Kapitel 52

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Die Furcht, die ich in diesem Moment verspürte, könnte ich mit keinem Wort dieser Welt auch nur ansatzweise erklären können. Batuhan lag vor meinen Füßen und sah so aus, als sei er schon längst gestorben und seine Leiche würde hier seit Wochen liegen. Mit zittrigen Händen hielt ich meinen Mund zu, um nicht auszubrechen. Somit hielt ich mich noch unter Kontrolle. Unendliche Tränen flossen meine Wange entlang und die nächsten Minuten vergingen so schnell. Zunächst rief ich einen Krankenwagen, lief verheult zu Cansu und erklärte ihr das Geschehnis. Sie versuchte mich zu beruhigen und gab einem Kellner Bescheid. Nebenbei rief sie meinen Bruder an, um uns abzuholen. Es war schon nach Mitternacht und ich wusste, mein Bruder würde nicht erfreut sein, zu wissen, was geschah. Als ein Krankenwagen kam und ich bezeugen musste, wie Batuhan hieß, wo er wohnte und wie der Sanitäter seine Eltern erreichen konnte. Den ganzen Abend war ich am weinen und zittern.

Bis Mustafa uns abholte. Während der gesamten Autofahrt war ich still. Cansu erklärte meinem Bruder, was geschah. Er nickte nur und sah konzentriert auf die Straße. Ich dachte wirklich, er würde meine Lage verständnisvoll aufnehmen. Da hatte ich mich gewaltig geirrt. Denn sobald wir Cansu nach Hause gefahren hatten und Zuhause ankamen, ging er auf mich los.

Ich war gerade dabei, mich auf mein Bett zu setzten und nachzudenken, als meine Tür hektisch geöffnet wurde. Und als ich in das Gesicht meines Bruder blickte, wusste ich, dass er wütend war. Seine kräftige Hand umschloss mein Handgelenk und griff stark zu. "DU HURE!", schrie er und gab mir einen Schlag ins Gesicht. Ich schrie auf und weinte weiter. Da ich der Meinung war, dass ich mich im Recht befand, versuchte ich mich zu verteidigen:" Was kann ich dafür, wenn ich ihn auf dem Boden auffinde?!" "WAS TRIFFST DU DICH DENN MIT IHM?", brüllte mein Bruder diesmal noch lauter. Ich weinte und weinte und ließ mir gefallen, wie mein Bruder auf mich einprügelte. Ich mein, was hätte ich denn sonst tuen können? Mit meiner alleinigen Kraft könnte ich ihn niemals von mir schubsen. Und auch wenn, das würde ihn noch aggressiver machen. Also weinte ich einfach weiter und Litt diese Schmerzen.

"Geht es dir gut, Dilara? Hat dein Bruder dich wieder geschlagen?", fragte mich Aurela, als wir in der Pause alle gemeinsam an unserem
Stammplatz saßen. Ich nickte und lenkte sofort vom Thema ab. Meine ganzen alten Freunde hatten sich mit mir angefreundet und jeder Tag ähnelte den Tagen, die wir früher verbrachten. Es war einfach nur langweilig mit denen. Ich vermisste die Zeit mit Batuhan so sehr. Doch ich hatte ihn nicht geschätzt. Erst als wir keinen Kontakt mehr hatten, fing ich damit an.

Nach der Schule, lag ich in meinem Zimmer herum und erledigte meine Hausaufgaben zum Teil. Denn eigentlich war ich damit beschäftigt an Batuhan zu denken. Bis ich eine Nachricht von einer Freundin bekam, die behauptete Batuhan im Café seines Vaters gesehen zu haben. Er sei extrem betrunken, obwohl es gerade mal 18 Uhr war. Ich packte meinen ganzen Mut zusammen und Schlich mich aus dem Haus. Mit verschiedenen Gefühlen machte ich mich auf den Weg ins Café. Mein Herz klopfte mir vermutlich in den Hals und ich bekam Atemnot. Immerhin wollte ich Batuhan sehen. Ich wusste, dass es eine dumme Idee war ihn zu suchen, doch seid dem ich ihn bewusstlos auf dem Boden sah, ging er mir einfach nicht aus dem Kopf. Er verbaute sich sein Leben vom Feinsten.

Sobald ich das Café betrat, wurde ich auf Batuhan aufmerksam. Er war gerade dabei einen Kellner anzubrüllen und einen Aufstand zu machen. "Mein Vater wird dich feuern, wenn du mir kein Alkohol mehr verkaufst!", schrie er. Der Kellner schüttelte Dutzende Male seinen Kopf:" Herr Kara, sie trinken seit heute Vormittag. Ich darf ihnen nichts mehr verkaufen!" "So ein Schwachsinn!", brüllte Batuhan diesmal noch aggressiver und wollte auf den Kellner einprügeln. Ich fühlte mich verpflichtet zu helfen, also wollte ich auf Batuhan zu laufen. Doch meine Beine trugen mich nicht mehr und fühlten sich an wie Pudding. Eine Gänsehaut durchquerte meinen Körper und ich fing an zu zittern. Schließlich sprach ich nun das erste Mal mit Batuhan, nach geschlagenen 6 Monaten.

Zunächst traute ich mich nicht, auch nur ein Geräusch von mir zu geben. Ich überlegte wohlmöglich Stundenlang wie ich Batuhan ansprechen könnte. Zu meinem Gunsten bemerkte er mich nicht und schrie nur den Kellner an. Als mehrere starke Männer Batuhan von dem Kellner trennten, nahm ich auch meinen ganzen Mut zusammen und versuchte Batuhan zu beruhigen. "Batuhan! Lass ihn los!", schrie ich etwas sanfter. Schlagartig ließ er den Kellner los und drehte sich zu mir.

"Verpiss dich, Dilara!", sagte er eiskalt. In seinen grünen Augen erkannte ich kaum Lebensfreude. Kaum Gefühle. Er war einfach wie ausgewechselt. "Batuhan..", gab ich von mir während meine Augen immer nasser wurden. "Nimm meinen Namen nie wieder in den Mund.", sagte er diesmal noch kälter. In seinem Blick wurde mir klar, wie kaputt er eigentlich war. "Batuhan, bitte..", sagte ich mit einer gebrochenen Stimme. "Geh!", sagte er und in diesem Moment konnte er mich nicht mehr ansehen. Ich dachte es wäre wie früher, dass er mich noch liebte und mir nicht gleichzeitig in die Augen gucken und mich auffordern zu gehen könnte. Also sagte ich:" Sieh mir in die Augen und sag, dass ich gehen soll. Ich schwöre ich tue es dann." Wie damals. Langsam kam er mir näher und war mittlerweile nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt.

Sein Gesicht befand sich parallel zu meinem und er sah mir tief in die Augen, als er eiskalt sprach:" Dilara, ich hatte nur Augen für dich. Aber jetzt bist du nichts als Abschaum für mich. Also geh und komm nicht mehr auf die Idee, nach mir zu sehen!"

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