Bonus: Plötzlich auf Berk (3)

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Ora landete versteckt hinter einer Steinsäule, um einen Überblick zu bekommen.
Als sie einen richtigen Zeitpunkt zu erkennen glaubte, flog sie zu der eng vergitterten Arena und landete vor dem Tor.
Die Berserker standen für einen Moment wie erstarrt da, bevor sie auf sie zu rannten.
Das Mädchen breitete die Flügel aus und flog in die Luft.
Sie wich ein paar Wurfgeschossen aus und flog aber immer wieder eng über den Menschen hinweg, um sie für einen kurzen Moment aus der Fassung zu bringen und sich einen Überblick zu verschaffen.
Sie scannte den gesamten Platz mit den Augen ab, bis sie etwas fand.
Sie flog eng über den Menschen, sodass diese sich auf den Boden warfen, riss den Hebel für den Schließmechanismus des Tors gewaltsam um, wodurch sie ihn abbrach, und flog in letzter Sekunde unter selbigem hindurch in die Arena.
Das Gitter trennte sie nun von den Drachenjägern, welche ihr grimmig hinterher sahen.
Der Drache verschwand im inneren der Höhle.
"Dagur, was machen wir jetzt?", fragte einer der Männer.
"Zum Hintereingang, ihr Idioten!", befahl ihr Anführer.
Die Berserker verschwanden schnell.
Dagur folgte ihnen grinsend.
"Ich kriege dich, du naives kleines Miststück!", murmelte er sich selbst zu.

Die Drachenreiter sahen besorgt hinterher.
"Wir müssen ihr helfen!", sagte Hicks und stand auf, "Gegen so viele kommt auch kein noch so starker Drache an!"
"Nein, bleib hier!", sagte Rewe, "So bringen wir uns nur alle in Schwierigkeiten! Wenn jemand aus dieser Lage entkommen kann, dann Ora! Und nur alleine!"
"Aber sie ist deine Freundin!", sagte der Wikinger, "Machst du dir keine Sorgen um sie?"
"Wenn ich in der Zeit seit unserer ersten Begegnung eines gelernt habe, dann ist es, ihr zu vertrauen!", sagte die Frau, "Es gibt nur ein Material, das ihrer Stärke standhält, und ich bin verdammt sicher, dass das keiner von euch jemals auch nur gesehen hat! Deshalb bewegt sich hier keiner weg, egal wie lang es dauert! Möglicherweise spielt sie eine Weile mit, das ist ihre Taktik, deshalb müssen wir uns gedulden!"
Der Junge setzte sich wieder hin.
"Gut, dann... bleiben wir hier!", sagte er etwas unsicher.

Die Königin ging die kühlen Gänge entlang.
Sie konnte das Knurren von Drachen aus den ganz hintersten Teilen der Höhle hören und ging darauf zu.
Sie sah sich die Zellen genau an.
Die Gitter waren aus einfachem, etwas dickeren Eisen.
Sonst eine Kleinigkeit, aber an diesem Tag für sie schwer knackbar.
"Ora, die Menschen kommen durch den Hintereingang!", hörte sie in ihrem Kopf.
"Ich weiß!", dachte sie, "Aber was soll ich schon tun, ich hab mir selbst eine Falle gestellt!"
Sie schluckte.
"Rewe, ich hasse das Gefühl, schwächer als sonst zu sein!", dachte sie, "Ich dachte immer, es wäre einfacher für mich, aber irgendwie habe ich mich geirrt!"
"Keine Sorge, Schatz, ich bleibe immer bei dir!", hörte sie, "Aber tu mir den Gefallen und hör auf sie! Ich möchte nicht, dass du verletzt wirst! Geh kein Risiko ein!"
"Habe ich nicht vor!", dachte sie.
In diesem Moment hörte sie Schritte.
"Wir sehen uns, wenn ich hier rauskomme!", dachte sie.
Nur eine Sekunde später schlang sich eine Kugelschleuder um ihre Beine und zwei weitere um ihre Flügel und Arme, sodass sie das Gleichgewicht verlor und nach hinten viel.
Sie setzte sich auf und ruckelte an den Fesseln.
Sie knurrte die Menschen an.
Dagur grinste nur.
"Dachtest du wirklich, du könntest MICH austricksen?", fragte er, "So ein süßes kleines... was auch immer du bist, kommt gegen mich NIEMALS an!"
Er lachte.
"Los, bringt sie in die Zelle zu ihrem neuen Freund!", befahl er, "Als Pärchen bringen sie mir sicher Massen an Goldstücken ein, sobald die Drachenauktion wieder steigt! Und bis dahin gehörst du süßes Ding mir!"
Er strich ihr unter das Kinn.
Die Drachin knurrte.
Sie spuckte ihm zielsicher ins Gesicht.
Der Mann schrak zurück und wischte sich die Spucke von der Wange.
Er grinste.
"Ein temperamentvolles Mädchen, ich sehe schon!", sagte er, "Du bist das genaue Gegenstück zu deinem gebrochenen Artgenossen! Aber wie sagt man so schön? Gegensätze ziehen sich an, oder nicht?"
Ora schnaubte.
Sie wusste nicht genau, ob sie nachfragen sollte, was er meinte.
Die Männer nahmen ihr die Fessel an den Beinen ab, bevor sie sie auf dieselben zogen.
"Los, beweg dich!", sagte einer von ihnen.
Das Mädchen erwiederte diesen Befehl mit einem widerwilligen Zischen, doch ging vor ihnen her in den hinteren Teil der Höhle.
Dort fand sie die ein oder andere bekannte Drachenschnauze wieder.
Sie wurde zu der ganz hintersten Zelle gebracht.
Als sie durch das Gitter sah, konnte sie ihren Augen nicht ganz trauen.
"Taran!", dachte sie ungläubig.
Ihr blauschuppiger Artgenosse saß zusammengekauert mit dem wund gepeitschten Rücken zu ihr gedreht am Boden.
An seinem Hals hing eine quälend kurze Kette, die ihn kaum einen Meter von der Wand wegließ.
Er sah zu ihr, doch in seinen Augen war große Furcht zu erkennen, als er die Menschen ansah.
"Er war ein ganz böser Junge!", sagte Dagur, "Wollte einfach nicht akzeptieren, dass ich der neue Chef bin! Bei dir, Kleine, sorgen wir gleich vor!"
Er schob den Drachen in die Zelle und kettete ihre Arme an zwei von der Decke hängende Ketten.
Dann nahm er eine Peitsche in die Hand.
Die Königin schluckte und kniff die Augen zu.
Bei jedem Schlag stieß sie ein lautes Jaulen aus, doch kein einziger hinterließ dank ihrer Schuppen spuren.
Sie stand die zwanzig kurzen Schmerzschübe durch, bevor sie einfach so allein gelassen wurden.
Die Drachin sah sich die Wunden des Mannes aus der Entfernung an.
Sie schluckte.
"Rewe, ich brauche für einen Moment deine Kräfte!", dachte sie.
Im nächsten Moment spürte sie die Kräfte ihrer Frau in ihren Händen.
Sie ließ die Wunden durch ihre Gedankenkraft verschwinden.
Taran ächzte kurz und lächelte dankbar.
"Was ist passiert?", fragte Ora, "Was machst du hier?"
"I... ich... ich wollte euch Milch für den Kleinen bringen, da... da war dieses Licht in eurem Zimmer und plötzlich war ich hier!", sagte der Drache, "Ich wusste nicht wo ich war, ich wusste nicht wo ihr wart! Da waren nur diese Männer, die... du weißt schon!"
Das Mädchen schluckte.
"Du wurdest also mitgezogen!", sagte sie, "Dass wir an so verschiedenen Orten gelandet sind, ist mir unverständlich!"
"Wo zum Teufel sind wir?", fragte der Erwachsene.
"Wir sind in der Welt aus dem Buch, das ich dir für die Kinderbetreuung gegeben habe!", sagte die Königin, "Ich weiß nicht, wie, aber es ist passiert!"
"Kannst du uns hier rausholen?", fragte der Mann.
Die Drachin schluckte.
"Ich fürchte nicht!", sagte sie, "Ich bin noch geschwächt von der Reise hierher! Es sieht wohl so aus, als wäre dieser Zauber meiner Magie entsprungen! Und es muss ein starker gewesen sein, dass es mich so geschwächt hat! Wir werden wohl oder übel warten müssen, bis sich eine bessere Möglichkeit ergibt! Ich könnte die Ketten zerbeißen, aber das würde uns noch mehr Ärger bringen, weil ich uns nicht aus dieser Zelle befreien kann!"
"Und wann wäre so ein besserer Zeitpunkt?", fragte der Drache, "Sie wollen uns verkaufen, uns bleibt nicht besonders viel Zeit!"
"Als was genau wollen sie uns überhaupt verkaufen?", fragte Ora, "Sie wissen nicht, was wir sind!"
"Als Halbdrachenpärchen!", sagte Taran.
"Pärchen?", fragte das Mädchen.
"Natürlich, so bringen wir viel mehr Geld ein!", sagte der Mann, "Sie wissen wohl nicht, dass Drachenweibchen Sturköpfe sind, wenn es um die Partnerwahl geht!"
"Das hab ich überhört!", sagte die Königin, "Ich bin verheiratet, das wäre Ehebruch!"
"So kann man es natürlich auch sehen!", sagte der Erwachsene, "Aber uns als Pärchen zu verkaufen ist nochmal was anderes, als uns dazu zu zwingen, ein Pärchen zu sein! Ich meine... ich und du... das wäre ja verrückt!"
"Tu nicht so, als hättest du mich vor ein paar Jahren nicht auch noch interessant gefunden!", sagte die Drachin.
Der Drache räusperte.
"Ein wenig vielleicht!", sagte er.
Ora kicherte.
"Weißt du, vielleicht hat das hier auch seine guten Seiten!", sagte sie, "Ich meine, wir haben Zeit, einmal ein wenig zu reden!"
Taran lächelte.
"Weißt du, was das tolle an dir ist?", fragte er, "Du siehst immer das Gute in allem! Man sieht dich nicht oft in Situationen, in welchen du wirklich verzweifelt bist!"
"Man sieht mir nur nicht an, wenn ich verzweifelt bin!", sagte das Mädchen.
"Bist du verzweifelt?", fragte der Mann.
Die Königin kicherte.
"Denke nicht!", sagte sie, "Du?"
"Es wäre schon etwas peinlich, wenn ich verzweifelter wäre, als ein junges Mädchen, oder?", fragte der Erwachsene.
"Wer hat hier die Hände oben, du oder ich?", fragte die Drachin.
"Das klang wie ein Flirtversuch!", sagte der Drache.
"Ich bin Königin, ich darf flirten, mit wem ich möchte!", schnurrte Ora, "Und zum Zeitvertreib ist es mir auch egal, dass wir beide verheiratet sind!"
"Bist du ein böses Mädchen, Schatz?", hörte sie in ihrem Kopf.
"Ich wollte nur wissen, ob du das mitkriegst!", dachte sie.
"Natürlich!", dachte Rewe, "Du denkst immer an mich, wenn du über sowas sprichst!"
"Du musst mich aber nichtmehr bestrafen!", dachte das Mädchen.
"Wieso nicht?", fragte die Frau.
"Ich hab schon zwanzig Peitschenschläge hinter mir!", dachte die Königin.
"Das zählt nicht, die spürst du fast nicht!", dachte der Vogel.
"Aber ich bin doch angekettet...", dachte die Drachin.
"Ja, ok, ich lasse mal Gnade vor Recht ergehen!", dachte der Papagei, "Du, dieser Dagur kommt übrigens wieder zu euch!"
"Tatsächlich?", fragte Ora, "Gut zu wissen, danke!"
Taran schmunzelte, als er ihren nachdenklichen Blick sah.
"Schimpft sie?", fragte er.
"Ein bisschen!", sagte das Mädchen, "Sie sagt, der Typ kommt zurück!"

Die Königin der DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt