Kapitel 27

1.8K 102 133
                                    

Antonja

Jeder hatte seine Aufgabe. Jeder hatte seine Aufgabe, die er erfüllen musste, damit niemand von uns zerbrach. 

Oder zumindest die Männer hatten ihre Aufgaben. 

Vito brüllte entweder dem Krankenhauspersonal, Befehle zu. Oder brüllte am Telefon die Polizei an. Oder brüllte am Telefon irgendjemand Anderes an. Generell brüllte er sehr viel...

Camillo übernahm, wie immer, den fürsorglichen Part. Er saß neben mir, während wir in diesem langen Krankenhausflur warteten. Er wich mir nicht von der Seite und sprach immer wieder aufmunternde Worte. 

Giulio hingegen versuchte mit seiner üblichen witzigen Art die Stimmung aufzulockern. "Er sieht nicht nur aus, wie ein Wikinger. Er hat auch den Überlebenswillen, eines Wikingers. Wenn Einer von uns ins Gras beißt, dann ist es sicher nicht Tizo." Doch darüber konnte ich nur schwach lächeln. Viel mehr war es gezwungen, weil ich Giulio wissen lassen wollte, dass seine Bemühungen geschätzt wurden. 

Alle hatten eine Aufgabe.

Nur ich nicht... 

Tizo war IHR Bruder. Aber ICH war Diejenige, die kurz vorm Zusammenbrechen stand. 

Stunden waren bereits vergangen und wir hatten noch keine einzige Information zu Tizo's Gesundheitszustand erhalten. 

Wir wussten nicht, ob er noch lebte oder... oder tot war. 

Und diese Ungewissheit machte mich fertig. Noch dazu, weil ich bei einem Gespräch zwischen den Brüdern etwas Schlimmes hörte. Sie dachten, dass ich schlief, dabei kam im Moment Schlaf für mich überhaupt nicht in Frage.

Vito glaubte, dass es Jemand auf mich abgesehen hatte. Dass ich das eigentliche Ziel gewesen war. Und so wie die Brüder miteinander sprachen, war ich felsenfest davon überzeugt, dass sie auch eine Vermutung hatten, wer der Brandstifter sein könnte. 

Leider äußerten sie diese Vermutung aber nicht laut. Ansonsten wäre ich schon längst auf dem Weg zu dem Arschloch, welches meine Hunde umbringen wollte und zusätzlich Tizo. 

Welcher Mensch tat so etwas??

Und warum ausgerechnet ich? Ich war doch nur eine ganz normale Frau, welche keine wirklichen Feinde hatte. Natürlich gab es ein paar Exfreunde, die nicht ganz so gut auf mich zu sprechen waren, aber das war nicht der Rede wert.

Diese Fragen, die ins Ungewisse führten, bereiteten mir Kopfzerbrechen. Nervös tippte ich mit den Füßen auf den Boden und erzeugte damit einen nervigen Hall im gesamten Krankenhausflur. 

Meine Zappelei wurde von einer schlanken, brünetten Ärztin unterbrochen, die mit entschlossenen Schritten auf uns zukam.

«Mr. Guerra?»

Guerra? Mir fiel auf, dass ich den Nachnamen der Männer zum ersten Mal hörte. Und gleichzeitig war es nicht das erste Mal, weil der Portier im Hotel damals, Vito mit dem selben Namen vorstellte. 

Ich hätte nur nicht gedacht, dass er und seine Brüder wirklich so hießen...

Vito stieß sich sofort von der Wand ab und stand mit nur wenigen, langen Schritten neben der Ärztin. Camillo und Giulio standen ebenfalls auf und innerhalb einer Sekunde war die Frau von drei sehr großen, ernst aussehenden Männern umzingelt. 

«Ähm... Wer von Ihnen ist Mr. Guerra?»

«Wir Alle!» Stellte Camillo klar. Doch dann fiel der Blick der Ärztin auf mich. Wahrscheinlich dürfte ich gar nicht hören, was sie über Tizo's Gesundheitszustand zu sagen hatte. Schließlich gehörte ich nicht zur Familie.

Owned by them. (Mafia)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt