Kapitel 73. Königliche Geburtstagsfeier

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Am nächsten Tag wachte Ora erst spät wieder auf.
Rewe schlief trotzdem noch immer friedlich und zur Hälfte auf ihr.
Ihr Kopf lag auf dem Arm des Mädchens, den sie um sie gelegt hatte.
Diese musste schmunzeln.
Sie sah sich um.
Der Rosenstrauch, den sie neben dem Bett in eine Vase gestellt hatte, strömte einen sanften Duft aus.
Das Wasser in dem Gefäß hielt sie am Leben, doch zögerte ihr Sterben nur noch ein paar Tage länger heraus.
Doch darüber machte der Drache sich im Moment keine Gedanken.
Sie lauschte der Stille und schloss zufrieden die Augen.
Als sie sich ein wenig konzentrierte, konnte sie vom Nebenraum das leise Schnarchen ihrer Tochter hören.
Sie war wohl als einzige schon wach.
Der Geruch von verbranntem Wachs lag in der Luft.
Die Kerzen waren alle komplett abgebrannt.
Auch das Feuer im Kamin war schon vor einiger Zeit erloschen.
Die Königin richtete mit einem Zauber einige Holzscheite hinein und zündete sie an, ohne aufzustehen.
Das Knistern der Flammen erinnerte sie an die schönen Abende in ihrem Schloss.
Dort war sie als kleines Mädchen immer mit ihrer Mutter vor dem Feuer gesessen und diese hatte ihr Geschichten von ihren königlichen Aufgaben erzählt.
Doch das war schon lange vorbei.
Jetzt war sie selbst Mutter und Königin.
Sie seufzte.
Nun war der Tag, an dem ihre Tochter offiziell schlüpfen sollte.
Sie wusste ganz genau, dass ihr Volk die Kleine sehen wollte, und jeder wusste, dass sie an diesem Tag auf die Welt kommen sollte.
Bisher hatte noch kein Königskind seinen Gebutstag verfehlt.
Das war es, was der Drachin Sorgen bereitete.
Ihr Kind war nun, an seinem vorgesehenen Geburtstag, schon eine ganze Woche alt und hatte ihre Fähigkeiten bereits erhalten.
Wie sollte sie das den anderen erklären, wenn sie es selbst nicht verstand?
Sie hatte momentan viel zu viele Geheimnisse vor ihrem ganzen Königreich.
Und sie wusste, dass das nicht gut war.
Doch wenn sie es allen verraten würde, konnte es ihr gesamtes Leben zerstören.
Und auch das, jener Leute, die sie liebte.
Sie wollte das Risiko nicht eingehen.
Sie sah ihre gefiederte Freundin an.
Diese schien völlig friedlich und hatte ein kleines Lächeln auf dem Gesicht.
"Muss ja schön sein, was du gerade träumst!", dachte Ora sich, "Ich wünschte, ich könnte es auch, etwas träumen!"
Sie lächelte zögerlich.
Obwohl in diesem Moment alles perfekt schien, fühlte sie sich nicht richtig wohl.
Da war noch immer etwas, das sie bedrückte.
Und sie wurde es einfach nicht los.
Ihre Schuldgefühle gegenüber ihrer Schwestern und ihrem Volk lösten weiterhin ein schlechtes Gefühl aus.
Und egal, wie sehr sie sich wünschte, ihnen die Wahrheit zu sagen, es hörte nicht auf.
Und das nur, weil sie innerlich wusste, dass sie es nicht verraten konnte.

Sie lag einige Minuten nur da und starrte die Decke an.
Als ihre Freundin schließlich aufwachte, wurde sie von Erleichterung erfüllt.
Das Mädchen sah der Frau direkt in die kastanienbraunen Augen.
Diese lächelte.
"Ich glaube, ich träume noch!", sagte sie, "Ich sehe einen Engel!"
Der Drache kicherte und wurde rot.
Die Erwachsene tat es ihr kurz darauf nach.
"Wie lange bist du schon wach?", fragte sie leise.
"Höchstens zehn Minuten!", flüsterte die Königin.
"Und du bist nicht aufgestanden?", fragte der Vogel verwundert.
"Und hätte dir dein Kissen weggenommen?", fügte die Drachin hinzu, "Nein!"
Erst jetzt fiel dem Papagei auf, dass sie auf ihren Arm lag.
"Oh!", sagte sie nur und hob ihren Kopf.
Ora zog ihre missbrauchte Gliedmaße heraus.
"Danke!", sagte sie, "Lange hätte ich das nicht mehr ausgehalten!"
Ihr Arm fühlte sich taub an und kribbelte stark.
"Wir haben jetzt also die ganze Nacht zu zweit in einem Bett geschlafen?", fragte Rewe, "So viel zum Thema langsam angehen!"
Sie kicherte.
Das Mädchen tat es ihr gleich.
"Soll ich uns etwas zu essen holen?", fragte sie, "Hast du einen Wunsch?"
"Ich habe wahnsinnige Lust auf frische Beeren, aber daraus wird um diese Zeit wohl nichts!", sagte die Frau niedergeschlagen.
"Ich kann uns welche besorgen!", sagte der Drache, "Frisch vom Strauch!"
"Im Ernst?", fragte die Erwachsene, "Und woher willst du die kriegen?"
"Ich habe vor einiger Zeit ein kleines, geheimes Feld bei mir zuhause angebaut!", erklärte die Königin, "Im Ende herrscht das perfekte Klima dafür, auch wenn es nicht so aussieht! Die Früchte wachsen sogar ohne Sonnenlicht! Und Wasser bekommen sie von den vielen Stürmen auch genug ab!"
"Wofür brauchst du Beeren?", fragte der Vogel.
"Na ja... ursprünglich habe ich nur Chorusfrüchte angebaut, aber als ich gemerkt habe, dass auch andere Früchte sehr gut wachsen, habe ich mir ein kleines Feld angelegt!", sagte die Drachin, "Davon weiß eigentlich keiner etwas, weil eben niemand außer mir etwas mit Chorusfrüchten anfangen kann!"
"Und was sind Chorusfrüchte?", fragte der Papagei.
"Das sind große lila Beeren, die nur im Ende wachsen!", sagte Ora, "Daraus stellt man Purpur her! Das ist eine Art Marmor, das die Endermen zum Bauen ihrer Häuser benutzen! Inzwischen braucht sie fast niemand mehr, aber sie schmecken wirklich gut! Und wenn man sie isst, wird man an einen zufälligen Ort innerhalb von acht Metern Umkreis teleportiert! Das kitzelt immer so schön, das musst du unbedingt mal probieren!"
"Ist das nicht gefährlich, wenn man einfach teleportiert wird?", fragte Rewe, "Was, wenn man über einem Abgrund landet?"
"Das kann nicht passieren, weil man immer auf festen Boden teleportiert sind!", sagte das Mädchen, "Es ist völlig sicher!"
"Na gut!", sagte die Frau, "Dann bring eine mit, wenn du willst!"
"Gern!", sagte der Drache, "Ich bin in ein paar Minuten wieder da! Wenn Phoenix fragt, dann sag ihr, ich komme gleich wieder!"
Sie gab ihr einen Kuss auf die Wange, bevor sie verschwand.

Die Königin der DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt