Kapitel 101. Geschichten mit Papa

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Die Drachen hatten die Baumgrenze bereits passiert, als Stephan zu ihnen kam.
"Hast du mit Yves geredet?", fragte Ora sofort, "Ist er sehr enttäuscht?"
"Er ist dir nicht böse!", sagte der Mann, "Er hat gesagt, ich soll dir das sagen!"
"Siehst du?", fragte Rewe und sah ihre Freundin an, "Ich hab dir gesagt, er verkraftet das!"
Sie strich ihr über die Schulter.
"Dann bin ich froh darüber!", sagte das Mädchen, "Ich will ihn nicht verletzen! Wenn ich ehrlich bin... ich glaube, wenn ich dich nicht getroffen hätte, dann hätte er sogar ganz gute Chancen gehabt!"
Sie legte ihren Kopf auf ihre Schulter.
Der Erwachsene lächelte.
"Ich sehe, du bist glücklich!", sagte er, "Das ist sehr schön!"
Seine Tochter lächelte ebenfalls.
"Ich bin bei meinen Liebsten!", sagte sie, "Warum sollte ich also nicht glücklich sein?"
"Zähle ich da auch dazu?", fragte der Mann.
"Es dauert wahrscheinlich noch ein wenig, bis ich dich lieb haben kann!", sagte der Drache, "Wir kennen uns schließlich noch kaum! Und unsere Beziehung zueinander war schließlich bisher... auch eher freundschaftlich verfeindet!"
"Ich trage die Konsequenzen für mein Tun!", sagte der Erwachsene, "Das musste ich noch nicht oft in meinem Leben! Eigentlich wurde mir immer alles vergeben! Es wurde danach sogar alles besser! Ich meine... ich habe die Mutter meiner Töchter getötet und sie danken mir sogar dafür, dann habe ich eben diese verlassen und mir wurde ein ewiges Leben und Zauberkräfte geschenkt! Es ist zum Haare ausraufen!"
"Beschwerst du dich grade wirklich darüber, dass du ein Glückspilz bist?", fragte die Frau ungläubig, "Sei doch mal zufrieden mit deinem verdammten Leben!"
"Ich weiß, ich bin eine Jammertante!", sagte Stephan.
"Wohl eher ein Jammeronkel!", sagte die Königin scherzhaft.
Sie lachten.
"Was machen wir denn jetzt den Rest des Tages?", fragte der Vogel.
"Wir... entführen Papa zu uns nach hause!", sagte die Drachin, "Dann reden wir heute über verschiedene Dinge und morgen nehmen wir ihn mit ins Schloss!"
"Ich werde aber nicht bei euch über Nacht bleiben!", sagte ihr Vater, "Ich gehe zu mir nach hause!"
"Wo wohnst du eigentlich?", fragte der Papagei, "Ja wohl kaum in dem Haus wo wir uns kennengelernt haben!"
"Ich hab in der Stadt bei einer netten alten Dame ein Zimmer gemietet!", sagte der Mann, "Sie ist blind, deshalb wohne ich bei ihr! Wenn sie meine Augen sehen könnte, würde das wahrscheinlich nicht gehen!"
"Aber als Leselichter sind sie sicher praktisch!", sagte Ora.
"Hmm... joa, geht schon!", sagte der Erwachsene, "Wie gesagt, ich bleibe nicht über Nacht, aber wir können gerne ein bisschen plaudern!"
"Dann gehen wir!", sagte Rewe, "Es wird langsam kühl hier draußen! Aber zuerst..."
Sie sah ihre Freundin an.
"Ich muss dir das Halsband wieder anlegen, sonst hab ich nichts zum dran ziehen!", sagte sie, "Komm her, wenn ich dich nicht am Hals packen soll!"
Das Mädchen lächelte.
Sie schlang ihre Arme um ihren Hals und drückte ihr einen Kuss auf den Mund.
Ihr Vater schmunzelte.
"Ich geh schon mal vor!", summte er und ging weiter.
"Falsche Richtung!", sagte der Drache, "Da geht's lang!"
Die zeigte in den Wald.
"Dann geh ich eben da lang vor!", sagte der Mann.
Die Frau kicherte.
Sie küsste ihre Freundin noch einmal, bevor sie ihm hinterher gingen.

Zuhause angekommen machten sie es sich zusammen mit Shayla an einem Tisch im Vorraum der Höhle gemütlich.
Sie machten sich heißen Tee, richteten einen Teller Kekse zusammen und setzten sich dann hin.
"Also!", sagte die Königin, "Erzähl mal ein bisschen was von dir!"
"Was soll ich denn erzählen?", fragte der Erwachsene.
"Ich würd gern wissen, wo du diese Narbe an der Backe her hast!", sagte der Vogel, "Fang doch mal damit an!"
"Ach, das war ein dummer Unfall!", sagte Stephan, "Ich bin ja nach dem Mord in den Wald geflüchtet und da hab ich mich einfach dumm angestellt! Ich bin in eine Rosenstaude gelaufen!"
Die Drachin musste lachen.
Die anderen taten es ihr nach.
"Und was ist sonst in den letzten 270 Jahren passiert?", fragte der Papagei.
"Nicht viel, eigentlich!", sagte der Mann, "Ich hab mich versteckt gehalten! Nur bei der Beerdigung meiner Frau war ich nochmal da! Es hat mich dabei niemand erkannt! Den Rest meines Lebens bin ich mit einem einfachen Zelt umhergezogen auf der Suche nach einem Weg, zu euch zu kommen! Das hab ich aufgegeben, als ich gehört habe, dass ihr der Ansicht wart, ihr hättet keinen Vater..."
"Oh...", sagte Ora, "Das war sicher schmerzhaft!"
"Schon, aber jetzt weiß ich ja, dass du es weißt!", sagte der Erwachsene, "Ich freue mich schon sehr auf morgen! Glaubst du, deine Schwestern werden sich freuen?"
"Ich glaube, wir dürfen ihnen erstmal einiges erklären!", sagte Rewe.
"Ja, allerdings!", sagte das Mädchen, "Aber sie werden sich sicher sehr freuen, glaub mir!"
"Dann bin ich aber erleichtert!", sagte ihr Vater, "Wie gesagt... ich hab nicht viel zu erzählen! Und ihr so? Wie habt ihr zwei euch eigentlich kennengelernt?"
Die Freundinnen sahen sich kurz gegenseitig an, bevor sie anfingen, zu lachen.
Die anderen sahen sie verwirrt an.
"Was ist daran so lustig?", fragte Shayla.
"Ach wisst ihr, wie wir uns kennengelernt haben, das geht echt nur uns was an!", sagte die Frau lachend.
"Wie ihr meint!", sagte Stephan.

Die Königin der DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt