Die Königin der Drachen

Kapitel 68. Die Vision

Am nächsten Tag wachte Ora in Rewe's Höhle auf.
Sie brauchte kurz, um zu realisieren, wo sie genau war.
Sie trug noch immer das Kostüm und die Gürtel hielten ihre Arme fest an dem großen Doppelbett, in dem sie mit ihrer Tochter gelegen hatte.
Diese schlief noch immer friedlich und schnarchte leise.
"Guten Morgen, Sonnenschein!", sagte die Frau, die gerade mit einer großen Frühstücksplatte herein kam, "Na, gut geschlafen?"
"Ich weiß nicht ganz...", sagte das Mädchen, "Ich kann mich an nichts mehr erinnern... nicht mal, dass ich hier geblieben bin!"
"Das wird schon wieder!", sagte die Erwachsene und lächelte, "Iss erst einmal was!"
Sie setzte sich neben sie und stellte das Tablett ab.
"Frühstück ans Bett, sowas krieg ich nicht einmal in meinem Schloss!", sagte der Drache, "Na gut, da kann ich aber auch selber in den Speisessaal gehen!"
"Das ist doch viel zu anstrengend!", sagte der Vogel, "So viel Sport am Morgen möchte ich dir doch nicht zumuten!"
"O ja, diese zwei Meter bis zum Tisch sind ja soo anstrengend!", sagte die Königin mit ironischer Betonung und kicherte.
"Keine Sorge, ich werde schon dafür sorgen, dass du dich nicht überanstrengst!", sagte der Papagei.
Sie nahm einen kleinen Fisch und hielt ihn der Drachin unter die Nase.
"Woher hast du...?", fragte diese, "Du hast jetzt schon gelernt, Fische zu fangen?"
"Na ja, ich hatte Zeit!", sagte Rewe, "Irgendwie ist das aber nichts für mich, ich esse lieber Obst! Also habe ich mehr für dich! Mund auf!"
Sie steckte ihrer Freundin das schleimige Tier in den Mund.
Diese ließ es sich genüsslich schmecken.
Das machten sie ein paar mal, bis alle Fische weg waren.
"Was möchtest du heute machen?", fragte die Frau danach.
"Ich sollte meinen Schwestern sagen, wo ich war!", sagte Ora, "Natürlich nicht die ganze Wahrheit! Und Phoenix wird bestimmt bald Hunger kriegen, also sollte ich..."
"Geh nur!", sagte die Erwachsene und ließ sie frei, "Komm zurück, wann du willst!"
"Ich werde mich beeilen!", sagte das Mädchen und gab ihr einen Kuss auf die Hand.
Dann nahm sie ihr schlafendes Kind sanft in den Arm und verschwand.

Ihre Schwestern waren auch schon wach.
"Wo warst du?", fragte Ella, "Wir haben uns Sorgen gemacht! Wolltest du nicht nur eine Freundin besuchen?"
"Es ist ein bisschen länger gedauert, tut mir leid!", sagte die Älteste, "Ich bin wohl... bei ihr eingeschlafen!"
"Du hast momentan schon irgendwie ein Schlafproblem, oder?", fragte Anna belüstigt, "Hast du schon gegessen?"
"Ja, sie... hat für alles gesorgt!", sagte die Königin, "Ihr werdet mich heute noch einmal entschuldigen müssen, sie hat mich heute abend zum Essen eingeladen und wir... wollen uns noch Outfits aussuchen! Ich wollte nur kurz ein bisschen Zeug für Phoenix holen!"
"Sag' mal... willst du bei dieser Freundin einziehen?", fragte die ältere Prinzessin, "Du bist jetzt schon öfter bei ihr als hier!"
"Wisst ihr... sie war viele Jahre alleine und ich will ihr ein bisschen Gesellschaft leisten!", sagte die schwarze Drachin, "Du weißt ja wie das ist, Anna! Seid bitte nicht böse!"
"Du und dein gutes Herz!", sagte die jüngste und lächelte, "Wenn das so ist, kannst du meinetwegen so lange bei ihr bleiben, wie du willst!"
"Einen besseren Grund gibt es fast nicht!", sagte Ella, "Wir kommen auch alleine ganz gut zurecht!"
"Lass uns zurück ins Ende gehen!", sagte Anna, "Mir wird es schön langsam zu kalt hier!"
"Ja, mir geht es genauso!", sagte die mittlere Schwester, "Du kannst liebend gerne bei deiner Freundin bleiben, wir vertreiben uns schon irgendwie die Zeit!"
"Ähh... ok dann... macht es gut!", sagte die Älteste und erzeugte ein Portal, "Wenn es im Schloss irgendein Problem gibt, braucht ihr es mir nur zu... ähh... denken? Ihr wisst schon, was ich meine!"
"Wiedersehen!", sagten die beiden Prinzessinen und gingen durch das Portal.
Ora nahm die Sachen, die sie für ihr Kind da hatte, und ging zurück zu Rewe.

Diese war etwas verwundert, als sie das Zeug sah.
"Brauchst du bei dir zuhause nichts mehr davon?", fragte sie.
"Meine Schwestern sind zurück ins Ende gegangen und haben gesagt, ich soll zu dir ziehen, weil du ja so einsam bist!", sagte das Mädchen, "Natürlich nur, wenn dir das nichts ausmacht!"
"Wenn es mir nichts ausmacht?", fragte die Frau, "Das ist doch wunderbar! Ich richte dir ein schönes Zimmer her! ... oder möchtest du gerne bei mir schlafen?"
"Ähh... mir egal!", sagte der Drache, "Wie es dir am besten passt!"
"Hättest du lieber ein Bett oder ein Nest?", fragte die Erwachsene.
"Ein nicht zu weiches Bett, wenn's geht!", sagte die Königin.
"Sehr wohl, die Dame!", sagte der Vogel, "Komm mit, dann kannst du dein Zeug schon mal rein bringen!"
Sie ließ eine Tür erscheinen und ging hindurch.
Die Drachin folgte ihr.
Sie kamen in einen langen Gang, der in einige Räume führte.
Sie blieben vor einer Wand stehen.
"Und hier wäre dann dein Zimmer!", sagte der Papagei und zauberte noch eine Tür.
Als sie hindurch gingen, kamen sie in einen riesigen Raum der vollständig mit Lila verziert war.
Darin standen ein großes Bett, ein riesiger Kleiderschrank und ein Schreibtisch sowie ein kleines Kinderbettchen.
"Ich habe versucht, es möglichst wie ein königliches Schlafzimmer aussehen zu lassen!", sagte Rewe, "Ich hoffe, es gefällt dir!"
"Es ist wundervoll!", sagte Ora und lächelte, "Ich hätte es nicht besser machen können!"
"Na dann, bitte sehr!", sagte die Frau und wies mit ihrem Arm in den Raum hinein, "Gehört alles dir!"
"Du kommst schön mit!", sagte das Mädchen.
Sie griff ihre Freundin unter den Knien und den Schultern und hob sie mit Leichtigkeit hoch.
"Interessant!", sagte sie, "Wenn du nicht auf meinen Schultern sitzt, bist du garnicht so schwer!"
Sie trug sie zu ihrem Bett und legte sie sanft hinein.
Die Erwachsene lächelte nur und legte die Hände hinter den Kopf.
"So lässt es sich doch leben!", sagte sie belüstigt und kicherte.
Sie sah dem Drachen zu, wie sie die Sachen auspackte und Phoenix nach dem Essen sanft in den Schlaf wiegte.
"Sie ist eine kleine Schlafmütze!", flüsterte sie und lächelte, "Und du bist einfach die perfekte Mutter!"
"Wir sollten sie ein wenig schlafen lassen!", sagte die Königin leise, "Lass uns in einen anderen Raum gehen!"
"Ist gut!", sagte der Vogel und stand wieder auf.
Dann gingen sie zurück in die Eingangshalle.