Bonus: Plötzlich auf Berk (5)

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Die Drachen flogen ruhig über den Wolken entlang.
Ora und Rewe behandelten eine leichte Entzündung am Flügel des Taifumerangs mit speziellen Salben, während Taran ihn weiter mit sich trug.
"Ihr habt eure eigene Medizin?", fragte Hicks.
"Klar!", sagte das Mädchen, "Die Drachen bei uns sind anders als eure! Und... wahrscheinlich auch besser entwickelt als eure! Nichts für ungut!"
"Wie könnten wir das abstreiten, wenn ihr sprechen, zaubern und Medizin mischen könnt?", fragte der Junge.
"Gute Frage!", sagte die Frau.
Sie ließ sich zeitgleich mit dem Drachen fallen und verwandelte sich zurück.
Sie segelten hinter ihrem Artgenossen hinterher.
Doch plötzlich blieb die Königin schlagartig stehen.
Die Drachen hinter ihnen konnten gerade noch bremsen.
"Was sollte das denn?", fragte Rotzbacke, welcher mit Hakenzahn beinahe gegen sie geflogen wäre.
Die Drachin knurrte und sah ihn mit zu Schlitzen gezogenen Pupillen an.
Der Junge war sofort leise.
Ora sah auf das Meer nach unten und horchte.
"Was hast du?", fragte Hicks.
Das Mädchen antwortete nicht, sondern drehte nach rechts und sauste los.
Ihre Ehefrau folgte ihr sofort.
Auch Ohnezahn forderte seinen Reiter auf, mit ihm hinterher zu fliegen.
Kurz darauf flogen alle zusammen in die gleiche Richtung.
Die Königin ließ ihren Blick aus der Wolkendecke über den Ozean schweifen.
Nach einer Weile sah sie ein kleines Boot unter ihnen.
Sie blieb in Deckung darüber stehen.
Eine kleine Familie saß darin, doch etwas schien nicht zu stimmen.
Sie schwenkten eine große rote Fahne und riefen laut um Hilfe.
"Das hast du gehört?", fragte Fischbein ungläubig.
"Wir müssen ihnen helfen!", sagte Hicks, "Wer weiß, was da passiert ist!"
"Ich gehe mir das ansehen!", sagte die Drachin.
"Du allein?", fragte Astrid.
"Ein Drache allein ist wohl noch besser als sieben kleine, ein riesiger und fünf davon mit Reitern!", sagte Ora, "Ich bin die Kleinste von uns, ich kann auf dem Boot landen! Ich überzeuge sie davon, dass wir keine Monster sind, dann komme ich wieder!"
Sie flog einige Meter weiter, bevor sie aus den Wolken heraus und nach unten segelte.
Sie drehte eine Runde um das Boot, um sicherzugehen, dass diese Menschen keine Gefahr darstellten, bevor sie sanft auf einer Seite des Boots landete.
Die drei Menschen rannten erschrocken auf die andere und klammerten sich aneinander.
Das Mädchen schnupperte an dem Holz und versuchte herauszufinden, was passiert war.
Das Boot hatte keine Ruderdollen und auch keinen Mast, der abgebrochen sein konnte.
Es gab auch keine Vorräte, von Waffen ganz zu schweigen.
Diese Menschen waren völlig mittellos und trieben einsam auf dem Meer.
Der Drache gurrte fragend und legte den Kopf schief.
Sie ging auf die drei zu.
Sie sahen etwas ausgehungert aus und drückten sich ängstlich aneinander.
Die Königin dachte nach.
Kurz darauf sprang sie einfach ins Wasser und kam kaum eine Minute später mit einem Fisch im Maul zurück.
Sie kochte ihn mit einem Feuerstrahl und warf ihn den Menschen hin.
Diese sahen sie nur ungläubig an und blieben sie erstarrt sitzen.
Die Drachin gurrte beruhigend und schob den Fisch näher zu ihnen.
Sie setzte sich in etwas Entfernung hin und sah sie mit großen Augen an.
Der augenscheinliche Familienvater löste sich vorsichtig aus der Starre und griff nach dem schuppigen Tier.
Er nahm es in die Hand.
"Hier, iss!", sagte er leise und gab es seiner kleinen Tochter.
Diese nahm es vorsichtig an sich und aß.
Ora setzte ein sanftes, leicht seltsam aussehendes Lächeln auf.
Der Mann sah ihr ungläubig in die Augen.
Er rückte vorsichtig etwas näher zu ihr.
Das Mädchen kam ihm entgegen und schnupperte sanft an ihm.
Sie gurrte.
Der Fremde streckte vorsichtig seine Hand nach ihr aus.
Der Drache kam näher, bis er sie am Hals berührte.
Der Erwachsene zog sich kurz erschrocken zurück, doch fasste sich wieder und streichelte sie sanft.
"Unglaublich!", flüsterte er, "Sie ist ganz zahm! Möglicherweise kann sie uns helfen, hier weg zu kommen!"
Seine Frau schluckte.
"Was hast du vor?", fragte sie, "Wir haben nichts, womit sie das Boot ziehen könnte! Außerdem ist... sie ein Drache! Und scheinbar auch nicht so ungefährlich wie sie sich benimmt! Hast du dir mal ihre Flügel angesehen?"
"Das ist wahr, ja!", sagte der Mann nachdenklich.
Die Königin gurrte gespielt fragend.
Sie stolzierte an das Ende des Bootes und machte sich zum Abflug bereit.
"Nicht, warte!", rief der Wikinger.
Er sprang auf und packte sie an ihrem Rückenkamm.
Die Drachin flog in die Luft und warf ihn mit etwas Schwung auf ihren Rücken.
Sie drehte eine Runde und landete wieder.
Dem Menschen ging ein Licht auf.
"Wir könnten mit ihr fliegen!", sagte er, "Irgendwann bringt sie uns sicher an Land!"
"Das ist viel zu gefährlich!", sagte die Frau, "Was wenn einer von uns runter fällt? Und vor allem kann sie uns mit ihrer Größe sicher nicht alle tragen!"
Ora schnaubte.
Sie packte sie am Ärmel und zog sie auf die Beine.
Dann stellte sie sich auffordernd mit leicht gesenktem Kopf neben sie.
Die Wikingerin schluckte.
"A... also gut!", sagte sie.
Sie stieg vorsichtig mit auf ihren Rücken.
"Komm, Lara!", sagte sie.
Ihre Tochter kletterte ihr in die Arme.
Kaum saß sie richtig, hob der Drache vorsichtig ab und flog nach oben.
Die kleine Familie konnte ihren Augen nicht trauen, als sie den riesigen blauen Drachen sahen.
"Gut gemacht, Ora!", sagte Rewe, welche in Menschengestalt auf Tarans Rücken stand, "Das ist mein Mädchen! Kommt rüber ihr drei!"
Die Königin landete kurz neben ihr, um die Menschen abzusetzen.
"Wo sind die anderen?", fragte sie in Gedanken.
"Sie sind schon voraus geflogen!", dachte die Frau.
Sie wartete, bis die drei saßen, bevor sie weiter flogen.
"Wer bist du?", fragte der Mann.
"Ich bin Rewe!", sagte der Vogel. "Drachenreiterin, wie ihr sicher schon gemerkt habt! Und das sind Ora und Taran!"
Der große Drache schnaubte zur Begrüßung.
"Kommt, ich bringe euch in mein Dorf, dort könnt ihr euch ausruhen!", sagte der Papagei.
Sie sah zu dem Boot nach unten.
"Ora, vernichten!", befahl sie.
Ora sauste sofort nach unten und durchbrach das hölzerne Gefährt direkt in der Mitte, bevor sie im Wasser darunter landete.
Kurz darauf flog sie wieder nach oben.
"Gut!", sagte Rewe, "Dann auf nach Berk!"
Das Mädchen gurrte.
Sie drehte sich auf den Rücken und flog Kopfüber neben ihnen her.
Die Frau runzelte die Stirn.
"Weißt du, das fasziniert mich immer wieder!", sagte sie, "Dabei weiß ich, dass du das kannst!"
Der Drache kicherte.
"Wir sehen uns zuhause, alte Schleimerin!", sagte sie und sauste davon.
Die Menschen sahen ihr ungläubig hinterher.
"Hat sie gerade... gesprochen?", fragte der Mann.
"Hat sie!", sagte Taran.
"Drachen sind faszinierende Wesen!", sagte der Vogel, "Manche mehr, manche weniger!"
"Du bist doch selber einer!", sagte der Wasserdrache.
"Seit wann plauderst du so viel?", fragte der Papagei.
"Seit wann plauderst du so wenig?", fragte der Drache.
"Gutes Argument!", sagte Rewe.
"Jetzt runter von meinem Rücken, du hast selber Flügel!", sagte der Erwachsene, "Ich hab heute schon genug getragen!"
"Charmant, wie immer!", sagte der Vogel.
Sie verwandelte sich zurück und flog voraus.
Die Menschen wussten nicht genau, was sie sagen sollten.
"Seid... ihr auf eurer Insel alle... Drachen?", fragte der Mann.
"Nur die, die auch so aussehen!", sagte der Papagei, "Wir drei sind... Einzelfälle! Wir kommen von weit her, deshalb gibt es hier keine anderen von uns! Wir werden sicher auch bald verschwinden!"
"Eine Auszeit kann jeder mal brauchen!", sagte der Wasserdrache.
"Jup, aber zurück nach hause will man dann doch irgendwann!", sagte Rewe.
"Du hast doch eh deine ganze Familie dabei!", sagte der Erwachsene, "Wenn du nach hause willst, dann flieg doch einfach zu ihnen! Ich bring die drei auch allein auf die Insel!"
"Verfliegst du dich auch nicht?", fragte die Frau neckisch.
"Verschwinde schon!", knurrte Taran.
"Wir sehen uns, Kleiner!", schnurrte der Vogel, "Bis dann!"
Sie schoss so schnell sie konnte vorwärts und verschwand in den Wolken.

Die Königin der DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt