Kapitel 9

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Durch die sanften Sonnenstrahlen, die durch mein Fenster auf mein Gesicht schienen und meine Haut küssten, wurde ich wach. Es war erst 5:30 Uhr. Da ich noch eine Menge Zeit hatte, bis die Schule anfing (aber es zu spät für das wieder einschlafen war) entschied ich mich dazu, zu duschen. Unter der Dusche fühlte es sich kurz so an, als würde ich all meine Sorgen mit runter in den Abfluss spülen.

Nach der Dusche föhnte ich meine Haare und machte mich langsam fertig. Ich wollte mich extra zurecht machen und somit beweisen, dass ich trotz den Beleidigungen mich nicht einschüchtern lasse. Nach langem überlegen entschied ich mich für eine schwarze, gerissene Hose, ein rot-blau kariertes Hemd und darüber einen weißen Pulli. Von meinem Hemd sah man nur noch den umgestülpten Kragen und die Ärmel. Dadrüber warf ich meinem Schwarzen Mantel und zog meine Adidas Flux an. Ich legte ein natürliches Make-up auf und glättete meine Haare. Gegen 7:30 Uhr war ich endlich fertig und mit meinem Resultat mehr als zufrieden. Sobald ich mich in dem, was ich trug wohl fühlte, konnte mir keiner so schnell die Laune vermiesen. Bis zu jenem Tag.

Als ich in der Schule ankam, traute ich mich nicht meine Kopfhörer aus meinen Ohren zu entfernen. Da ich schon an den Blicken der anderen erkannte, dass sie über mich sprachen. Am liebsten würde ich mit einem Lächeln alle Beleidigungen anhören, doch ich konnte es nicht verkraften. Ich hob mein Kopf an und lief aufrecht in mein Klassenzimmer. Es sollte so wirken, als würde mir die Situation nichts zu schaffen machen. Doch es gestaltete sich schwieriger, als anfangs gedacht.

Als ich an meinem Platz ankam, mich hinsetzte und meine Bücher für den Unterrichtsstoff auf mein Tisch legen wollte, sah ich, jemand hatte mit Edding dick "dumme Schlampe" geschrieben. Meine Augen füllten sich mit Dutzenden Tränen, doch ich versuchte die Tränen zu unterdrücken. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Ich wollte nicht weinen, da allein mein Make-up, meine Wimperntusche und mein Eyeliner mir viel Aufwand und Zeit gekostet hatten. Ich wusste nicht, wie ich zu handeln hatte. Jeder erwartete eine Reaktion. Ich musste kurz lachen und verkniff mir die Tränen. Dann tat ich so, als sei es das normalste der Welt und sah auf meine Bücher, die die Beleidigung verdeckten. Im selben Moment kam mein Lehrer in die Klasse und wir sollten sofort einen Test schreiben. Darum bat er uns alle Bücher von dem Tisch zu räumen. Tief durchatmend legte ich meine Bücher unter meinen Tisch. Nun konnte man dick und fest die Aufschrift lesen. Mein Lehrer verteilte die Tests von Tisch zu Tisch, doch als er die Beleidigung auf meinem Tisch las, sah er mich schief an. Er nahm meinen Test wieder mit und verteilte an die hinteren Reihen weiter. Ich sah meinem Lehrer nach. "Dilara, du kommst ganz kurz mit mir raus. Und an die anderen: Ihr dreht die Tests bis wir wieder herein kommen nicht um!", sagte er, als er sich zurück an die Tafel stellte. Mit einer Handbewegung rief er mich zu sich. Unwissend wollte ich mit ihm die Klasse verlassen. Bis ein dreister Schüler in die Klasse schrie:" Achso, Dilara tut es also auch mit den Lehrern. Jetzt wissen wir wenigstens auch, wie sie an gute Noten kommt." Die ganze Klasse fing lauthals an zu lachen, bis mein Lehrer wutentbrannt die gesamte Klasse anschrie:" Schämt euch alle was! Ihr seit alle alt genug, um eigentlich zu wissen, das man manche Gedanken im Kopf lässt! Wo ist eure Menschlichkeit geblieben?" Er wurde rot und knallte laut die Tür zu. Nun standen wir vor der Tür und mein Lehrer versuchte sich zu beruhigen. "Dilara, deine Mutter hat uns angerufen.", sagte er mit geschlossenen Augen. Ich war verwirrt. Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht, dass meine Mutter anrief. "Wie? Was meinte sie?", fragte ich zitternd nach. Er atmete tief durch:" Sie hat uns von deinem gehackten Facebook Profil erzählt. Und das nun viele gemeine Sprüche dir auf den Kopf geworfen werden." Mir war es unendlich peinlich, mit meinem Lehrer darüber zu reden. Ich hatte seit der fünften Klasse mit dem Lehrer zusammen gearbeitet und nun musste er sich mit solchen kindischen Angelegenheiten beschäftigen. "Wir haben einen Antrag an die Polizei gestellt, um deine Facebook Seite zu sperren. Wir bräuchten nur noch deine Erlaubnis." Ich nickte und bekam kein Wort heraus. "Willst du, dass ich mit der Klasse nochmal spreche?", fragte er mich schwach lächelnd. Ich schüttelte meinen Kopf:" Wenn es nur die Klasse wär.. Danke, Herr Kalinowski, aber es wird nicht helfen." "Ziehst du es in Erwägung, die Schule zu wechseln?" Ich grübelte zunächst:" Nein, eigentlich nicht." Mein Lehrer streichelte mich an meinem Arm und lächelte:" Na gut. Du kannst in jeder Pause ins Lehrerzimmer kommen, wenn es dir zu viel wird. Oder wenn jemand handgreiflich wird erst recht!" Ich nickte. "Ich lass dich den Test nicht mitschreiben. Aber das ist nur eine Ausnahme.", sagte er und öffnete die Tür. Die Klasse war sehr laut. Viele waren am lachen, doch als mein Lehrer und ich die Klasse betraten, waren alle still.

Nach der Stunde wollte ich an meinen Spind gehen und meine Bücher für die nächsten Unterrichtsstunde herausholen, als mir etwas bitteres Widerfuhr. Schon als ich an meinen Spind gehen wollte, standen viele davor. Doch als ich dann davor stand, sah ich, dass jemand ein pornografisches Bild mit meinem Gesicht bearbeitet, gedruckt und aufgeklebt hatte. Ich sah mich einschüchternd um und viele waren am lachen. Meine Moral starb in dem Moment.

FragwürdigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt