Kapitel 19. Schwierige Rettungsmission

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Am nächsten Tag wachte Ora wieder auf.
Es war leise.
Nicht mal ein Vogelzwitschern war zu hören.
Als sie langsam zu sich kam, verstand sie wieso.
Es war noch tiefste Nacht.
Das einzige, das draußen sehen war, waren ein paar kleine Glühwürmchen, die nur so herumschwirrten.
In der Höhle jedoch, war alles hell.
Die Tierschützer hatten künstliche Leuchten aufgestellt, die es wie Tag erscheinen ließen.
Ora sah sich um.
An der Decke hing eine Kamera, die jede einzelne Bewegung von ihr aufzeichnete.
Der Drache flog darauf zu und riss sie mit wenig Aufwand herunter.
Sie prüfte, ob noch weitere irgendwo waren.
Als sie sich ganz sicher war, dass es nicht mehr gab, konnte sie die Scheinwerfer mit Feuer abschießen.
Innerhalb weniger Sekunden war alles wieder dunkel.

Da fiel Ora etwas ein.
Sie rannte, so schnell sie konnte, in die Höhle in der ihr Nest lag.
Es war noch alles da.
Die Forscher hatten bloß die Lichter und die Kamera aufgestellt, den Ausgang richtig versperrt und waren dann gegangen.
Der Drache zündete das Feuer wieder an, ging zurück und schlief noch eine Weile.
Sie wachte erst wieder auf, als sie ein seltsames Brummen hörte.
Einige Fahrzeuge der Tierschutzgesellschaft fuhren vor und hatten viele Leute dabei.
Die meisten von ihnen trugen Kameras um den Hals.

Jean stieg ebenfalls aus und sah nach oben.
Sie gab Ora ein Zeichen, dass sie sich verstecken sollte.
Diese tat dies sofort.
Sie hatte keine Lust, von einem Haufen Schaulustigen fotografiert zu werden.

"Folgen sie mir bitte!", sagte Riviere, "Aber seien sie leise! Wir wollen es nicht erschrecken!"
Oben angekommen, war das einzige, das sie sahen, Nichts.
"Scheint, als hätten wir kein Glück!", sagte Jean, "Schade!"
"Keine Sorge, wir haben eine Kamera aufgestellt!", sagte der Mann, "Darauf ist sie bestimmt zu sehen!"

Doch als sie im Büro, in dem die Aufnahmen landeten, angekommen waren, konnten sie nur ein paar Minuten abspielen, bevor Ora die Kamera zerstörte.
"Dieses Biest ist verdammt gerissen!", knirschte Riviere.
Er musste die Leute nach hause schicken und ihnen ihr Geld zurückgeben.

So gegen nachmittag kam er nochmal mit einer neuen Ladung Touristen.
Er hatte eine Schale mit Fisch dabei, da er dachte, Ora hätte noch nichts gegessen und er könnte sie so rauslocken.
Doch die Echse kam nicht.
Sie begnügte sich mit dem, was in ihrer Vorratskammer zu finden war.
Der Mann wurde wütend.
Er schlug gegen das Gitter.
"Komm raus, du Mistvieh!", rief er, ohne zuvor nachzudenken.
Ora spielte mit dem Gedanken, nach oben zu gehen und dem Typen die Meinung zu geigen, doch dann beherrschte sie sich.
Würde sie nach oben gehen, würden die Leute sie fotografieren und das wäre nicht gut.
Da viel ihr plötzlich auf, dass sie in der Spiegelung einer Eisplatte nicht zu sehen war.
"Ich bin wohl doch mehr Vampir, als ich dachte!", dachte sie sich, "Aber das heißt..."

Sie sprang auf und lief nach oben.
Die Leute staunten, als sie die, in ihren Augen riesige, Echse sahen.
Sie zückten sofort die Kameras, doch drückten nicht ab.
Etwas stimmte nicht.
"D... da sieht man ja garnichts!", fiel einem der Zuschauer auf.
"Was?", fragte Riviere empört, "Das gibt's doch nicht!"

Ora lief genau auf den Mann zu, holte sich die Fische, die vor ihm lagen, drehte wieder um und ging.
Sie wollte ihn einmal so richtig provuzieren.
Sie wusste ganz genau, dass er nicht zu ihr hinein konnte.
Der Forscher war kurz davor, die Beherrschung zu verlieren, doch fasste sich noch schnell genug.

Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie ein kleines Mädchen, das noch nichtmal fünf Jahre alt war, durch das Gitter schlüpfte.
Sie war gerade klein genug, um durchzupassen.
"Passt auf das Kind auf!", rief er erschrocken, doch die Kleine war schon außer Reichweite.
Ora, welche gerade dabei war, das frische Fleisch zu genießen, hörte lautes Geschrei von oben und ging nachsehen.
Als sie näher kam, konnte sie deutlich ein menschliches Wesen riechen.
Sie folgte der Spur.
Als sie oben angekommen war, sah sie die Leute fragend an.
Sie schnüffelte noch weiter herum und bemerkte, dass die Spur in den gefährlichsten Raum, der in der ganzen Höhle zu finden war, führte.
Der Drache erschrak.
Dort unten war es nicht sicher für einen Menschen.

Nach einigen Sekunden war lautes Weinen zu hören.
Das Mädchen schrie laut nach seiner Mutter, doch diese konnte nicht hinein.
Ora lief nach unten.
Das Mädchen war direkt in das Nest einer riesigen Schlange, eines Basilisken gelaufen.
Diese hatte sich dort eingenistet und lebte seit einigen Wochen dort.
Ora machte das nichts aus, da sie sie in Ruhe lies.
Die Schlange war jedoch nur wenig erfreut, als das kleine Kind in ihr Reich eindrang.
Ora kam gerade noch schnell genug, um das Kind wegzuziehen, bevor die riesige Natter zuschnappte.
Sie flog eine Runde und wollte danach sofort wieder nach draußen, doch die Schlange verpasste ihr einen heftigen Schlag und schleuderte sie gegen die Wand.
Der Drache konnte verhindern, dass dem Kind etwas passierte.

Die Leute draußen hatten inzwischen das Gitter geöffnet und waren auf dem Weg, um der Kleinen zu helfen.
Als sie das riesige Reptil sahen, blieben sie jedoch sofort stehen.
Riviere sah sich um.
Als er sah, wie Ora mit aller Kraft versuchte, das Kind zu beschützen, war er erstaunt.
Die beiden waren fast am Ausgang angekommen, als die Schlange ein weiteres mal auf sie zu schlug.
Diesmal hatte sie die Echse verfehlt, doch löste über ihr einen Steinschlag aus, der sie schnell unter sich verschüttete.

Das kleine Kind schaffte es zu ihren Eltern.
Ihre Mutter nahm sie sofort in den Arm.
Die Tierschützer waren etwas überfordert.
Sie konnten sehen wie Ora versuchte, sich unter den Felsen hervorzukämpfen, doch dies nicht schaffte.
Den Drachen verließen langsam seine Kräfte.
Kurz bevor sie ohnmächtig wurde, schrie sie noch einmal so laut sie konnte nach Hilfe und hoffte, dass ein anderer Drache sie hörte.
Und sie hatte Glück.
Eine Herde Gleichaltriger war gerade in der Nähe auf Jagd gewesen.
Sie hatten die Königin schon früh kennengelernt und kannten ihre Stimme genau.
Sie kamen sofort zu Hilfe.

Sie brachen in die Höhle ein und trieben die Schlange zurück.
Einer von ihnen räumte schon die Steine zur Seite und holte Ora aus ihrer verzwickten Lage heraus.
Er zog sie zu einer sicheren Stelle und versuchte, ihr zu helfen.
Die Tierschützer reagierten jetzt ebenfalls und halfen mit, den Drachen zu versorgen.

Nach einigen Minuten wachte Ora wieder auf.
Sie lag erneut am Eingang der Höhle, nur war sie diesmal nicht eingesperrt.
Viele Leute standen um sie herum.
Die Eltern des Mädchens, das sie gerettet hatte, waren ihr nicht von der Seite gewichen.
Als die Forscher die in eine Transportbox ziehen wollten, um sie zum Tierarzt zu bringen, wehrte sie sich jedoch.
"Nun zappel doch nicht so!", bat Riviere, "Wir wollen dir helfen!"
"Wartet!", sagte Jean, "Ihr dürft sie nicht wegbringen, sie kriegt ein Kind!"
Die Männer ließen die Seile los und Ora stand auf.
Erst dann merkte sie, dass ihr Flügel stark schmerzte und sie ihn nicht bewegen konnte.
Der Oberarmknochen war gebrochen und der Rest hing schlaff nach unten.

"Dann müssen wir den Arzt wohl herholen!", meinte der Forscher und rief jemanden an.
Dann holte er einen Verbandskasten aus dem Wagen und band den Flügel provisorisch nach oben, dass Ora richtig aufstehen konnte.
"Ich hoffe mal, das hält fürs erste!", sagte er.
Der Drache lief sofort zu ihrem Nest zurück.
Sie musste das Feuer neu entzünden, da es erloschen war.
Dies schadete dem Kind aber nicht.
Als die Forscher nach unten kamen, sahen sie nur, dass die Echse einige Stöcke ins Nest räumte.
An sich nichts ungewöhnliches.
Erst, als sie plötzlich anfing Feuer zu spucken, erschraken sie.
Jean stand mit gekreuzten Armen hinter ihnen und lächelte.

Ora kuschelte sich ins Nest und ruhte sich etwas aus.
Der Verband verbrannte zwar, doch das war ihr egal.
Nach einer halben Stunde kam der Tierarzt vorbei und legte ihr eine Schiene an, welche nicht verbrennen konnte.
Die Tierschützer ließen sie dann alleine.
Jean und ihre beiden Freunde stellten in der Nähe ein Lager auf, damit sie da sein und helfen konnten, sollte Ora etwas wehtun.
Der Drache besuchte die drei hin und wieder, um zu sehen wie es ihnen ging und damit sie die Schiene überprüfen konnten.
Für einige Wochen ging das nun so.

Die Königin der DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt