Kapitel 37. Zurück zum Thema

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Während die Detektivin ihr mittägliches Frühstück genoss, saßen die anderen ebenfalls am Tisch und warteten.
Jade hatte sich zu ihnen gesellt und unterhielt sich mit Anna.
Ora lag noch immer in ihrem Bett und genoss es, dass Lucas ihr den Bauch kraulte.
Sie hatte ihren langen Schweif vorsichtig um seinen Arm geschlungen, damit er bloß nicht damit aufhörte.
"Lässt du mich heute auch nochmal los?", fragte der Mann und kitzelte sie ein bisschen.
Der Drache quiekte laut, als er das tat, was die Aufmerksamkeit der anderen auf sie zog.
"Jetzt ganz bestimmt nicht mehr!", knurrte sie und griff noch fester zu.
"Aua!", sagte der Polizist, "Wie kannst du da so viel Kraft haben?"
"Das kommt vom Fliegen!", erklärte die Echse, "Ohne den Schwanz können wir das Gleichgewicht nicht halten! Und je länger die geflogene Strecke, desto schwieriger wird es irgendwann! Deshalb brauchen wir da viel Kraft!"
"Kann es sein, dass bei euch jedes Körperteil irgendwie einen Sinn hat?", fragte der Beamte.
"Öhh... jaaa...?", meinte die Königin, "Sonst gäbe es sie nicht! Sag mir mal eins, das bei euch sinnlos ist!"
"Na ja... das was bei euch der Schwanz ist, ist bei uns das Steißbein!", sagte der Dètective, "Und das tut einfach nur weh, wenn man drauffällt, einen anderen Nutzen hat das nicht!"
"Tja, hättet ihr den Schweif eben behalten müssen, den ihr von euren Vorfahren bekommen habt!", sagte die Prinzessin.
"Glaubt ihr, wir könnten das steuern?", fragte der Erwachsene.
"Na ja, wenn ihr bei eurem alten Verhalten geblieben wärt, dann hättet ihr ihn möglicherweise noch!", sagte das Mädchen.
"Dann würden wir jetzt aber auch nicht hier stehen und mit euch plaudern, sondern würden irgendwo im Urwald herumtollen!", mischte Leroy sich ein.
"Das wäre vielleicht besser so, weil es den dann noch gäbe!", bemerkte Ora.
Die beiden Menschen waren kurz leise.
Der Satz, den sie gerade gehört hatten, gab ihnen zu denken.
"Du meinst also...", fragte die Frau und drehte den Kopf ein Stück zur Seite.
"Das... das tut mir Leid, das war nicht so gemeint...", sagte der Drache.
"Schon gut...", sagte die Polizistin, "Ich weiß ja, dass du recht hast!"
Eine erdrückende Stille verbreitete sich im Raum.

"Wisst ihr, was komisch ist?", fragte Peyrot nach einiger Zeit.
"Was denn?", fragten die anderen im Chor.
"Vor einer Woche wussten wir noch nichtmal, dass es Drachen gibt, und jetzt sitzen wir mit ihnen zusammen am Frühstückstisch!", sagte der Mann belüstigt.
Die anderen fingen an, zu lachen.
"Tja, so schnell geht's!", sagte seine Verlobte und kicherte.
In diesem Moment klopfte jemand an der Tür.
"Herein?", bat die Königin.
Taran kam durch die Tür und sagte freundlich "Guten Morgen!"
"Na endlich!", sagte der Polizist erfreut, "Das werden mir so langsam zu viele schöne Frauen hier drin!"
Die Drachen kicherten.
Der Beamte spürte die stechenden Blicke seiner Freundin im Rücken.
"Hey, sei doch nicht so streng!", bat er, "Du musst zugeben, dass sie hübsch sind!"
Die Frau sah die drei verwandelten Drachen an und nickte schließlich zustimmend.
"Also, wenn sie für euch als Menschen auch nur annähernd so schön sind, wie für mich als Drachen, müssen sie verdammt schön sein!", sagte der Drache und lächelte.
"Du alter Schmeichler!", sagte Jade und klopfte ihm auf die Schulter.
Die Detektivin ließ sich von ihrem Freund einen Kuss auf die Hand geben und drückte ihm anschließend einen auf den Mund, obwohl die anderen dabei waren.
"Nanu?", fragte sie, "Kein Kommentar?"
"Nein, auf den Lippen ist es was anderes!", sagte Ora, "Da könnt ihr euch küssen, so viel ihr wollt! Das machen die meisten von uns auch! Nur nicht auf die Wange, der Rest ist mir egal!"
"Ach soo... na, wenn das so ist!", sagte die Beamte und küsste ihren Partner erneut.
Sie hielt den Kuss ein wenig länger und ließ dann wieder los.
"Ja ok, reicht auch mal wieder!", sagte Anna, "Da wird man ja ganz neidisch!"
"Neidisch?", fragte ihre Schwester, "Wirklich?"
"Ja, schon!", sagte das Mädchen, "Du nicht?"
"Neee... eher nicht!", sagte die Ältere und klang ein wenig angewiedert.
"Gewöhn dich dran, ich habe nämlich auch vor, mir irgendwann einen Freund zu suchen!", sagte die Prinzessin, "Jemanden von unserer Art! Jemanden, der zu mir passt!"
"Würde ich nicht machen!", sagte die Königin.
"Ja, dir laufen ja auch alle Jungs hinterher, wie die Motten dem Licht!", sagte der weiße Drache, "Du hast es ja nicht nötig, dir einen zu suchen! Die kommen ja, wenn du sie rufst!"
"Nein, es gibt da ein Problem...", sagte Ora.
"So?", fragte Anna, "Welches denn?"
"Wir sind die letzten unserer Art!", sagte ihre große Schwester, "Die anderen wurden schon von Menschen ausgerottet, als wir noch nichtmal geboren waren! Was glaubst du, wieso es in unserer Familie seit drei Generationen nur noch Mädchen gibt? Bräuchten wir einen Partner, um Kinder zu kriegen, wären wir schon längst ausgestorben!"
Ihr stiegen Tränen in die Augen.
"Das... das meinst du doch nicht ernst, oder?", fragte die Jüngere betroffen.
"Doch!", sagte die Königin, "Doch, das meine ich ernst! Geh ruhig raus und frag, ob irgendjemand einen anderen Nachtdrachen gesehen hat! Und ich bin mir verdammt sicher, dass die Antwort nein sein wird!"
Wieder war es still im Raum.
"Aber... aber das schließt doch eine Beziehung nicht aus, oder?", fragte Anna leise, "Es gibt doch viele Drachen, die mit anderen Arten zusammenkommen!"
Ihre Schwester sah sie verwirrt an.
Sie schnaubte leise.
"Weißt du was?", fragte sie, "Es ist mir egal, was du aus deinem Leben machst! Ich will nur, dass du glücklich bist, klar? Und solange du mir nicht irgendwann mit einem Halbwaisen nach hause kommst, kannst du machen, was du willst!"
"Aber... wenn ich von selbst ein Kind bekomme, dann ist es doch auch halbwaise, oder?", fragte die Jüngere.
"Ist es nicht, weil es ja dann keinen Vater hat!", erklärte Ora.
Sie waren kurz leise.

"Themenwechsel?", fragte Jade schließlich.
"Themenwechsel!", erwiederten die anderen im Chor und kamen zu den Gesprächsthemen zurück, mit denen sie zuvor begonnen hatten.
Taran gesellte sich einfach dazu und quatschte irgendwo mit.
"Sagt mal, wann können wir eigentlich zurück auf die Erde?", fragte Lucas nach einiger Zeit, "Wir sind doch eigentlich hierher gekommen, um irgendwas zu holen, oder?"
"Ach herrje!", sagte die Königin erschrocken und sprang auf, "Das hatte ich völlig vergessen!"
"Geht nur!", sagte Ihre Schwester, "Ich hab' ja jetzt jemanden, mit dem ich reden kann!"
"Ihr Drachen seid schon deutlich robuster als Menschen!", sagte der Mann, "Auch geistig! Diese ganzen Entführungsopfer brauchen schon nach zwei Tagen eine Therapie und du warst über 250 Jahre da unten und lachst schon wieder! Da könnten die sich aber schon eine Scheibe abschneiden!"
Das Mädchen kicherte.
"Wie oft werden denn bei euch Leute entführt?", fragte Ora verwundert, "Und vor allem, wieso?"
"Meistens geht es um Geld!", sagte Leroy und verdrehte die Augen.
"Ach ja, ich wollte euch die Schatzkammer zeigen, nicht?", fiel dem Mädchen wieder ein.
Die beiden nickten.
"Na dann kommt mal mit!", sagte der Drache und verließ den Raum.
Die Menschen liefen ihr hinterher.
Sobald sie im Flur angekommen waren, hörten sie ein lautes Raunen aus dem Thronsaal kommen.
"Au weia!", sagte die Echse, "Das war's was ich befürchtet hatte!"
Ihnen kam ein Botschafter entgegen.
"Majestät, das Volk möchte eure Schwester sehen!", sagte er, "Sie bitten euch beide um eine Audienz!"
"Tut mir leid, aber die Prinzessin ist momentan nicht ansprechbar!", sagte Ora, "Sie braucht jetzt absolute Ruhe! Ich verbitte, dass jemand sie stört, sollte sie denjenigen nicht rufen, klar? Ich bin für eine Weile außer Haus, um etwas Wichtiges zu erledigen! Richte ihnen aus, dass ich sie empfangen werde, sobald ich zurück bin!"
"Und die Reisenden?", fragte der Mann, "Sie warten schon seit zwei Tagen! Ihre Schwester hat gesagt, sie empfängt sie, sobald ein Problem gelöst ist, aber bis jetzt ist sie nicht aufgetaucht!"
"Das wird sie auch so schnell nicht mehr...", murmelte das Mädchen, "Das Problem gilt es noch zu lösen!"
"Geh ruhig!", sagte Peyrot, "Wir können warten! Genug Zeit haben wir ja!"
"In Ordnung!", sagte der Drache, "Ich werde jetzt noch mit unseren Freunden reden, aber dann müssen wir wirklich los! Diejenigen, die auf meine Schwester warten wollen, müssen sich leider gedulden!"
"Gut, ich werde ihnen sagen, sie können sich versammeln!", sagte der Botschafter.
"Könnt ihr zwei inzwischen auf Anna aufpassen?", fragte die Echse und zwinkerte den beiden Beamten zu, "Nur, falls sie etwas braucht! Und schließt vorsichtshalber ab!"
Sie gab ihnen den Ersatzschlüssel.
"Ähh... natürlich, klar!", sagte der Polizist und nahm ihn an sich.
"Wollt ihr nicht besser eine Wache zu ihr schicken?", fragte der andere Drache besorgt.
"Nein, die beiden haben mein vollstes Vertrauen!", sagte die Königin und lief an ihm vorbei, "Lass uns gehen!"

Die Dètectives gingen zurück zu den anderen und schlossen die Tür ab.
"Schon wieder zurück?", fragte Anna verwundert.
"Nein, deine Schwester hat eine spontane Besprechung!", sagte Leroy, "Sie hat aber gesagt, du bist nicht ansprechbar, deshalb haben wir zugesperrt, dass keiner rein kann!"
"Ach ja, das Königsein hat nicht nur gute Seiten!", sagte Jade verständnisvoll.
Sie unterhielten sich etwa eine Stunde, bis sie hörten, dass jemand die Türe aufschloss.
Ora lugte durch den Schlitz ins Zimmer und bat die beiden Beamten durch ein Handzeichen zu ihr nach draußen.
Sie warf ihrer Schwester den Schlüssel zu und verschwand wieder.
"Und jetzt?", fragte Lucas, "Wo müssen wir jetzt hin?"
"Zuerst mal durch die Schatzkammer!", sagte der Drache, "Die Waffenkammer liegt direkt dahinter!"

Die Königin der DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt