Kapitel 35

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Am nächsten Morgen weckte mein Wecker Batuhan und mich. Es war kurz vor 7 Uhr und wir zwangen uns aufzustehen. Batuhan ging sofort heimlich ins Badezimmer und ich zog mich in der Zwischenzeit um. Eine helle Jeans, schwarze Chucks und ein T-Shirt. In dem Moment kam Batuhan herein und schüttelte seinen Kopf:" Es ist viel zu kalt für ein T-Shirt." Ich gab ihm sofort Recht und wollte nach einem Pulli suchen. Doch Batuhan nahm einen Pulli von sich aus seiner Tasche und warf es mir an den Kopf. "Zieh das an." Ich musste lachen und befolgte seine Anweisung. Während ich mich etwas zurecht schminkte und meine haare zu einem Dutt Bund, zog sich Batuhan um. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass meine Augen nicht zwischendurch auf seinen Körper gerutscht wären. Mitten auf seiner muskulösen Brust befand sich eine Narbe. Die Narbe sah noch ganz frisch aus. Batuhan merkte, dass ich meine Augen von seinem Körper nicht loslassen konnte und lachte mich aus. Im selben Moment gab er mir seine Hand und zog mich aus dem Stuhl. Er zog mich sofort in seine Arme und sah mir tief in die Augen. Meine Augen wechselten zwischen seinen Augen und seinem Mund. So gerne würde ich ihn küssen. Doch ich konnte nicht. Ich merkte, Batuhan wollte mich auch küssen. Er tat es jedoch auch nicht. "Du bist meins!", sagte er ernst und ich nickte. Plötzlich hörte ich die Schritte meiner Mutter und löste mich von ihm. Er öffnete sofort die Balkontür und versteckte sich dort. Ich sah in den Spiegel und schmierte mir ein Lippenstift auf die Lippen. Meine Mutter sagte nur:" Heute ist Klavier. Und beeil dich, kommst noch zu spät." Sofort verließ sie mein Zimmer und ich lief auf das Balkon, wo ich bemerkte, dass Batuhan dabei war herunterzuklettern. "Was tust du da?", schrie ich flüsternd. "Nimm einfach meinen Schulrucksack. Ich warte an der Haltestelle.", schrie er zurück.

Vor der ersten Stunde liefen Batuhan und ich zusammen in den Jahrgang. Viele Blicke waren auf uns gerichtet. Die Blicke waren vor einigen Wochen sehr nervig, doch an jenem Tag genoss ich sie. Denn mit Batuhan an meiner Seite hatte ich keine Angst mehr. Plötzlich hörten wir Batuhans Freunde ihn rufen. Mit mir zusammen liefen wir zu der Gruppe von Jungs. Diese Jungs waren Batuhans beste Freunde und jeder einzelne hatte einen schlechten Ruf. Da jeder von ihnen, ähnlich wie Batuhan, bekannt dafür war, Mädchen zu verarschen. Ich fand die Jungs bisher alle eingebildet und unsympathisch. Doch an dem Tag waren alle nett zu mir und ich betrachtete sie aus einem anderen Blickwinkel. Vorallem Darko. Batuhan sagte während eines Gespräches:" Wenn ich mal nicht da bin, seit ihr für Dilara verantwortlich. Beschützt sie vor den anderen!" Alle nickten ernst. Ich war überrascht, denn anscheinend hatte Batuhan in der Gruppe das Sagen. Seine Angst um mich füllte mich voller Freude, denn damit bewies er mir, wie viel ich ihm bedeutete.

In der Pause stand ich erneut mit Batuhan und Darko und wir unterhielten uns. "Krass, warst mit Anil 3 Jahre zusammen und jetzt sofort ist er mit Aurela. Dieser Lappen.", sagte Darko. Ein schwaches Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. "Anil ist mir egal.", erwiderte ich. Darko sah mich nickend an:" Wäre auch besser für dich." Mein Blick wich in dem Moment auf den Pausenhof und sofort sah ich Aurela und Anil. Beide saßen auf einer Bank und küssten sich. Der Anblick brach mein Herz. Wie konnte er mich nur so schnell vergessen und ohne eines schlechten Gewissens Aurela küssen? Schließlich war sie auch mal meine beste Freundin. Unzählige Gedanken durchflogen meinen Kopf.

Nach der Schule wartete ich im Jahrgang auf Batuhan, damit wir zusammen nach Hause fahren konnten. Der Jahrgang war leer, da noch alle Unterricht hatten. Mein Lehrer ließ meine Klasse früher heraus und somit stand ich als einzige im Jahrgang. Bis auf einmal Anil als erster aus einem Raum kam. Er lief kalt an mir vorbei, doch ich hielt ihn am Arm fest, damit er stehen blieb. Das tat er auch, doch er sah mich nicht an. "Viel Glück.", kam trotz eines Kloßes aus meinem Mund. Er nickte:" Dir auch." Während er diese Worte aussprach, sah er mich wütend an. "Was meinst du?", fragte ich ihn aufdringlich, da ich ihn nicht verstand. "Du und Batuhan. Viel Glück euch beiden.", erwiderte er mir. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, sondern sah ihn missverstanden an. "Danke.", hörte ich plötzlich Batuhan sagen. Sofort drehte ich mich um und sah ich ihn mit großen Augen an. Es fühlte sich so an, als hätte ich einen Fehler begangen. Batuhan nahm wütend meine Hand und zog mich weg aus Anils Nähe.

Im Bus sprachen Batuhan und ich kein Wort miteinander. Bis er die Stille, kurz bevor wir an unserer Haltestelle ankamen unterbrach:" Steig aus. Ich muss noch zum Krankenhaus zur Nachuntersuchung." Ich nickte und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

Zuhause angekommen, rannte meine Mutter mit einem dicken Grinsen auf mich zu. Ich lächelte sie an:" Was ist los?" "Die haben aus dem Krankenhaus angerufen. Es war nur ein Verdacht. Du bist nicht krank.", sagte die fröhlich. So glücklich hatte ich meine Mutter schon lange nicht mehr gesehen. Ich umarmte sie stark und bekam sogar Tränen, aus Freude. Diese Nachricht baute mich wieder einwenig auf.

Eine Stunde später verließ ich auch wieder das Haus, da ich in die Stadt zum Klavierunterricht fahren musste. Als ich den endlos langen Weg lief, kam es mir so vor, als wäre Batuhan mit einem anderen Mädchen vor mir. Ich lief den beiden sofort heimlich nach und fühlte mich total verarscht. Ich beschäftigte mich die ganze Zeit mit einer Frage: Wer war dieses Mädchen? Doch im nächsten Moment wurde meine Frage beantwortet. Denn Batuhan und das Mädchen betraten eine Frauenarztpraxis. Sie war Batuhans Stiefschwester.

FragwürdigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt