Ich habe sehr viel nachgedacht heute. Über meinen Bruder, über Aurela, meine Familie und Anil.", antwortete sie mir. "Ich liebe Anil so sehr..", sagte sie und in dem Moment brach mein Herz in tausend Teile. Ich spürte einen kurzen Moment nichts als Schmerz und konnte (beziehungsweise wollte) ihr nicht weiter zuhören. Bis sie sagte:" Und ich bin mir nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung war, mich mit ihm wieder zu versöhnen. Wir sind ja jetzt wieder zusammen und ich habe so Angst, dass er mich wieder betrügt. Ich atmete tief durch und wusste nicht, was ich sagen wollte. Mein Verstand funktionierte um 23 Uhr abends nicht mehr einwandfrei. "Ich weiß nicht. Wenn du ihn wirklich liebst und vertrauen kannst und so, war es das richtige.", schoss es unüberlegt aus mir heraus. Sie sah mich nickend an:" Immerhin sind wir seit Jahren zusammen gewesen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, ihn nicht zu lieben.." Nachdem sie diese Worte aussprach, kam Wut in mir hoch. Ich wollte gegen etwas schlagen, doch konnte in Dilaras Gegenwart nicht. Zum Glück sagte sie, sie müsse zurück nach Hause bevor jemand Aufstand und ihre Abwesenheit bemerkt.

Den ganzen Abend konnte ich kaum schlafen. Dilaras Worte verletzten mich sehr. Ich verstand nicht, was sie an Anil lieben konnte. Diese Gedanken ließen mich beinahe die ganze Nacht wach.

Allerdings weckte meine Stiefmutter mich schon um 10 Uhr morgens, ich müsse mit Emir zusammen einkaufen gehen. Ich konnte ihr zunächst keinen Glauben schenken, denn es war Sonntag, doch sie versicherte mir ein Laden in unserer Nähe hätte offen. Also stand ich auf, warf mir etwas rüber und verließ mit Emir zusammen das Haus. Während wir mit dem Bus fuhren, fielen meine Augen ständig zu. Ich war todmüde und wollte am liebsten zurück in mein Bett. Mit Emir in meiner Hand kaufte ich alles ein, was auf der Liste stand.

Nichts ahnend lief ich mit Emir, der auf meinem Rücken schlief, als ich eine weibliche Lache wahrnahm. Ich drehte mich zu der lache und sofort sah ich Aurela mit Anil. Meine Augen erweiterten sich prompt und ich war hellwach. Ich drehte mich noch einmal um und sah, wie sich Anil und Aurela tatsächlich küssten.

Erstaunt. Ich war einfach nur erstaunt. Kopfschüttelnd lief ich weiter und dachte an die Folgen, dieser Aktion. Dilara und Anil waren immerhin wieder ein Paar und sobald sie mal wegsah, schenkte er seine Aufmerksamkeit anderen Mädchen. Das ist einer der vielen Gründe, weshalb ich nicht in eine Beziehung eingehen möchte. Erst wenn man dazu bereit ist, Augen für nur ein einziges Mädchen zu haben, sollte man es in Betracht ziehen eine Beziehung zu führen. Denn nur dann ist man erwachsen genug, um der Bedeutung von Liebe und Beziehung einen Wert zu geben. Anil war meiner Meinung nach zu unreif und hatte Dilara nicht verdient. Doch würde ich Dilara von meinen Entdeckungen berichten, würde sie mir nicht glauben. Sondern mich ganz aus ihrem Leben distanzieren und genau das wollte ich nicht.

Zurück zuhause angekommen, brachte ich Emir auf sein Zimmer und legte die Tüten auf den Küchentresen, als mein Vater mich zu sich ins Wohnzimmer rief. Als ich allerdings diese betrat, verrollte ich meine Augen und würde am liebsten in Luft auflösen. Meine leibliche Mutter saß auf der Couch und sah mich freundlich an. Diese freundlichen Blicke provozierten mich gewaltig. "Was will die hier?", fragte ich meinen Vater mit einer wütenden Stimme. Er sah mich allerdings drohend an:" Wir gehen alle zusammen heute zu der neuen Familie deiner Mutter." "Du wirst meine Stieftochter lieben. Sie ist zwar Deutsch, aber ihr werdet euch bestimmt gut verstehen.", fügte meine Mutter hinzu. Ich sah meinen Vater flehend an. Ungern wollte ich die Familie meiner Mutter kennen lernen. Mein Vater schüttelte sofort seinen Kopf:" Zieh dir etwas frisches an. Ein Anzug oder so und mach dich schicker." Ungewollt lief ich auf mein Zimmer, nahm eine Dusche, zog mir ein Anzug an und föhnte meine Haare. Zwar sah ich gut aus, fühlte mich allerdings nicht dergleichen.

Bevor ich mein Zimmer verließ entschied ich mich dazu Dilara einen Brief zu schreiben. Da ihr anscheinend meine anonymen Briefe gefielen und sie sich von denen stärkte. Ich liebte es, ihr diese Briefe zu schreiben, denn somit konnte ich meine Gefühle herauslassen, ohne das jemand erfährt, dass die Worte von mir stammen. Meine Gefühle zu verdrängen ist auf Dauer anstrengend und irgendwann platzten sie heraus. Den Brief fing ich an zu schreiben, kam aber nicht zum Ende. Also faltete ich den Brief zusammen und legte ihn unter meine Matratze, wo ihn keiner finden konnte.

Obwohl die Strecke von Essen nach Dortmund kurz war, kam es mir die Fahrt wie eine Ewigkeit vor. Ich saß mit meiner Mutter und Emir zusammen hinten. Sie sprach eine Menge und ich sah gelangweilt aus dem Fenster. Bis Emir plötzlich anfing unruhig zu werden und zu weinen. Da meine Stiefmutter vorne saß, musste ich mich um ihn kümmern. Sofort nahm ich ihn aus dem Kindersitz und setzte ihn auf meinen Schoß. Lächelnd spielte ich mit ihm, sodass er aufhörte zu weinen und anfing zu lachen. Meine Mutter sah mich begeistert von der Seite an:" Batuhan, du kannst ja super mit Kindern umgehen!" "Muss ich anscheinend von meinem Vater haben.", murmelte ich. Doch ich wusste, sie hatte jedes einzelne Wort verstanden und sah sofort weg. Mir war es egal, ob ich meine Mutter verletzte, denn schließlich hatte sie mich in eine Lage gebracht, in der ich verhaltensgestört wurde. Keiner konnte von mir Freundlichkeit der Frau gegenüber verlangen, die mich miserabel erzogen und meine Kindheit ruinierte.

Als wir in ihrem neuen Haus ankamen, sprang meine Mutter glücklich aus dem Auto. Sie klingelte an die Tür und ein blonder, großer Mann im Anzug kam heraus. Er war der neue Mann meiner Mutter? Eher sah er aus wie ein Lauch. Ich musste kurz grinsen und lief mit Emir in der Hand in Richtung Tür. Mein Atem stockte und ich musste schlucken, als plötzlich Jenny an der Tür zusehen war.

FragwürdigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt