Kapitel 5. Der Überfall

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Es war Winter.
Die Drachen hatten sich, wie jedes Jahr, in wärmere Gefilde zurückgezogen.
Sie waren die Kälte nicht gewöhnt.
Auch Ora zog über die Wintermonate nach Afrika, obwohl es im Ende immer konstant Hochsommertemperaturen hatte.
Sie hatte bei den Menschen gehört, so etwas nenne man "Urlaub" und wollte es selbst ausprobieren.
Der Drache genoss die freie Zeit in der Wüstenhitze Afrikas.

Maelle kam ganz gut mit der Kälte zurecht.
Sie trug draußen immer einen dicken Mantel.
Es war alles schneeweiß und sie hätte sich gewünscht, Ora könnte das sehen.
Die beiden hatten sich nun schon einige Wochen nicht mehr gesehen.
Auch Ora dachte oft an ihre Menschenfreundin.

"Du denkst schon wieder an sie, richtig?", fragte Ella ihre Schwester.
Ora seufzte.
"Wie halten Menschen diese Temperaturen aus?", fragte sie, "Das ist doch seltsam!"
"Nun, ich habe mal gehört, sie tragen im Winter so etwas das sie "Jacke" nennen", sagte Ella, "sie sagen, es hält die warm"
"Na ja, wenn sie meinen!", sagte Ora.
"Wenn wir uns in Menschen verwandeln, tragen wir ja auch Kleidung!", sagte ihre Schwester.
"Weiß ich, aber die taucht ja wie du weißt von selber auf!", erwiederte Ora, "Keine Ahnung wieso!"
"Ehrlich gesagt, ist es mir egal, hauptsache es ist so!", sagte Ella, "Den Menschen wäre das sonst 'peinlich'!"
"Sag mal, wissen die anderen Drachen von Maelle?", fragte sie.
"Nein, es wäre zu viel für sie!", sagte Ora, "Zu viele von ihnen haben schon unter den Menschen gelitten!"
Sie sah den Drachenjungen an, der neben ihr schlief.
Seine Mutter war an ihren Verletzungen gestorben.
Jetzt kümmerte Ora sich selbst um ihn, bis sie eine neue Familie gefunden hatte.
"Was ist eigentlich aus dem Mann geworden?", fragte ihre Schwester.
"Nun, er kann sich nicht daran erinnern, was dort im Wald passiert ist", sagte der Drache, "Er wird nach hause gegangen sein oder so!"

Doch genauso war es nicht.
Der Mann, der den Namen Daniel trug, hatte vorgesorgt.
In seinem Armband war ein Zettel versteckt gewesen, in dem alles wichtige stand, das er wissen musste um sein Gedächtnis zurück zu erhalten.
Denn er war nicht alleine.
Einige Freunde von ihm warteten bereits auf seine Rückkehr.
"Was hast du herausgefunden?", fragte Elian, einer seiner Kameraden.
"Sie ist viel zäher als wir dachten, wir müssen uns gut vorbereiten!", sagte er, "Hört mir genau zu..."

Maelle versuchte, sich zu konzentrieren.
Mathe war nicht gerade ihr liebstes Fach.
"Wieso muss Schule so langweilig sein?", jammerte sie.
"Frag mich doch nicht!", sagte Adelina, der es nicht besser ging.
"Glaubst du, sie vermisst mich auch?", fragte Mae, während sie an Ora dachte.
"Bestimmt!", sagte Lina.
"Wieso kann der Winter nicht endlich vorbei sein?", fragte ihre Freundin, "Es ist kalt, nass, matschig und ich kann Ora nicht sehen. Ich bin echt froh, dass du kein Drache bist!"
Sie umarmte Lina.
"Ähem!", räusperte ihre Lehrerin, "Seid ihr jetzt fertig mit den Liebeleien? Können wir weiter machen?"
Madame Chevalier war alt und streng.
Sie verstand keinen Humor.
Die beiden Mädchen setzten sich so schnell wie möglich hin und versuchten, nicht zu lachen.
Die Stunde war jetzt ein Fünkchen weniger langweilig als vorher, doch immernoch Mathe.

"Mir klingelt es in den Ohren", sagte Ora.
"Das bedeutet, dass jemand über dich redet!", erklärte Ella, "Das sagen die Menschen zumindest!"
"Weißt du, irgendwie fühle ich mich schlecht, hier in der Sonne zu liegen, während Mae in der Schule sitzt", sagte Ora.
"Du kannst ja selber hin gehen!", sagte ihre Schwester und lachte, doch dann wurde sie wieder ernst: "Ich glaube nicht, dass sie dir das übel nimmt!"
"Wenn du meinst!", sagte Ora.

Die Schule war endlich vorbei, und die Schüler stürmten hinaus.
Doch sie hielten schlagartig an, als sie sahen, wie ihr Bürgermeister auf dem Marktplatz mit einem Mann sprach.
"Das ist doch der Typ aus dem Wald!", fiel Lina auf, "Ist der Geschäftsmann oder so?"
Dann zog dieser eine Pistole und richtete sie auf den Mann vor ihm.
Der Bürgermeister wich zurück und hob die Hände. Die Polizei konnte nichts unternehmen.
Es ging zu schnell.
Der Rest von Daniels Bande kam aus ihrem Versteck und nahm den Polizisten ihre Waffen ab.
Dann ließ Dan die seine sinken und gab sie Elian.
"Wir übernehmen die Stadt!", sagte er und lachte.
Die anderen brachten die Polizisten sowie den Bürgermeister ins Gefängnis, sobald sie die Gefangenen freigelassen hatten.
Es waren viele, da Paris keine kleine Stadt war.
Daniel hatte die Schüler bemerkt und ging zu ihnen. "So sieht man sich wieder", sagte er und grinste.
Noch bevor Maelle Kontakt mit Ora aufbauen konnte, riss er ihr die Kette vom Hals.
"Das nehme ich!", sagte er, "Das gefällt mir!"
"Hey! Gib das zurück!", sagte Mae.
"Wohl kaum!", erwiederte Dan und steckte das Amulett in seine Tasche.

Die Königin der DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt