Die Königin der Drachen

Kapitel 79. Im Zoo

Als Ora am nächsten Tag aufwachte, hörte sie nur das leise Atmen ihrer Freundin neben ihrem Ohr.
Über ihre Augen war ein dunkles Tuch gebunden und sie konnte weder Hände noch Füße bewegen.
Sie seufzte.
"Guten Morgen, Süße!", summte Rewe, "Überraschung, ich bin auch schon wach!"
Sie kicherte.
"Ich hoffe, du hast gut geschlafen!", sagte sie.
"Traumhaft!", sagte das Mädchen mit ironischer Betonung, "Obwohl ich mir im Moment nicht sicher bin, ob ich nicht noch schlafe! Sehen tu ich jedenfalls immernoch das gleiche!"
Ihr fuhr ein kalter Schauer durch den Körper.
"Es ist irgendwie kühl hier, findest du nicht?", fragte sie.
"Nöö, ich trage ja noch was oberhalb meiner Hose!", sagte die Frau.
Der Drache zuckte zusammen.
Sie schluckte.
"Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist!", sagte sie.
Die Erwachsene kicherte.
"Was glaubst du?", fragte sie, "Meine ich es ernst oder nicht?"
"Ich weiß es nicht, sag du es mir!", sagte die Königin.
"Natürlich nicht!", sagte der Vogel und kicherte, "Ich hab nur den Kamin nicht angeheizt!"
Die Drachin atmete erleichtert auf.
"Ich hätt's dir wirklich zugetraut!", sagte sie.
"Oh, das könnten wir ja nachholen!", sagte der Papagei, "Soll ich?"
"Nein danke!", sagte Ora, "Du darfst mir die Augenbinde und die Fesseln ausziehen, sonst garnichts!"
"Och!", sagte Rewe, "Willst du nicht auch mal ein bisschen Spaß haben?"
Das Mädchen biss sich auf die Unterlippe.
"Beim nächsten Mal vielleicht...", sagte sie leise, "Wir wollten doch heute in die Stadt gehen! Je früher wir aufbrechen, desto mehr Zeit haben wir!"
"Mmmhh... also gut, du hast gewonnen!", sagte die Frau, "Es bleibt uns ja noch mehr als genug Zeit, um das nachzuholen!"
Sie ließ den Drachen frei.
Diese ächzte und streckte sich.
"Könntest du mich bitte nicht mehr die ganze Nacht so lassen?", bat sie, "Das ist nicht gut für meinen Rücken, hab ich das Gefühl!"
"Mecker nicht, sondern zieh dich warm an!", sagte die Erwachsene, "Du weißt, dass der Winter kommt!"
"Ja, weiß ich!", sagte die Königin und stand auf.
Sie zog sich ihr Hemd und ihren Mantel an.
Dann holte sie Phoenix und zog sie ebenfalls warm an.
"Dann lasst uns gehen!", sagte der Vogel.
"In welche von den ganzen Städten wollen wir gehen?", fragte die Drachin.
"Ich wollte Caen schon immer mal sehen!", sagte der Papagei, "Da soll es viele alte Gemäuer geben!"
"Gut!", sagte Ora, "Dann gehen wir nach Caen!"
Sie nahm sie beiden an den Händen und sofort waren sie verschwunden.

Im nächsten Moment standen sie an der Stadtgrenze.
"Na dann... genießen wir den Tag!", sagte Rewe.
"Jaaaa!", sagte Phoenix und hopste.
Ihre Mutter lächelte.
"Schauen wir mal, was auf uns zu kommt!", sagte sie.
Sie gingen zusammen in die Stadt.
Da es gerade später Freitagmorgen war, tummelten sich einige Menschen auf dem Markt in der Stadtmitte.
"Was haltet ihr davon, wenn wir uns frisches Gebäck und so kaufen und gut Frühstücken?", fragte das Mädchen.
"Das wäre eine wundervolle Idee!", sagte die Frau.
Das Kind nickte nur.
"Gut!", sagte der Drache, "Ich habe genug Geld dabei, sonst müssten wir noch nach Paris! Hier kann ich ja schlecht mit Goldmünzen in die Bank laufen!"
"Ich glaube nicht, dass das so viel ausmachen würde!", sagte die Erwachsene, "Hier gehen mehr verrückte auf die Bank!"
"Wie meinen?", fragte die Königin verwundert.
"Ich meine die Typen da!", sagte der Vogel, "Was haben die da auf dem Kopf? Überdimensional große Socken mit Löchern?"
Sie zeigte auf das nächste Bankgebäude.
Die Drachin drehte sich um.
Sie schluckte.
"Ich glaub', die wollen die Bank überfallen!", sagte sie, "Und keiner merkt was!"
Sie war kurz davor, ihre Krallen auszufahren, doch beherrschte sich noch schnell genug.
"Die Polizei wird das erledigen!", dachte sie, "Sei jetzt bloß nicht zu auffällig!"
Der Papagei tippte ihr auf die Schulter und riss sie aus den Gedanken.
"Komm, das ist nicht unser Problem!", sagte sie, "Du musst nicht immer allen helfen, wenn es nicht um Leben und Tod geht! Du bringst dich damit nur in Schwierigkeiten!"
"Ja, ich weiß!", sagte Ora angestrengt, "Ausnahmsweise gebe ich dir recht!"
"Na dann komm!", sagte Rewe, "Wir wollten doch Frühstücken!"
Das Mädchen seufzte.
"Ja, du hast ja recht!", sagte sie und lächelte zögerlich.
Also gingen sie auf den Markt, um verschiedene Sachen zu besorgen.