Kapitel 45

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"Dilara, konzentrier dich! Du spielst die falschen Noten!", wies mich mein Klavierlehrer das tausendste mal darauf an. Zwei Tage waren schon nach dem fürchterlichen Albtraum vergangen und trotzdem hatte ich nichts anderes im Kopf. Als ich weiter auf meinem Klavier spielte, hatte ich die Hoffnung, dass sich mein Kopf und meine Gedanken sich leeren. Doch danach sah es keineswegs aus.

"Dilara, du musst heute und morgen das Stück des Öfteren üben! Dienstag hast du einen Auftritt und dann muss das sitzen!", ich nickte und mein Klavierlehrer, der meine Hand zum Abschied schüttete verließ auch schon mein Haus. Ich war erleichtert, dass er ging, denn er hatte mich an jenem Tag sehr oft korrigiert und dabei heruntergemacht. Ich habe ihn gehasst.

Als ich mich erschöpft auf die Bank, die sich auf meinem Balkon befand fallen lies, schloss ich meine Augen und versuchte mich zu entspannen. Tief luftholend kam ich meinem Ziel näher. "Dilara?", hörte ich Batuhans Stimme fragen. Sofort öffnete ich meine Augen und sah ihm am Fenster von Emir. Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ich hatte Batuhan nichts über meine Ängste und Albträume erzählt, denn ich wusste nicht, wie er reagieren würde. Wir hatten auch seit dem Abend uns kaum gesehen oder miteinander geredet. "Als du letztens bei mir geschlafen hast, habe ich deinen Geruch am nächsten Morgen immernoch wahr genommen. Du riechst wirklich wie ein Engel." Ich musste lachen:" Wie riechen denn bitte Engel?!" Es war eine rhetorische Frage. "Sie riechen wie du." Ein extrem breites Lächeln befand sich auf meinem Gesicht. Wie konnte ein Mensch nur so zuckersüß sein?

"Ich liebe dich.", sagte ich etwas ernster. Batuhan nickte und sagte sanft:" Bende seni seviyorum." (Ich liebe dich auch)

Während ich mich auf der Couch im Wohnzimmer hingepflanzt hatte, hörte ich, wie sich die Haustür öffnete und kurze Zeit später, fand ich heraus, dass mein Vater nach Hause gekommen war. Überglücklich kam er ins Wohnzimmer und packte einige Akten zusammen. Da mein Vater selten lachte oder lächelte, fragte ich nach, was passiert ist. "Mustafa kommt nach Hause!" Meine Augen erweiterten sich extrem und ein eher gezwungenes Lächeln kam zum Vorschein. "Ich dachte der bleibt noch einige Monate im Gefängnis." "Anils Onkel hat ihn da herausgeholt." Mein Lächeln verschwand auch wieder:" Anils Onkel?" Mein Vater nickte:" Ja. Ich habe sie heute Abend zum Essen eingeladen. Mach dich schön, die Putzfrau wird gleich hier sein, um hier eine schöne Atmosphäre zu erstellen. Ich geh Mustafa abholen." Auf die Anweisung meines Vaters ging ich auf mein Zimmer, um mich frisch machen.

Nachdem ich aus der Dusche kam, hörte ich, dass die Putzfrau schon da war. Unmotiviert setzte ich mich an mein Schminktisch und zog mir einen Eyelinerstrich. Als ich mit einem Auge fertig war, rief mich die Putzfrau runter. Als ich an den Treppen stand und sie fragend ansah, erzählte sie mir, eine junge Dame wäre an der Tür und wolle mit mir sprechen. Verwundert öffnete ich diese und ein mir bekanntes Mädchen stand vor mir, doch ich konnte sie nicht identifizieren. Sie kam mir sehr bekannt vor und als ich auf ihr leichtes Bäuchlein sah, wusste ich, es war Jenny. Mein Herz klopfte mir beinahe in den Hals.

"Bist du Dilara?", fragte sie mich mit einer überheblichen Stimme. Aus Schock bekam ich kein Wort heraus, sondern schüttelte einfach meinen Kopf. Jennys Augen wanderten von meinem Gesicht auf mein Körper. Nachdem sie meinen Körper wohlmöglich studiert hatte, sah sie mir zurück in die Augen. "Habe dich etwas hübscher vorgestellt.", sagte sie und in dem Moment löste sich der Kloß, der mich am sprechen hinderte. "Und trotzdem bin ich hübscher als du.", ein arrogantes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Sie lachte laut los:" Träum nicht. Selbst mit dem Kind deines Freundes in meinem Bauch bin ich viel hübscher als du." Die Worte ließen mich erfrieren und kein einziges Wort kam aus meinem Mund. Jenny war sehr eingebildet, so hatte ich mir sie keineswegs vorgestellt. Bedrohlich kam sie mir näher und als sie schließlich ihre Stirn auf meine drückte, sagte sie:" Batuhan wird mir gehören. Ob du es willst, oder nicht. Ich trage SEIN Kind in mir. Mag sein, dass er dich heute liebt. Aber das wird vergehen, glaub mir. Dafür werde ich sorgen." Ich sah sie wütend an, doch noch immer bekam ich nichts heraus. Als sei mein Mund zugeschnürt.

Jenny machte einen Schritt zurück und sah mich noch bedrohlicher an, als sonst. Mit einem fiesen Lächeln sagte sie schließlich:" Dein Freund liebt es, wenn ich im Bett ihn "Daddy" nenne." In dem Moment brach ich endgültig aus. Wie konnte sie sowas nur zu mir sagen?

"Jenny, du bist von MEINEM Freund schwanger. Er ist MEIN Freund und das wird er auch immer sein! Egal, ob du zehn Kinder von ihm in deinem Bauch trägst. Er wird MEINS sein und das für immer!" Diese Worte platzten aus meine Mund wie Schüsse aus einer Pistole. Jenny entgegnete nur mit einem Lächeln und folgenden Worten:" Der Kampf kann beginnen."

Nach diesen Worten drehte sie sich um und lief mit schnellen Schritten weiter. Mein Herz klopfte ununterbrochen und ich schloss die Tür laut zu. Was denkt Jenny wer sie eigentlich war? Ihre überhebliche und arrogante Art kam so unerwartet. Wie konnte sie keine Schuldgefühle haben, obwohl sie von MEINEM Freund schwanger war?! Kopfschüttelnd lief ich zurück auf mein Zimmer, um mich weiterhin fertig zu machen.

Obwohl schon knapp eine Stunde verging, dass Jenny mich überrumpelte, war ich voller Wut. Mich zurecht gemacht hatte ich. Eine schwarze, enge Hose und ein weißes, ärmelloses Spitzentop zog ich an. Dazu trug ich eine goldene Uhr ganz weiße Huaraches. Meine Haare hatte ich gelockt und meine Schminke etwas dramatischer gestaltet. Mit meinem Resultat war ich zufrieden und schrieb Batuhan, er solle aus dem Fenster sehen. Denn ich lief aufs Balkon und wollte seine Meinung über mein Aussehen sehen, beziehungsweise hören.

Als er das Fenster von Emir öffnete, sah er mich mit erweiterten Augen an. "Boah.", kam einfach aus seinem Mund. Ich lächelte. "Du bist wunderschön. Für wen ist das ganze?"

Gerade als ich antworten wollte, betraten Anil und Mustafa, beide mit einem Anzug mein Balkon. Ich war schockiert und sah sie auch so an. Doch beide wendeten sich Batuhan. "Dilara ist Anil versprochen, Batuhan. Lass uns endlich in Ruhe!", sagte Mustafa wütend.

FragwürdigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt